Doppelreferendum gegen Schwächung des Mietrechts
Jetzt endlich die Immobilienlobby stoppen!
Mietzinsexplosion, Wohnungsnot, Kündigungsflut: Als ob die Lage nicht schon schlimm genug wäre, hat nun das Parlament auf Drängen der Immobilienlobby tatsächlich noch eine drastische Verschlechterung des Mietrechts beschlossen. Das dürfen auch die Gewerkschaften keineswegs hinnehmen. Die Immobilienlobby muss an der Urne gestoppt werden.
Das Mietrecht ist im Grundsatz nicht schlecht. Gemäss Gesetz dürfen Vermieter:innen mit den Mieteinnahmen lediglich die Kosten decken und eine beschränkte Rendite erzielen. Das ist die Theorie. In der Praxis haben die Mieter:innen über die letzten 15 Jahren durch missbräuchliche Mietrenditen insgesamt aber fast 80 Milliarden Franken zu viel bezahlt – dies ist die Haupterkenntnis einer viel zitierten, vom Mieterverband extern in Auftrag gegebenen Studie. Doch es kommt noch dicker: Gemäss einem Leiturteil des Bundesgerichts darf die erwähnte «beschränkte Rendite» neu sogar noch 1,5 Prozent höher sein als bis anhin.
Zum anhaltenden Rechtsbruch und der äusserst Immobilienlobby-freundlichen Auslegung des Mietrechts kommt nun drittens ein politischer Grossangriff dieser Lobby auf die Mieter:innen hinzu: In einer gut orchestrierten Strategie soll mit der Umsetzung von vier verschiedenen parlamentarischen Initiativen einerseits das Mietrecht geschwächt und andererseits die gesetzliche Grundlage für noch höhere Mieten gelegt werden. Der erste Schritt ist beschlossene Sache: Das Parlament hat die Schwächung des Mietrechts in der Herbstsession definitiv verabschiedet. Dagegen wurde nun umgehend ein von den Gewerkschaften unterstütztes Doppelreferendum lanciert.
Einfacher rauswerfen
Nach geltendem Recht ist die Untervermietung ein verbrieftes Recht der Mieter:innen. Sie brauchen dazu aber schon heute immer die Zustimmung der Vermieter:innen. Mit der geplanten Gesetzesrevision soll nun eine Reihe von willkürlichen Gründen für die einseitige Verweigerung einer Untervermietung eingeführt werden. Neu könnte den Mieter:innen schon bei leichten «Formfehlern» einer Untervermietung sogar gekündigt werden – und dies quasi fristlos! Das ist der erste Schlag. Mit der zweiten vom Parlament beschlossenen Gesetzesrevision soll der Mieter:innenschutz bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs durch die Vermieter:innen eingeschränkt werden. Künftig müsste dieser Eigenbedarf nicht mehr «dringlich» sein, womit die heute gängige Interessenabwägung immer zugunsten der Vermieter:in ausfallen würde. Bereits heute wird jedoch der Eigenbedarf oft nur als Vorwand für eine Kündigung verwendet. Dies mit dem einfachen Ziel, die Wohnung danach zu einem höheren Mietpreis wieder auszuschreiben. Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung wäre dies noch einfacher möglich. Auch ältere Mieter:innen, die seit Jahren in ihrer Wohnung leben, könnten so ohne Härtefallabwägung einfach auf die Strasse gestellt werden!
Statt weiterer Rückschritte braucht es im Mietrecht endlich Fortschritte
Man muss sich zweimal die Augen reiben, um wirklich zu glauben, wie unverhohlen und unverschämt die Immobilienlobby ihre Interessen politisch vorantreibt. Ihr Plan ist zielstrebig und klar: Zuerst die Mieter:innen einfacher rauswerfen und dann die Mieten noch stärker erhöhen. Damit es auch mit Schritt 2 sicher klappt, befinden sich bereits zwei weitere parlamentarische Initiativen auf der gesetzlichen Startrampe. Nach den Wahlen werden diese dann mit Sicherheit sogleich gezündet. Die Anfechtung eines missbräuchlichen oder quartierunüblichen Mietzinses soll mit diesen Vorlagen noch schwieriger gemacht und die Logik der Marktmiete damit de facto gesetzlich festgeschrieben werden
All diese Massnahmen haben gemein, dass sich die Mietpreisspirale damit weiter hochdrehen lässt und der Bestand bezahlbarer Wohnungen weiter verringern wird. Das klingt reichlich surreal: Als ob die Mieten nicht schon längst exorbitant hoch wären, und als ob in den Ballungszentren überhaupt noch eine relevante Anzahl freier bezahlbarer Wohnungen existierte! Es ist völlig klar: Anstelle weiterer Rückschritte, braucht es im Mietrecht und auf dem Wohnungsmarkt unbedingt endlich substanzielle Fortschritte. Die Vorschläge dazu liegen längst auf dem Tisch: Am vordringlichsten wären die sofortige Einführung einer regelmässigen Prüfung der zulässigen Mietrendite durch die Einführung einer obligatorischen Revisionspflicht sowie der schnelle Ausbau der – in der Bundesverfassung verankerten! – Förderinstrumente für den gemeinnützigen Wohnungsbau. Doch der zuständige SVP-Bundesrat Parmelin steckt seit Jahren den Kopf in den Sand. Bis endlich etwas im Sinne der Mieter:innen passiert, müssen wir also die laufenden Angriffe auf das Mietrecht mit allen dazu nötigen Referenden bekämpfen.
Reto Wyss, SGB
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