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Energiewende

E-Busse: Vergesst die Werkstätten nicht!

Öffentliche Verkehrsmittel sind Teil der Lösung der Klimakrise. Der Übergang zum reinen Elektroantrieb wird CO₂-Emissionen drastisch senken. In der Euphorie über diese grüne Revolution dürfen wir jedoch zwei Problematiken nicht vergessen: Rohstoffe und Ausbildungsbedarf in Werkstätten.

Zum Beispiel in Solothurn will der BSU bis 2035 nur noch elektrisch betriebene Busse einsetzen – eine grosse Herausforderung für das Werkstattpersonal ... © BSU

Das Zeitfenster, um den Temperaturanstieg der Erde unter 1,5 °C zu halten, schliesst sich bald, sagen die Expertinnen und Experten des IPCC (Weltklimarat). Es bleiben noch drei Jahre, um den Wachstumstrend der CO₂-Emissionen umzukehren und die Menschheit davor zu bewahren, mit schwerwiegenden Folgen zu leben. Lösungen sind möglich, aber unsere Gesellschaft muss die richtigen Entscheidungen treffen. Unsere Branche bietet solche Lösungen. Die Bahn hat praktisch keine Auswirkungen auf das Klima und ist, was den Energieverbrauch angeht, vier- bis fünfmal effizienter als das Auto. Bahnstrom ist zu über 90 % erneuerbar.

Was die Busse angeht, sind die zahlreichen Ankündigungen, bis 2030 oder 2040 auf vollelektrische Busse umzusteigen, das richtige Zeichen. Auf dem Papier haben es die neuen Generationen von Elektrofahrzeugen in der Hand, die Treibhausgasemissionen zu senken. Der Übergang vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb wirft jedoch mindestens zwei Probleme auf, die oft wenig beachtet werden.

Vorgelagerte Umweltauswirkungen

Das erste Problem ist, dass der Busbetrieb zwar kein umweltschädliches C0₂ oder krebserregenden Feinstaub wie beim Diesel mehr freisetzt, die Herstellung von Elektrofahrzeugen jedoch zu einem grossen Ausstoss von Treibhausgasen führt und eine sehr grosse Menge an Metallen verbraucht: Lithium, seltene Erden, Aluminium, Kupfer, Kobalt usw. Die «grünen Technologien» beruhen zu einem grossen Teil auf der Bergbauindustrie, die ihrerseits als die umweltschädlichste der Welt gilt. Von der Herstellung der Batterien und ihrer Lebensdauer über die Herkunft des Stroms, mit dem sie aufgeladen werden, bis hin zum Zustrom umweltschädlicher Gebrauchtwagen in arme Länder – die Umweltfreundlichkeit von Elektrofahrzeugen ist damit noch längst nicht garantiert. Die Massenproduktion von Batterien führt nämlich zu neuen Umweltbelastungen. Ganze Regionen – Bolivien, Chile, China oder die Demokratische Republik Kongo – werden durch den Tagebau verwüstet und leiden unter Wassermangel. Und von der Abhängigkeit vom Öl wechseln wir zur Abhängigkeit von seltenen Metallen und Mineralien.

Ausbildung in den Werkstätten

Das zweite Problem ist die Situation in den Werkstätten der Transportunternehmungen. Wenn sich die Unternehmen auf den Kaufpreis von Elektrobussen, die teurer sind als die bisherigen Dieselbusse, und auf die Infrastrukturkosten (Ladestationen, Depotausrüstung usw.) konzentrieren, könnte es sein, dass sie die Auswirkungen auf das Werkstattpersonal vergessen. Eine ganze Generation unserer Kolleginnen und Kollegen, die für die Reparatur mechanischer Störungen ausgebildet wurde, muss sich neu für elektronische Störungen schulen lassen. Diese neu erforderlichen Fähigkeiten benötigen Zeit für Aus- und Weiterbildung und müssen auch in den Berufsbildern und bei der Entlöhnung nachvollzogen werden. Viele Fragen sind noch offen und müssen in den nächsten Monaten geklärt werden.

Die Versuchung könnte gross sein, diese neuen Dienstleistungen auszulagern. Technisch gesehen erscheint es allerdings schwierig, die Elektrobusse zu den Reparaturwerkstätten von Hess, Solaris oder Mercedes in der Schweiz, Polen oder Deutschland zu transportieren. Der SEV setzt sich dafür ein, Reparatur und Instandhaltung in den Depots der Verkehrsbetriebe zu belassen. Erste eher beruhigende Rückmeldungen haben wir von den TPF und TransN erhalten: Die Unternehmen, welche die E-Busse liefern, schulen unsere Kolleginnen und Kollegen in der Reparatur und Wartung der neuen Busse.

Yves Sancey