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Gewalt überall – auch am Arbeitsplatz
Im strafrechtlichen Sinn ist Gewalt ein Zwangsmittel zur Einwirkung auf die Willensfreiheit eines andern. Man unterscheidet physische und psychische, personelle und strukturelle, kulturelle, statische und dynamische Formen. Ab wann von Gewalt gesprochen werden kann und wie stark diese empfunden wird, hängt auch vom subjektiven Empfinden ab.
Rohe und subtilere Gewalt
Einigkeit besteht wohl dahingehend, dass Mord und Totschlag sowie sexuelle Übergriffe eine Gewaltanwendung sind und dass jedes «auf den Körper schlagen» (ohne Einwilligung des Geschlagenen) die klassische Form der Gewalt darstellt.
In der Arbeitswelt kommen Schlagen, Androhung von Schlägen oder Todesdrohungen vor, doch am häufigsten ist an unseren Arbeitsplätzen die psychische Gewalt in Form von Beschimpfungen, Bedrohungen, Einschüchterungen oder Herabsetzungen, aber auch Sexismus und Rassismus. Wobei klar gesagt werden muss, dass nicht jeder unbedarft dahergesagte Satz gleich ein Angriff ist. Erst wenn die Beleidigungen und Herabsetzungen eine gewisse Intensität angenommen haben, kann von Gewalt gesprochen werden. Zu beachten ist auch, dass eine Gewaltanwendung immer eines gewissen Vorsatzes bedarf.
Eskalationsspiralen
In Zeiten grosser Verunsicherungen und Veränderungen kommt es logischerweise öfters zu kleineren Übergriffen bis hin zu Gewaltanwendungen, da es hierbei ja auch immer darum geht, die eigene Position in der Gruppe oder grundsätzlich in der Unternehmung zu festigen. Logischerweise wird das Opfer des Angriffs versuchen, sich zu wehren, sei es wieder mit Gewalt oder mindestens mit dem Weggehen aus dieser Situation. Die Folgen sind Konflikte, Krankheiten und schliesslich die Auflösung von Arbeitsverhältnissen. Das richtet viel Schaden an und lässt die Betroffenen in einer Situation des Unverständnisses zurück.
Zum Glück gestalten sich die meisten Arbeitsbeziehungen gewaltfrei, wenn auch nicht immer harmonisch. Doch sind wir in den letzten Jahren in unserer Wahrnehmung immer sensibler geworden und können einen Blick, ein Wort oder auch eine Anweisung des Vorgesetzten nicht immer wertfrei entgegennehmen. Zu oft interpretieren wir etwas, was vielleicht nicht so gemeint war, falsch, und zu oft wird unbedarft dahergeredet, oberflächlich informiert und nicht auf der gleichen Ebene kommuniziert – und schon entsteht mindestens ein ungutes Gefühl. Das ist der ideale Nährboden für Unsicherheiten, Missverständnisse und Konflikte. Hier wäre die Führung gefordert, aber auch jeder Einzelne. Dreht die Spirale weiter, kommt es zu einem Konflikt, von dem eigentlich keiner der Beteiligten mehr weiss, wann und warum er angefangen hat. Opfer und Täter/innen sind dann auch nicht mehr wirklich zu unterscheiden und die Folgen, gesundheitlicher wie auch sozialer Art, nicht abzusehen. So wird die Gewalt am Arbeitsplatz alltäglich, unfassbar und vor allem unkontrollierbar.
Deeskalierendes Verhalten
Für etwas mehr Frieden, Gelassenheit und Respekt können wir in unserem Umfeld sorgen, indem wir offen und ehrlich kommunizieren oder einfach mal nichts sagen und nicht hinter jeder Bemerkung und jedem Blick gleich einen Angriff vermuten. Aber am besten halten wir es doch mit dem Spruch aus dem Volksmund: «Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.»
Rechtsschutzteam SEV