Swissport Zürich
Scheitern die Verhandlungen?
Am 23. Juli statteten über 200 Mitarbeitende von Swissport Zürich dem Management einen Protestbesuch ab. Einmal mehr forderten sie die sofortige Rückkehr zu einem GAV auf dem Niveau von 2019. Vier Wochen später machte das Management bei einer weiteren Verhandlungsrunde ein Minimalangebot, das von den Gewerkschaften nicht akzeptiert werden konnte. Nun droht auf nächstes Jahr ein vertragsloser Zustand mit schwerwiegenden Konsequenzen und möglichen Streiks.
Lautstark protestierten die Mitarbeitenden von Swissport gegen die unhaltbaren Arbeitsbedingungen am Flughafen Zürich. Noch immer arbeiten sie unter dem inzwischen gekündigten Krisen-GAV, obwohl die Luftfahrtbranche wieder brummt wie vor der Corona-Krise (siehe Artikel vom 15. Juli 2022). Die Situation ist prekär. Doch bis jetzt hat sich das Management von Swissport Zürich in den Verhandlungen kaum bewegt, was im Juni zur Kündigung des Krisen-GAV durch die Gewerkschaften auf Ende Jahr geführt hat.
Vorvertrag eingereicht
Beim Protestbesuch übergaben die Mitarbeitenden dem Management einen Vorvertrag mit folgenden Forderungen:
- Swissport verpflichtet sich, per 1. Januar 2023 einen neuen GAV einzuführen, der mindestens das Niveau des GAV 2019 aufweist, bevor dieser Ende 2020 angesichts der Pandemie in einer Zusatzvereinbarung mit Krisenmassnahmen verschlechtert wurde. Mit dem «Krisen-GAV» musste das Personal Lohneinbussen, längere Arbeitszeiten und eine Reduktion der Ferien- und arbeitsfreien Tage hinnehmen sowie mehr Flexibilität bei den Arbeitseinsätzen.
- Reduktion der Split-Touren (d. h. mit mehreren langen Pausen pro Tag) auf eine pro Monat.
- Mehr arbeitsfreie Tage für die Mitarbeitenden.
- Angesichts der anziehenden Teuerung, Aufnahme eines Modells zum Teuerungsausgleich in den GAV.
Swissport liess sich Zeit mit einer Antwort. In der sechsten Verhandlungsrunde, die am 19. August zwischen Swissport und der Verhandlungsdelegation (SEV-GATA, VPOD und kfmv) stattfand, gab es schliesslich nur ein minimales Angebot: Swissport bot den Gewerkschaften ein Modell an, um die Arbeitsbedingungen während drei Jahren schrittweise zu verbessern. Doch die damit angestrebte Zielgrösse, die bis 2025 erreicht würde, wäre noch immer nicht auf dem Niveau des GAV von 2019. Zudem weigerte sich Swissport, konkrete Zahlen zu einem allfälligen Teuerungsausgleich zu nennen oder dafür ein griffiges und verbindliches Modell festzuschreiben. Kein Wunder war für die Verhandlungsdelegation klar, nicht auf dieses Angebot einzugehen. Stattdessen machten die Gewerkschaften Swissport ein neues Angebot für einen GAV, welches sie bereit wären den Mitgliedern zur Abstimmung vorzulegen. Darin enthalten sind weiterhin eine hundertprozentige Rückkehr zum GAV 19 und ein griffiges Modell für einen Teuerungsausgleich mit einer Laufzeit von vier Jahren. Sollte Swissport nicht auf dieses Angebot eingehen, wären für die Gewerkschaften die Verhandlungen für einen neuen GAV gescheitert.
Kommt es zu Streiks?
Bei Redaktionsschluss dieser Zeitung lag noch keine Antwort von Swissport Zürich vor – auch nicht von Swissport International. Erwartet wird sie vor der nächsten Verhandlungsrunde, am 14. September. Würden die Verhandlungen scheitern, befände sich das Personal ab dem 1. Januar 2023 in einem vertragslosen Zustand. Das würde unter anderem bedeuten, dass es Kampfmassnahmen, wie einen Streik, ergreifen könnte. Ein Szenario, dass bei der aktuellen Situation immer wahrscheinlicher wird.
Michael Spahr
Swiss: Angestellte büssen für Management-Fehler
Schneller als erwartet gingen die Auswirkungen der Pandemie vorbei und der Luftverkehr begann wieder abzuheben. So präsentierte die Swiss bereits wieder einen Halbjahresgewinn von 67 Mio. Franken. Doch viele Luftfahrtunternehmungen verpassten es, genügend Personal einzustellen und mit guten Arbeitsbedingungen die Stellen attraktiver zu machen – trotz entsprechenden gewerkschaftlichen Forderungen.
Es erstaunt nicht, dass Ende Juli die Mitglieder von Aeropers einen neuen Pilot:innen-GAV mit der Swiss ablehnten. SEV-GATA koordinierte bereits Klagen gegen die Swiss wegen Verletzung der Mitwirkungsrechte bei der Massenentlassung. Auch die Anwendung des Krisen-GAV bei der Swiss widersprach aus Sicht von SEV-GATA der Voraussetzung für eine Inkraftsetzung. Groteskerweise kündigte Swiss den Krisen-GAV bereits auf Ende Jahr und erdreistete sich, den vereinbarten Payback an die Mitarbeitenden halbieren zu wollen. Gemäss Krisen-GAV hat Swiss in max. drei Tranchen Total 2500 Franken an diejenigen Mitarbeitenden zurückzubezahlen, die während dem Krisen-GAV und im Auszahlungsmoment in einem Anstellungsverhältnis sind (je nach Arbeitspensum). Mit der Anwendung des Krisen-GAV während nur 10 Monaten musste die Swiss feststellen, dass die Einsparungen geringer waren als der Payback. So wird der Krisen-GAV zum Bumerang für die Swiss (mehr Kosten also ohne «Spar-GAV»), weshalb SEV-GATA nun auf die Einreichung dieser Klage verzichtet hat. Mitte August gab die Swiss bekannt, mit der Air Baltic einen sogenannten Wetlease-Vertrag einzugehen, was ein Outsourcing der Tätigkeiten und folglich defacto Lohndumping bedeutet. SEV-GATA protestierte mit einem offenen Brief.