Es ist nicht einfach, eine IV-Rente zu bekommen, und noch viel schwieriger, sie zu behalten.
IV in die Schranken gewiesen
Kommen zur Kürzung oder Streichung der IV-Rente gar hohe Rückzahlungsforderungen hinzu, droht den Betroffenen extreme finanzielle Bedrängnis.
Als die Invalidenversicherung unserem Mitglied B. seine volle Rente nach drei Jahren auf eine Viertelsrente kürzen will, kommen bei diesem zurecht Existenzängste auf. Der SEV-Anwalt reicht bei der IV einen begründeten Einwand ein, was zur Folge hat, dass B. von verschiedenen Gutachtern untersucht wird. Entgegen dem Empfinden von B., dass sich sein Gesundheitszustand zunehmend verschlechtere, kommen die Gutachter zum Schluss, dass B. zu einer angepassten leichten Arbeitstätigkeit fähig sei. Zudem will die IV die früher gefällten Entscheide als falsch bezeichnen und wiedererwägungsweise aufheben. Das hätte für B. schwerwiegende finanzielle Folgen, denn zusätzlich zur Kürzung der IV-Rente droht ihm auch die Streichung der Pensionskassenrente und eine Rückforderung der bereits ausbezahlten Gelder.
Kantonales Gericht gibt der IV Recht
Der SEV-Anwalt ficht den IV-Entscheid beim kantonalen Sozialversicherungsgericht an und führt vor allem zwei Kritikpunkte ins Feld:
- Erstens versuche die IV, Wiedererwägungsbeschlüsse zu umgehen, was die Rechtssicherheit infrage stelle.
- Zweitens sei der IV-Entscheid vom medizinischen Standpunkt aus gesehen absurd, weil sich das Krankheitsbild von B. seit dem Jahr 2000 verschlechtert habe.
Der Anwalt beantragt, die Wiedererwägung des Entscheids nicht zu vollziehen, da seit Beginn der Krankheit von B. mit einer Verschlechterung gerechnet worden sei, die dann auch eingetreten sei und zur Arbeitsunfähigkeit von B. geführt habe. Der Gesundheitszustand von B. sei nur scheinbar stabil, in Wahrheit jedoch recht labil, störungsund stressanfällig.
Auf die im Dezember 2010 eingereichte Beschwerde folgt im Juni 2012 das Urteil, das 25 Seiten umfasst: Das kantonale Sozialversicherungsgericht weist die Beschwerde ab.
Bundesgericht gibt dem SEV Recht
Daraufhin zieht der SEV-Anwalt von B. die Beschwerde ans Schweizerische Bundesgericht weiter. Letzteres urteilt im November 2012 zugunsten unseres Mitglieds: Der Anspruch von B. auf eine ganze IV-Rente bleibt bestehen.
Das Bundesgericht begründet seinen Entscheid damit, dass die IV die Rente von B. gestrichen habe, ohne ihm irgendwelche Eingliederungsmassnahmen anzubieten. Eine Rentenaufhebung ohne vorgängige Durchführung von Eingliederungsschritten verletze unter den vorliegenden Gegebenheiten Bundesrecht, heisst es im Urteil.
Die IV muss auch die Gerichtskosten übernehmen und den Kläger B. (bzw. den SEV) für das Gerichtsverfahren entschädigen. Das gesamte Rechtsschutzverfahren hat fünf Jahre gedauert …
Rechtsschutzteam SEV
Wenn die IV die Rente rückwirkend kürzt, kann die Pensionskasse Leistungen zurückfordern
ie Zusprache einer IV-Rente löst in der Regel auch eine Rente der Pensionskasse aus. Wird nun die IV-Rente gekürzt oder gar gestrichen, verkleinert sich auch die Pensionskassenrente entsprechend. Geschieht dies rückwirkend, fehlt die Basis für schon bezahlte Pensionskassenrenten teilweise oder ganz, und die Kasse kann eine Rückzahlungsforderung für zu Unrecht erhaltene Leistungen stellen. Bei der IV kann man guten Glauben und grosse Härte geltend machen (gemäss Art. 25 ATSG = Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts), nicht aber bei der Pensionskasse, weil diese dem ATSG nicht untersteht.