| Aktuell / SEV Zeitung, SBB Sparmassnahmen

Sparmassnahmen der SBB

Berufsinvalidität, eine Anleitung

Die Abschaffung der Berufsinvalidität ist eine der drei Sparmassnahmen, die die SBB auf dem Buckel des Personals plant. Der Grundsatz der Berufsinvalidität ist im Gesamtarbeitsvertrag enthalten, aber ihre Umsetzung ist in einer Vereinbarung zwischen der SBB und der Pensionskasse geregelt. Die Abschaffung der Berufsinvalidität würde gemäss SBB jährlich Einsparungen von rund 8 Millionen Franken einbringen. Worum geht es genau?

Am 22. November 2016 waren über 300 SEV-Mitglieder am SBB-Sitz in Bern-Wankdorf, um die Berufsinvalidität und die Risikobeiträge zu verteidigen. © SEV / Jörg Matter

«Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBB sind bei der Pensionskasse SBB gegen Berufsinvalidität versichert. Berufsinvalidität liegt vor, wenn der/die aktive Versicherte aus gesundheitlichen Gründen für die bisherige oder für eine andere zumutbare Beschäftigung nicht mehr tauglich ist und keinen Anspruch auf eine ganze Rente der IV hat. Berufsinvalidität bedeutet 60 Prozent des versicherten Lohns bis zum Erreichen des Rentenalters. Es kommt eine AHV-Überbrückungsrente von 90 Prozent der AHV-Maximalrente hinzu», erläutert Vincent Brodard vom SEV-Rechtsdienst.

Nicht alle haben darauf Anspruch. Der Weg dorthin ist lang. Die betroffene Person durchläuft zuerst während zwei Jahren die Phase der beruflichen Wiedereingliederung der SBB. Wenn keine Anstellung möglich ist, folgt die Berufsinvalidität, wenn die Person über 50 Jahre alt ist und 10 Jahre Beiträge in die Pensionskasse einbezahlt hat. «Die Berufsinvalidität ist gedacht als Lösung für Personen, die einen Monopolberuf ausüben und deren Wiedereingliederung ins Berufsleben sehr, sehr schwierig bis unmöglich ist. Mit der Abschaffung der Berufsinvalidität führt die SBB Menschen ins Armutsrisiko, die praktisch keine Aussicht auf eine neue Stelle haben. Ihre Perspektive ist erst die Arbeitslosigkeit, danach die Sozialhilfe», kritisiert Valérie Solano, Vizepräsidentin des SEV. «Diese Haltung ist sozial unverträglich für ein Unternehmen, das vom Bund abhängig ist. Am Schluss zahlt auf jeden Fall der Steuerzahler. Die betroffene Person wird in einer prekären Situation leben. Das ist umso heikler, als die SBB die Möglichkeiten der Reintegration laufend reduziert und Integrationsstellen abgebaut hat.»

Mobilisierung im 2016

Nicht zu vergessen ist, dass die Vereinbarung zur Berufsinvalidität bereits auf Ende 2016 gekündigt worden war. «Damals wurden die Risikoprämien von 2 % bei der Pensionskasse noch vollständig von der SBB getragen. Mit der Kündigung der Vereinbarung wollte die SBB eine Beteiligung der Beschäftigten erreichen. Das war der Deal, der Ende 2016 ausgehandelt wurde, nachdem der SEV mit einer Mobilisierung 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor den SBB-Hauptsitz in Bern-Wankdorf gebracht hatte: Die Berufsinvalidität wurde um sechs Jahre bis Ende 2022 verlängert. Seither bezahlt das Personal einen Viertel der Risikoprämien (0,5 % des Bruttolohns)», erläutert Franziska Schneider, Leiterin des SEV-Rechtsdienstes und Mitglied des Stiftungsrats der SBB-Pensionskasse. Nun greift die SBB zudem auch die Risikoprämien an. Nachdem sie diese bis 2016 vollständig bezahlt hat und seither zu ¾, will die SBB, dass die Prämien ab 2023 paritätisch bezahlt werden. Die dritte Massnahme betrifft die Beiträge an die Krankheitskosten, die von 1,2 % auf 1,7 % steigen sollen.

«Wir haben es schon gesagt und wir sagen es immer wieder: Diese Massnahmen sind ein Angriff auf die Kaufkraft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch auf den Schutz der Schwächsten unter ihnen», betont Valérie Solano. «Die Reaktionen, die wir vom Personal erhalten haben, sind alle gleich. Die Wut wächst und das Unternehmen bringt seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen sich auf, nachdem es eben erst noch beteuert hat, dass ‹das Glück der Mitarbeitenden das Glück der Reisenden ausmacht›. In den nächsten Wochen werden wir unsere Basis befragen um festzulegen, wie wir auf diese Angriffe reagieren werden.»

Vivian Bologna / Übersetzung: Peter Moor
Enable JavaScript to view protected content.

Werbekampagne 2022

2022 will sich der SEV bei den Neueintritten gegenüber 2021 nochmals steigern. Zu den Massnahmen, die dazu beitragen sollen, gehören die Stärkung des Netzes der besten Werberinnen und Werber sowie zahlenmässig definierte Ziele für die Unterverbände.

Die Sparmassnahmen der SBB (siehe nebenstehenden Text) und die Reaktionen, die wir darauf zeigen werden, sind eine gute Gelegenheit, um Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht Mitglied des SEV sind, vom Beitritt zu überzeugen. Starkes gemeinsames Handeln ist entscheidend.

Unabhängig von der Aktualität hatte der SEV bereits früher entschieden, eine Werbekampagne bei der SBB durchzuführen, mit Beginn im Juni in der Deutschschweiz.

Für diese Kampagne haben die Unterverbände je einen Botschafter oder eine Botschafterin ausgewählt, die in wenigen Worten erklären, aus welchen Gründen sie dem SEV beigetreten sind. Sowohl auf dem Flyer als auch im Video sind diese Aussagen ein bemerkenswertes Beispiel für ihr starkes gewerkschaftliches Engagement. «Die Botschaften und die ausgewählten Persönlichkeiten sollen Nichtmitglieder vom Beitritt überzeugen», betont Sandra Ritz, Werbeverantwortliche des SEV. «Ich freue mich auf das Resultat dieser Kampagne, die durch zahlreiche Auftritte vor Ort und in unsern verschiedenen Kommunikationskanälen unterstützt wird.»

Die Kampagnen in der Westschweiz und im Tessin sind für September geplant.