| Aktuell / SEV Zeitung

Der GAV SBB ist keine Hexerei: Fragen und Antworten

Der GAV SBB/SBB Cargo ist nun von allen Instanzen genehmigt worden: von der GAV-Konferenz des SEV und anschliessend vom Verwaltungsrat der SBB. Zahlreiche Fragen und Anmerkungen haben uns erreicht. Wir wollen hier deshalb die Situation bestmöglich klären.

Fragen und Antworten:

Bezieht das Personal 40% weniger Lohnim Krankheitsfall?

Nein. Der neue Beitrag des Personals an die Krankheitskosten bzw. an die Kosten der krankheitsbedingten Fehltage ist nicht ein individueller Beitrag im konkreten Krankheitsfall. Es handelt sich hierbei um einen Lohnabzug für alle Mitarbeitenden unabhängig davon, ob sie krank sind oder nicht. Er wird in drei Schritten eingeführt und beträgt 2019 0,4%, 2020 0,8% und ab 2021 1,2%. Im ersten Krankheitsjahr bezahlt die SBB den Lohn zu 100% weiter, im zweiten Jahr zu 90%. Eine neue Errungenschaft des GAV 2019 ist, dass zusätzlich die AHV-pflichtigen Zulagen versichert sind. Der Ersatz dafür im Krankheitsfall wird individuell aufgrund der bisherigen Zulagen berechnet. Diese individuelle Pauschale wird bei Langzeitkrankheit bezahlt, und zwar ab dem ersten Krankheitstag während 2 Jahren. Sie wird auch im zweiten Jahr zu 100% ausbezahlt.

Wird der Lohnabzug für die Krankheitskosten vollumfänglich kompensiert?

Das aktuelle SBB-Personal erhält den Lohnabzug mit einer entsprechenden Lohnerhöhung von 0,4% jährlich kompensiert. Wir wurden gefragt, ob der Lohnabzug nach dieser Kompensation getätigt wird, womit der Nettolohn trotztiefer wäre?. Nein, dies ist nicht der Fall. Aber die übrigen Sozialabzüge werden aufgrund des erhöhten Bruttolohns berechnet. Ebenso der PK- Beitrag, doch fliesst dieser auf das individuelle Konto des/der Angestellten bei der Pensionskasse, und auch der Arbeitgeber zahlt darauf einen entsprechend leicht höheren Beitrag ein.

Wird mein Einkommen auch erhöht, wenn ich bereits das Maximum meiner Lohnklasse erreicht habe?

Ja, die Kompensation des neuen Lohnabzugs von 1,2% erhalten alle bisherigen Mitarbeitenden. Für sie ist die Einführung dieses Lohnabzugs somit ein Nullsummenspiel. Die Lohnbänder werden angehoben, sodass keine neuen Garantien entstehen.

Wieso wird bis 2022 auf generelle Lohnerhöhungenverzichtet?

Generelle Lohnmassnahmen sind immer ein Thema bei einer Teuerung. In den letzten Jahren war eine solche praktisch nicht gegeben, im Gegenteil: Wir hatten z.T. auch eine Negativteuerung. Sollte die Teuerung anziehen und über 1,2% steigen, wird über generelle Lohnmassnahmen verhandelt. Die Möglichkeit, die Löhne bei Negativteuerung nach unten zu korrigieren, ist dagegen ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Löhne gehen nur zurück...

Im Bereich der Löhne muss betont werden, dass die für Lohnerhöhungen vorhandenen Mittel für Mitarbeitende, die sich im 1. und 2. Drittel des Aufstiegs befinden, ansteigen werden. Die ToCo-Lohngarantien von 2011 gelten künftig ad personam. Garantien bis und mit 5000 Franken werden nicht angetastet, was über 3000 Personen betrifft. Für rund 700 Personen gibt es eine Reduktion in zwei Etappen, am 1. Mai 2020 und am 1. Januar 2022 (identischer Betrag). Die Reduktion entspricht max. 5% des Höchstwertes des entsprechenden Anforderungsniveaus. So verliert z.B. ein Mitarbeiter mit einer ToCo-Garantie von 6000 Franken und einem Anforderungsniveau A die 1000 Franken, um die seine Garantie den Mindestbetrag (Sockelbetrag) von 5000 Franken überschreitet. Die Reduktion wird in zwei Tranchen à 500 Franken vollzogen. Im Zweifelsfall steht der SEV für seine Mitglieder zur Verfügung.

Warum wurde keine Urabstimmung einberufen?

Der SEV rühmt sich damit, ein Vorbild für die Demokratie zu sein. Hätte er mit rund 14000 Mitgliedern bei der SBB eine Urabstimmung einberufen müssen zur Bestätigung des GAV, wie es ein Mitglied anregte? «In diesem Dossier funktioniert der SEV in einer Logik des Delegierens. Die starke GAV-Konferenz SBB/SBB Cargo, bestehend aus 160 Gewählten aus allen Regionen und Berufskategorien, ist souverän. Dieses Gremium wird von den Delegiertenversammlungen der Unterverbände gewählt, welche ihrerseits die Sektionen des SEV vertreten», betont Manuel Avallone, Vizepräsident des SEV. «Die Delegierten haben den gesamten Prozess begleitet, vom Verabschieden der Forderungen über die Zusammensetzung der Verhandlungsdelegation bis hin zur Stellungnahme zum Resultat. Sie haben folglich ein komplettes Bild.»

Es besteht die Möglichkeit, das Votum der GAV-Konferenz mittels Referendum anzufechten, indem sich 5% der betroffenen Mitglieder innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des Entscheids dagegen stellen. Dies sieht das GAV-Reglement des SEV vor. Kommt ein Referendum zustande, wird innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Referendumsfrist eine Urabstimmung einberufen.

Recht auf Nichterreichbarkeit verankert

Auch wenn die finanziellen Elemente sehr wichtig sind, gibt es im neuen GAV auch wichtige Schutzbestimmungen, die schwer in Franken quantifizierbar sind. «Das Recht auf Nichterreichbarkeit während der Freizeit und das Recht auf Informationsstudium während der Arbeitszeit sind im GAV SBB verankert. In einer Zeit, da die neuen Technologien immer mehr Platz in unserem Berufsleben einnehmen, sind diese Schutzmassnahmen absolut nötig», erklärt Manuel Avallone, der die Verhandlungsdelegation des Personals geleitet hat. Um dem digitalen Wandel die Stirn zu bieten, ist vorgesehen, dass die SBB ihren Mitarbeitenden freiwillige Standortbestimmungen und Weiterbildungen bezahlt, damit sie sich «up to date» und arbeitsmarktfähig halten können.

Kündigungsschutz wird beibehalten

Er stand lange auf der Kippe: Der Schutz gegen Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen wird nicht angetastet für alle, die länger als vier Jahre bei der SBB arbeiten. Die einzige Änderung betrifft Mitarbeitende mit Löhnen über 120000 Franken, die im Prozess der beruflichen Neuorientierung stehen: Sie müssen künftig höhere Lohneinbussen hinnehmen als diejenigen mit Löhnen unter 120000 Franken.

Vaterschaftsurlaub verlängert und Treueprämien weiterhin auch in Zeit

Der Vaterschaftsurlaub wird von heute 10 Tagen auf 20 Tage verdoppelt. Die von der SBB angegriffenen Treueprämien bleiben unverändert bestehen. Vor allem können sie nach wie vor in Zeit oder Geld bezogen werden.

AZG: Kompromiss bei externen Pausen

Die neue Arbeitszeit-Gesetzgebung sieht keinen Zuschlag für auswärtige Pausen bis 60 Minuten vor. Dennoch konnte ein Zeitzuschlag von 15% ausgehandelt werden, 30% bei Pausen über eine Stunde. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Garantie von 115 Freitagen pro Jahr verteidigt werden konnte.

Vivian Bologna/chf

Massnahmen für die Pensionskasse SBB

Am 26. März beschloss der Stiftungsrat der PK SBB, den Umwandlungssatz bis 2022 von 5,18% auf 4,73% zu senken. Um diese Reduktion abzufedern, hatte die Verhandlungsgemeinschaft mit der SBB im Februar eine Vereinbarung mit drei Massnahmen paraphiert. Der Verwaltungsrat der SBB hiess am 17. Mai nur die ersten zwei vereinbarten Massnahmen gut: Anhebung der jährlichen Altersgutschrift und Besitzstandsgarantie für Versicherte, die vor dem 31.1.1961 geboren wurden. Nun hat er auch die dritte Massnahme angenommen (Aufstockung der Altersguthaben). Der VR wollte dafür erst das GAV-Verhandlungsresultat abwarten. Diese dritte Massnahme machte allerdings den wichtigsten Punkt der im Februar paraphierten Vereinbarung aus.

Die SBB gewährt damit eine Garantie über 200 Millionen Franken zugunsten der PK SBB für den Fall, dass diese als Folge der Aufstockung der Altersguthaben in eine Unterdeckung geraten sollte und saniert werden müsste.

Kommentare

  • Gangemi Antonio

    Gangemi Antonio 11/11/2018 18:29:43

    Garanties salariales, je n’ai pas bien compris; existe-t’il d’autres garanties de salaires que celles nommées Toko 2011? Certains collègues dont moi-même sommes au bénéfice d’une garantie de salaire plus élevée que dans l’exemple que vous citéz, de l’ordre de 7000.- a 28000.-. Il s’agit en plus de garanties attribuées après 2011; nulle part sur le contrat de travail on trouve la mention toko 2011. Merci d’avance pour les éclaircissements.