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Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsvertrags

Was ist zu beachten, wenn mein Arbeitgeber mir eine Austrittsvereinbarung vorschlägt?

© Mohamed Hassan / Pixabay

In den meisten GAV, die der SEV ausgehandelt hat, gibt es strenge Vorgaben für Entlassungen. Oft sieht der GAV vor, dass eine Verwarnung mit einer Kündigungsandrohung ausgesprochen werden muss, bevor es zu einer ordentlichen Kündigung (mit Beachtung der Kündigungsfrist) kommt. Zudem gibt es im Obligationenrecht Schutzfristen gegen Entlassungen für Personen, die arbeitsunfähig sind. Um diese Bestimmungen zu umgehen, schlagen Arbeitgeber manchmal ihren Mitarbeiter:innen die Unterzeichnung einer Austrittsvereinbarung vor. Ist diese Praxis legal? Und worauf müssen Arbeitnehmende in einem solchen Fall achten?

Art. 341 Abs. 1 OR besagt, dass während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung der Arbeitnehmer nicht auf Forderungen verzichten kann, die sich aus unabdingbaren Bestimmungen des Gesetzes oder eines GAV ergeben. Das bedeutet aber nicht, dass die Parteien den Vertrag nicht aufheben können, wenn beide es wollen. Das Bundesgericht hält dies in einem Urteil von 2022 fest (8C_176/2022). Es ist also möglich, eine Austrittsvereinbarung auszuhandeln, um einen Arbeitsvertrag zu beenden. Dabei muss aber sehr klar darauf geachtet werden, dass nicht eine Seite die Schwäche der anderen ausnützt, um ihr Bedingungen aufzuzwingen, die den Bestimmungen des Arbeitsrechts, des Arbeitsvertrags oder des GAV zuwiderlaufen. Sonst könnte die Vereinbarung nicht rechtens sein. Hier einige Punkte, die es zu beachten gilt. Diese Liste ist nicht abschliessend:

Es ist festzuhalten, dass es sich um eine Vereinbarung handelt. Das bedeutet, dass beide Seiten in Kenntnis der Umstände sämtliche Bestimmungen akzeptieren, die darin festgelegt sind. Wenn der Arbeitgeber den Vorschlag präsentiert, muss er dem Mitarbeiter, der Mitarbeiterin ausreichend Zeit lassen (mehrere Tage), um diesen zu prüfen, und darf ihn/sie nicht unter Druck setzen für die Unterschrift (BGer 4A-364/2016, Punkt 3.1). Wenn eine der Parteien mit dem Inhalt nicht einverstanden ist, kann die Vereinbarung nicht abgeschlossen werden.

Wenn der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin in der Vereinbarung auf bestehende Leistungen verzichtet (z. B. auf eine laufende Schutzfrist gegen Kündigung), müssen diese Leistungen gemäss der Rechtssprechung durch eine gleichwertige Leistung des Arbeitgebers ausgeglichen werden, bspw. eine Abgangsentschädigung, die die Lohneinbusse für die Zeit des Kündigungs‑schutzes abdeckt.

Es ist auch darauf zu achten, dass eine Austrittsvereinbarung von der Arbeitslosenkasse oft als Kündigung und nicht als Entlassung bewertet wird. Das kann zu einer Sperrfrist wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit führen. Um dies zu verhindern, muss aus der Vereinbarung klar hervorgehen, dass diese in erster Linie auf den Wunsch des Arbeitgebers zurückgeht. Grenzgänger:innen müssen beachten, dass in der Schweiz verhandelte Austrittsvereinbarungen in der Regel im Herkunftsland von den Arbeitslosenkassen nicht akzeptiert werden, weshalb sie mit harten Massnahmen rechnen müssen.

Bei Zweifeln über eine Austrittsvereinbarung, die vom Arbeitgeber vorgelegt wird, sollte man auf jeden Fall seine Rechte abklären. Der SEV-Rechtsdienst kann dir alle notwendigen Informationen zu diesem Thema geben und dich bei der Aushandlung von fairen Bedingungen unterstützen.

Rechtsschutzteam SEV