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Geschäftsmail: Vorsicht lohnt sich
Berti ist kein Freund der Technik. Das mag mitunter auch ein Grund sein, warum er die Geschäftsmail sowohl für Berufliches als auch für Privates gebraucht. Eines Tages spricht er darüber mit seinem Arbeitskollegen, welcher ihn zur Vorsicht mahnt. Es stellen sich verschiedene Fragen zur Geschäftsmail, die Berti noch nie bedacht hat.
Wer sich im Internet aufhält, hinterlässt Spuren. Die Geschäftsmail ist davon nicht ausgenommen. Naturgemäss ist der Arbeitgeber an diesen Spuren interessiert, um eine gewisse Kontrolle auf die Mitarbeitenden auszuüben.
Die Überwachung der Mitarbeitenden zulasten der Gesundheit oder der Bewegungsfreiheit ist gesetzlich verboten. Ausgeschlossen ist demnach eine Verhaltenskontrolle, also das systematische Überwachen mittels Spionprogrammen. Sofern es jedoch darum geht, Schaden vom Unternehmen abzuwehren oder zu verhindern, dass Mitarbeitende über Gebühr in ihrer Arbeitszeit die Geschäftsmail für rein private Zwecke verwenden, ist eine Leistungs- und Geschäftskontrolle – mit Augenmass – erlaubt. In der Praxis trifft man bei vielen Unternehmen auf Kulanz, was die private Nutzung der Geschäftsmail angeht, sofern sich diese in einem vertretbaren Rahmen bewegt. Hier lohnt sich ein Blick auf das jeweilige Nutzungsreglement des Arbeitgebers. Das spart unnötige Diskussionen mit dem Vorgesetzten.
Technisch gesehen, ist es dem Arbeitgeber möglich, in die Mails seiner Mitarbeitenden einzusehen. Daraus ergibt sich aber nicht das Recht, auch alles zu speichern. In der Regel werden die Randdaten der Mails gespeichert. Es handelt sich hierbei um Protokolldateien, wie Zeitangaben, Absender- und Empfängeradresse, Betreffzeile, Priorität und Vertraulichkeit der Nachricht. Weitere Angaben, wie die Anzahl der Anhänge, Grösse der E-Mails, digitale Signatur oder die IP-Adresse können auch erfasst werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass zum Teil auch der Inhalt der Mail erfasst und gespeichert wird.
Es gibt keine Vorschrift, welche die Aufbewahrungsdauer der gespeicherten Daten festlegt. Das heisst, solange der Zweck gegeben und die Verhältnismässigkeit gewahrt ist, bleiben die Daten gespeichert – also auch dann, wenn das Anstellungsverhältnis beendet ist. In der Regel sind das zehn Jahre.
Bei Bedarf werden diese Daten ausgewertet. Dabei hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass nur Mails mit geschäftlichem Inhalt in Betracht kommen. Anonymisierte Daten, also jene, bei denen die Identifizierung der/des Mitarbeitenden unkenntlich gemacht werden, dürfen zu statistischen Zwecken ausgewertet werden. Auch bei Auffälligkeiten oder Unregelmässigkeiten kann der Arbeitgeber stichprobeweise die anonymisierten Daten auswerten. Die Anonymität der gespeicherten Daten wird erst dann aufgehoben, wenn ein erhärteter Verdacht auf Missbrauch vorliegt oder wenn ein Missbrauch bereits aufgedeckt wurde. Aus den anonymisierten Daten werden personenbezogene Daten, die den/die Mitarbeitenden identifizieren. Die Auswertung dieser Daten unterliegt gesetzlichen Auflagen.
Gemäss Obligationenrecht darf der Arbeitgeber nur jene Daten auswerten, die die Eignung der/des Mitarbeitenden für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Gemäss Datenschutzgesetz muss die Datenbeschaffung rechtmässig erfolgen und nicht heimlich, auf Täuschung oder unter Zwang. Die Daten dürfen nur zum vorgesehenen Zweck bearbeitet werden. Der/die Mitarbeiter/in ist vorgängig zu informieren. Es dürfen nur so viele Daten wie nötig und so wenige wie möglich bearbeitet werden. Der Arbeitgeber hat für eine sichere und vertrauliche Datenauswertung zu sorgen, und muss nicht zuletzt aufpassen, dass die auszuwertenden Daten richtig und aktuell sind.
In einigen Fällen sind Arbeitgeber versucht, die Einwilligung der Mitarbeitenden einzuholen, um die Überwachung zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmerschutz ist hier besonders hoch, weil der/die Mitarbeiter/in als Lohnabhängige/r nicht «auf Augenhöhe» gegenüber dem Arbeitgeber auftritt. Die Einwilligung in die Überwachung kann daher aus anderen Gründen erfolgen als aus Freiwilligkeit. Grundsätzlich gilt: Je einschneidender die Überwachungsmassnahmen, desto weniger kann die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden.
Berti ist daher gut beraten, für seine private Mailkorrespondenz eigens eine private Mail-Adresse einzurichten. Wie gesagt, schadet auch ein Blick auf das Nutzungsreglement seines Arbeitgebers nicht, damit er dessen Erwartungen besser abschätzen kann. Sofern er private Inhalte über die Geschäftsmail versendet, sollte er diese mit «privat» kennzeichnen. Diese Mails werden entsprechend von der Auswertung ausgenommen. Wenn er den Verdacht hat, bespitzelt zu werden, kann er schriftlich ein Auskunftsgesuch (unter Beilegung der Kopie seines Ausweises) beim Arbeitgeber einreichen. Sofern kein gesetzlicher Grund oder überwiegende Interessen seitens Arbeitgeber oder Dritten dem entgegenstehen, muss der Arbeitgeber die Bearbeitung der Daten offenlegen.
Rechtsschutzteam SEV