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Sektionskonferenzen

Optimismus nach der Krise

Nach der pandemiebedingten Pause von 2021 hat der SEV Anfang Februar wieder erste Sektionskonferenzen durchgeführt. Den Auftakt machte die Sektionskonferenz Zürich am 3. Februar. Am 7. Februar folgte die Konferenz Bern. Beide Konferenzen wurden online durchgeführt.

«Lieber die diesjährigen Sektionskonferenzen online durchführen als gar nicht», erklärt Regula Pauli vom Zentralsekretariat bei der Begrüssung. Rund 40 Personen nehmen an der Sektionskonferenz Zürich teil. Zu Beginn erhalten die Vertreterinnen und Vertreter des Zentralsekretariats das Wort und berichten über die Ziele des SEV im Jahr 2022. Ein besonderes Augenmerk gilt dem SEV-Kongress am 27. Oktober, für den die Vorbereitungen schon jetzt begonnen haben.

Ein wichtiger Bestandteil des Kongresses wird die Festlegung der Verkehrspolitik für die nächsten Jahre sein. Dazu führt Daniela Lehmann, Koordinatorin Verkehrspolitik des SEV aus: «Der SEV kann stolz darauf sein, dass der Bundesrat ihm in den letzten Jahren in vielen Punkten gefolgt ist.» Dass im öffentlichen Verkehr Kooperation im Vordergrund stehen muss, statt Wettbewerb, habe auch die aktuelle Coronakrise deutlich gemacht. Reines Profitdenken hätte nicht geholfen, den Betrieb des öffentlichen Verkehrs derart reibungslos aufrecht zu erhalten. Daniela Lehmann rechnet damit, dass schon bald wieder Angriffe von rechts auf die öffentlichen Dienstleistungen kommen könnten, sobald die Krise vorbei ist: «Dann müssen wir die Leute daran erinnern, dass nur dank dem starken Service public gewährleistet werden konnte, dass das öffentliche Leben trotz Krise relativ gut weiterfunktioniert hat.» Auch beim Klimawandel ist mittlerweile fast allen klar geworden, dass der öV Teil der Lösung ist. Auch da ist die Politik gefordert, die geeigneten Rahmenbedingungen zu stellen, zum Beispiel bei der Verlagerung der Güter von der Strasse auf die Schiene. SEV-Präsident Giorgio Tuti ergänzt, dass auch auf europäischer Ebene ähnliche Themen wie in der Schweiz im Vordergrund stehen: Kampf gegen Privatisierung und für bessere Arbeitsbedingungen beim Personal des öffentlichen Verkehrs. «Das Personal hat während der Krise starke Leistungen erbracht; das muss belohnt und nicht mit Sparmassnahmen bestraft werden.»

Politisch steht das Jahr 2022 neben der Verkehrspolitik ganz im Zeichen der Sozialpolitik. Einerseits werden im Moment Unterschriften gegen AHV 21 gesammelt, und dank dem grossen Engagement der Gewerkschaften dürften die nötigen Unterschriften schon in Kürze eingereicht werden. «Es geht nicht nur um die Erhöhung des Frauenrentenalters, sondern generell darum, ein Zeichen gegen den Sozialabbau zu setzen, den gewisse Kreise planen», betont Giorgio Tuti. Ende Jahr oder spätestens im Frühling 2023 soll über die gewerkschaftliche Initiative für eine 13. AHV-Rente abgestimmt werden. Ausserdem haben die Gewerkschaften gerade eine weitere Initiative lanciert, welche fordert, einen Teil der Nationalbank-Milliardengewinne der AHV zuzuführen. «Wenn man die Riesengewinne der Schweizerischen Nationalbank vor Augen sieht, erkennt man ganz klar auch eine Perspektive für die Verbesserung der AHV», führt der SEV-Präsident weiter aus.

SEV-Vizepräsident Christian Fankhauser und SEV-Vizepräsidentin Valérie Solano erklären, welche gewerkschaftlichen Kämpfe in nächster Zeit auf dem Programm stehen. Auch hier ist die Rentenfrage wichtig. So sollen die Arbeitnehmendenvertretungen in den Pensionskassen gestärkt und die Umwandlungssätze der Kassen nicht gesenkt werden. «Auch bei den KTU sollen vermehrt Modelle für die frühzeitige Pensionierung entwickelt werden», betont Christian Fankhauser. Ausserdem brauche es Branchenlösungen für Menschen, die umgeschult werden müssen, weil sie ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausführen können. Valérie Solano berichtet über die Fortsetzung der erfolgreichen GAV-Politik des SEV und bemerkt selbstkritisch: «Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen weiterkämpfen.» So sollen auch bei temporär Angestellten bessere Anstellungsbedingungen ausgehandelt werden.

Besonders stolz ist der SEV darauf, dass letztes Jahr 1618 Neumitglieder geworben werden konnten, die höchste Zahl seit 2014. Die Ziele bei der Mitgliederwerbung sind hochgesteckt: Dieses Jahr sollen es 2000 Neumitglieder werden. Ausserdem soll in den nächsten Jahren eine Verjüngung stattfinden.

Die Mitgliederwerbung ist denn auch ein grosses Thema bei den verschiedenen Sektionen. Einige erzählen, dass die Werbebudgets im letzten Jahr wegen Corona nicht ausgeschöpft werden konnten. Zahlreiche Werbeaktionen und Veranstaltungen mussten auf Eis gelegt werden. Umso grösser ist der Optimismus, dass die Krise bald vorbei ist und die Sektionen wieder viel Energie in die Mitgliederwerbung stecken können. «Präsenz in der Fläche ist enorm wichtig», betont Stefan Bruderer von der LPV-Sektion Zürich und erzählt, dass der SEV im Vergleich zu anderen Gewerkschaften in dieser Beziehung einen sehr guten Job mache. Fast alle Sektionen berichten über stabile Verhältnisse bei den Mitgliederzahlen. Bei einigen besteht ein Potenzial für Wachstum, beispielsweise bei Aargau Verkehr, wo dank der neuen Limmattalbahn das Lokpersonal um 30 Personen aufgestockt wird. Bei den meisten Betrieben dürfen sich die Gewerkschaften denn auch präsentieren und offen werben. Allerdings gibt es auch schwarze Schafe, die der gewerkschaftlichen Organisation Steine in den Weg legen.

Am Schluss der Sektionskonferenz Zürich berichtet die Gleichstellungsbeauftragte Lucie Waser über geplante Aktionen der SEV-Frauenkommission (z. B. am 8. März) und diverse Bildungsveranstaltungen (z. B. Bildungstagung am 18. November). Anschliessend macht das SEV-Regionalsekretariat Zürich einen Ausblick zu verschiedenen Veranstaltungen im 2022, darunter vier Werbewochen (7. bis 13. März, 20. bis 24. Juni, 12. bis 16. September und 28. November bis 2. Dezember), ein Peko-Vernetzungstreffen am 28. März zum Thema «Whistleblowing», der 1. Mai-Umzug in Zürich zum Thema «Mindestlohn» und ein Sektionsapéro am 2. Juni.

Kein Apéro gibt es zum Abschluss der Sektionskonferenz. Regula Pauli gibt sich bei den Abschiedsworten jedoch optimistisch: «Das war die erste online durchgeführte Sektionskonferenz … und hoffentlich auch die letzte. Nächstes Jahr wollen wir wieder mit euch allen anstossen.»

Michael Spahr
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Sektionskonferenz Bern

In Bern finden am 7. Februar rund 40 Personen zur Online-Sektionskonferenz zusammen. Wie in der Sektionskonferenz Zürich stehen auch hier die politischen Themen und die Mitgliederwerbung im Fokus. Die SEV-Werbeverantwortliche Sandra Ritz betont, dass Mitgliederwerbung immer alle angehe, die vom SEV überzeugt und darum auch Mitglied sind. Die neue Werbestrategie basiert auf dem Fundament der gewerkschaftlichen Arbeit und beinhaltet die drei Säulen Top-Werber:innen, Unterverbände und Sektionen sowie Gewerkschaftssekretär:innen (siehe Grafik). Das Top-Werber-Programm wird weiter ausgebaut, denn das Prinzip «Mitglied wirbt Mitglied» hat sich bewährt. Ausserdem findet am 7. März eine Refresher-Schulung für Interessierte statt.

Ein wichtiges Thema, das im Zusammenhang mit Mitgliederwerbung auch aus den Sektionen genannt wird, ist die Pensionierung. Dem SEV muss es gelingen, insbesondere die bald in Pension tretenden «Baby-Boomer» bereits in der Aktiven-Sektion anzusprechen und sie zum Verbleib im SEV zu bewegen. Hier gilt es anzumerken, dass der Berufs- und der Multirechtsschutz auch nach dem Erwerbsleben wichtig bleiben.

Ein weiteres Thema aus den Sektionen ist die Besetzung und Verjüngung der Vorstände; Ein oft schwieriges Unterfangen. Fabio Morandi aus der Jugendkommission ruft dazu auf, junge Leute aus den Unterverbänden anzusprechen und für die Jugendkommission zu gewinnen, denn insbesondere aus dem LPV und dem Bau fehlen Vertreter:innen. Chantal Fischer