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Reorganisation der SBB Kidz Care

Familie und Beruf müssen vereinbar sein

Die SBB will die Organisation der Kinderbetreuung umstrukturieren. Die Modernisierung ist bitter nötig, doch sie hat auch ihre Tücken.

Der SBB ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig. Deshalb unterstützt sie ihre Mitarbeitenden dabei, die Kinderbetreuung zu organisieren, und übernimmt einen Teil der Betreuungskosten. Bisher hat das Unternehmen im Rahmen seines Angebots «Kidz Care» jeweils Kontingente an Krippenplätzen für seine Mitarbeitenden eingekauft, doch die Bedürfnisse im Bereich der Kinderbetreuung haben sich in den letzten Jahren stark verändert; grössere Flexibilität ist gefragt. Dies haben SBB-interne Umfragen sowie Rückmeldungen der SEV-Frauenkommission ergeben.

Ausserdem hat auch dieser Bereich der SBB im Rahmen von Railfit20/30 einen Auftrag zur Effizienzsteigerung. Dennoch soll weder die Qualität noch das Wohl der Kinder gefährdet werden.

Betreuung bis 16 Jahre

Neu gilt das Angebot für Kinder bis 16 Jahre. Das Betreuungsalter wird somit angehoben und das Angebot wird für alle Familienkonstellationen geöffnet. «Alle Kinder brauchen Betreuung, nicht nur die von verheirateten Eltern», sagt Lucie Waser, die Gleichstellungs- beauftragte im SEV. «Diese Öffnung finde ich super.»

Um den internen Administrationsaufwand zu senken, wird die Organisation der Kinder- betreuung ausgelagert. Neu stehen den SBB-Mitarbeitenden zwei externe Beratungsstellen zur Verfügung: profawo und UND. Diese suchen für die Mitarbeitenden individuelle Lösungen für die Kinderbetreuung. Die SBB will mit der Reorganisation auch andere Formen der Kinderbetreuung fördern, wie zum Beispiel Tagesmütter.

Erschwerte Finanzierung

So weit, so gut. Aber die Sache hat einen Haken: Künftig wird nur noch einmal im Jahr nachträglich abgerechnet, um den administrativen Aufwand weiter einzudämmen. «Das heisst, dass die Mitarbeitenden vorerst selbst für die Betreuungskosten aufkommen müssen und die SBB ihren Beitrag erst im Nachhinein leistet», erklärt Lucie Waser. Die Mitarbeitenden in den hohen Lohnklassen wird dies nicht stören, aber für diejenigen mit tieferen Löhnen wird es schwierig, den finanziellen Druck zu stemmen. Doch Lucie Waser beruhigt: «Wir sind hier, wir kümmern uns um unsere Mitglieder und helfen, Lösungen zu finden. Es ist mir wichtig, dass bei dieser SBB-Reorganisation nicht ausgerechnet die Schwächsten leiden. Darum begleite ich den Prozess mit einem kritischen Auge.» Wer Fragen hat, solle sich unbedingt bei ihr melden. Für Nichtmitglieder steht Regula Rüti vom SBB-Diversity-Management zur Verfügung.

Ein ungelöstes Problem

Gesetzlich sind die Arbeitgeber in der Schweiz nicht verpflichtet, Mitarbeitende bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Somit ist das SBB-Angebot ein Schritt in die richtige Richtung, doch auch mit dieser Umstrukturierung ist das Problem nicht gelöst: «Die Kinderbetreuung ist ein politisches Problem, das weder die SBB noch der SEV lösen können», schliesst Waser. Es braucht eine politische Lösung, doch der Bund zeigt kaum Bereitschaft dazu, obwohl die Nachbarländer Deutschland und Österreich mit gutem Beispiel vorangehen. Dort wird die Kinderbetreuung vom Staat zur Verfügung gestellt – kostenlos.

Karin Taglang