Schifffahrt: Zusammenstehen lohnt sich
An der Branchentagung Schiff des Unterverbands VPT vom 23. Januar in Luzern auf dem Motorschiff Europa bilanzierten die rund 40 Teilnehmenden die aktuelle Situation in den Schiffsbetrieben.
Die Schiffsleute des Lago Maggiore mussten nach dem 20-tägigen Streik im Juni/Juli 2017 anderthalb Jahre lang mit der neuen Arbeitgeberin SNL (Società Navigazione del Lago di Lugano) verhandeln und am 3. Juli nochmals einen Tag streiken, bis Ende November vor dem kantonalen Einigungsamt unter Vermittlung eines Tessiner Regierungsrats ein GAV für die nächsten drei Jahre unterzeichnet wurde.
So konnte die ursprünglich drohende Lohneinbusse von über 1000 Franken im Monat erheblich reduziert werden durch eine – aus einem Fonds finanzierte – Abfederung des Abbaus der Wohnortzulage, durch die Etappierung ihres Abbaus sowie durch die Anhebung der SNL-Löhne um insgesamt 5% bis 2023. «Somit profitiert auch das Personal des Luganersees vom Kampf ihrer Kollegen vom Lago Maggiore», erklärte Gewerkschaftssekretär Angelo Stroppini. «Entscheidend war ihr enger Zusammenhalt vom Anfang bis zum Schluss.» Wichtige Errungenschaften seien auch das Schiedsgericht und Bestimmungen zum Schutz der Saisonangestellten. «Dieser Kampf hat sehr lange gedauert und enorm viel Einsatz und Nerven gekostet, doch er zeigt beispielhaft, dass sich das Kämpfen lohnt», sagte SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger. Angelo Stroppini und der anwesende Kapitän und Personalkommissionspräsident Domenico Ferrazzo erhielten einen kräftigen Applaus.
Gelohnt hat sich das Zusammenstehen und Kämpfen langfristig auch bei der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh), wie Gewerkschaftssekretär Felix Birchler berichtete. So konnten 2016 die Angriffe eines Sanierers auf die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen weitgehend abgewehrt werden, wobei der bestehende GAV sehr hilfreich war. Dennoch war in der Folge das Verhältnis zwischen dem nautischen Personal und der URh-Leitung dermassen belastet, dass mehrere Kolleg/innen das Unternehmen verliessen. Der daraus resultierende Personalunterbestand verschärfte die Lage weiter. Im Jahr 2018 konnte nun eine Normalisierung im Umgang mit Personal und SEV festgestellt werden. Leider konnte die URh 2018 wegen dem tiefen Rheinstand zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen monatelang nicht fahren, was die finanzielle Situation verschlechterte. Dennoch resultierte bei den Lohnverhandlungen neben einer individuellen Erhöhung von 0,7% auch eine kleine generelle Erhöhung von 0,3%.
Relativ gute Lohnabschlüsse
Die meisten andern Schiffsbetriebe erzielten dank den vielen Schönwettertagen erfreuliche Passagierzahlen und Jahresergebnisse, was ihren Spielraum bei den Lohnverhandlungen erweiterte. Bei der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee erreichte der SEV 1% Erhöhung generell, 1,1% individuell, 1500 Franken Bonus bei festen Pensen ab 60% und 1000 Franken für die übrigen Mitarbeitenden. Am Genfersee resultierten 1,4% Teuerungsausgleich (gemäss GAV) plus 900 Franken Prämie, am Bielersee 1,1% plus 500 Franken in Reka-Checks. Auch am Neuenburgersee wurde eine Prämie versprochen. Am Zürichsee gibt es neben individuellen Erhöhungen endlich wieder eine kleine allgemeine Erhöhung für Kolleg/innen, die seit langem keine mehr erhalten haben. Dass hier die Fahrgastzahl gegenüber 2017 um über 50% stieg, ist der Abschaffung des Fünffrankenzuschlags für Abo-Besitzende zu verdanken. Für den Thuner- und Brienzersee gilt der allgemeine Lohnabschluss mit der BLS: Dieser wurden höhere Beiträge bei der Nichtberufsunfallversicherung, der Krankentaggeldversicherung und (einmalig) der Pensionskasse abgerungen.
Mit der Arbeitszeitgesetz-Revision ändert sich für das Schiffspersonal nicht allzu viel. Die negativen Auswirkungen waren dort einfacher abzuwehren, wo ein GAV die betroffenen Fragen explizit regelte.
Schwierige Personalsuche
Zum Thema Personalrekrutierung war mehrfach zu hören, dass es trotz Inseraten mit schönen Versprechungen (die hoffentlich gehalten werden) nicht einfach ist, Berufsleute wie Elektriker, Maler oder Mechaniker zu finden, die im Winter in der Werft Hand anlegen können. Lange, unregelmässige Arbeitszeiten auch an Wochenenden bei mancherorts vergleichsweise tiefen Löhnen schrecken viele Anwärter/innen ab.
Zum Thema Digitalisierung wurde berichtet, dass bei der Einführung neuer Dienstplanungstools wie IVU meist «Kinderkrankheiten» auftreten, zum Beispiel Überstunden als Minusstunden verbucht werden. Die CGN gehört zu den wenigen Betrieben, die den Mitarbeitenden Tablets abgegeben haben, doch die Information und Kommunikation sei damit eher chaotischer geworden. Bei der SNL muss zu Dienstbeginn ein Badge eingelesen werden – den Daumen-Scanner konnte das Personal verhindern. Dass immer mehr Daten aufgezeichnet und von Chefs überwacht werden, von der Nautik bis zur Intranet-Nutzung, wirft Fragen zum Daten- und Persönlichkeitsschutz auf.
Markus Fischer