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Freihandelsabkommen mit Indonesien

Der bittere Geschmack des Palmöls

«Stop Palmöl»: Mit diesem Slogan haben im Januar der unabhängige Winzer Willy Cretegny aus Satigny (GE) und die Bauerngewerkschaft Uniterre zusammen mit Klimaschutz- und Menschenrechtsorganisationen das Referendum gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien lanciert.

Indonesien hat das Abkommen im November 2018 mit der Europäischen Freihandelsorganisation EFTA, bestehend aus der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein, abgeschlossen. Und das Schweizer Parlament hat es am 20. Dezember 2019 mit grosser Mehrheit gutgeheissen. Ausschlaggebend war das Argument, dass Indonesien für die Schweiz ein potenziell wichtiger Handelspartner sei, da in Südostasien ein grosses Wirtschaftswachstum zu erwarten sei.

Die Appelle zahlreicher Organisationen der Zivilgesellschaft und Landwirtschaft haben nichts genützt. Die Linke beantragte in der Parlamentsdebatte vergeblich, zusätzliche Bestimmungen zur Nachhaltigkeit in den Beschlusstext aufzunehmen. Chancenlos waren auch Standesinitiativen der Kantone Jura, Freiburg und Bern für eine Ausklammerung des Palmöls aus dem Abkommen. Und Bauernvertreter warnten, dass zusätzliches billiges Palmöl aus Indonesien das einheimische Raps- und Sonnenblumenöl konkurrenzieren werde.

Für das Referendumskomitee «Stop Palmöl aus Indonesien» ist klar: Das Ja zu diesem Abkommen ist unverantwortlich und steht im Widerspruch zu der in der Verfassung verankerten Verpflichtung des Landes zu nachhaltigem Handel. Willy Cretegny wählte an der Pressekonferenz vom 27. Januar in Bern deutliche Worte: «11000 Kilometer von hier entfernt steht dieses Abkommen für die Propaganda der Ölpalmen-Monokultur, die Zerstörung des Tropenwaldes, Kinder- und Zwangsarbeit, hochgiftige Pestizide und die Vertreibung der indigenen Völker.»

Für die Sprecherin der Klimastreikbewegung, Michelle Reichelt, zeigt das mit Indonesien abgeschlossene Abkommen, «inwieweit der Bundesrat die Klimakrise nicht ernst nimmt». Sie prangerte weiter an, dass «ein Viertel eines der reichsten Gebiete des feuchten tropischen Regenwaldes verschwunden ist, um Platz für die Palmölproduktion zu schaffen. Durch die Abholzung sind nicht nur Tiere wie Orang-Utans, Waldelefanten und Tiger vom Aussterben bedroht, sondern die brennende Asche auf torfhaltigen Böden setzt zudem eine besonders grosse Menge Kohlendioxid und Methan aus dem Untergrund in die Atmosphäre frei. Damit gehört Indonesien zu den Ländern mit dem weltweit grössten CO₂-Ausstoss.»

In den letzten Jahrzehnten haben die Ausbeutung der fossilen und mineralischen Ressourcen, der Raubbau an den Wäldern für die Zellstoffindustrie und vor allem die verheerenden Auswirkungen der Urbanisierung und der Palmölplantagen den grössten Teil der Fläche Indonesiens irreversibel geschädigt. Ein FAO-Bericht über die Entwaldung in dem südostasiatischen Land zeigt, dass zwischen 1990 und 2011 jedes Jahr mehr als 1 Million Hektar Wald verloren gingen. Die wenigen verbliebenen grünen Oasen sind oft zu klein und zu isoliert, um das Überleben der verbliebenen Tierarten zu sichern. Ein weiterer Sonderbericht des WWF über Investitionen ausländischer Fonds in die Zellulose- und Ölpalmenplantagen zeigt, wie Bundesgelder in Pensionskassen und Investmentfonds flossen, von Schweizer Banken investiert wurden und so diese Umweltkatastrophe mitverursacht haben. Wenn die Schweiz die weltweite Umweltzerstörung bekämpfen will, statt selber dazu beizutragen, muss sie sich der Auswirkungen bewusst sein, die ein solches Abkommen im globalen Kontext hat.

Das Referendumskomitee sprach auch das Problem der Aneignung von Land durch grosse Palmölunternehmen auf Kosten der traditionellen Bauern an, die von ihrem Land vertrieben werden und die Zwangsmigration anschwellen lassen. Bereits vor einiger Zeit, im Jahr 2014, hatte die NGO Alliance Sud die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indonesiens Nachbarland Malaysia kritisiert. In ihrer damaligen fundierten Publikation zum Thema schrieb Bala Chelliah, Vertreter der malaiischen NGO Suaram in Genf: «Bis 2020 will Malaysia zu den Industrieländern gehören. Es hat viele Fortschritte erzielt, aber im Bereich der Menschenrechte, der Urbevölkerung und der Minderheiten gibt es noch sehr viel aufzuholen.» Chelliah verweist auch auf die 1971 lancierte Neue Wirtschaftspolitik, die explizit die ethnischen Malaien fördert und mit den Jahren zu einem Instrument der Diskriminierung der china- und indienstämmigen Bevölkerung Malaysias geworden ist. Für Chelliah werden nicht die einfachen Leute von diesem Abkommen profitieren, sondern die Eliten, also Malaien und deren Verbündete, die an der Macht sind und die Unternehmen besitzen. Auf offenen Märkten werden die Malaien bevorzugt, die Investitionen werden zu ihren Gunsten getätigt. «Auch die Schweizer Unternehmen werden diskriminiert werden.»

Rudi Berli, Präsident von Uniterre Genève und Gemüsebauer, erinnerte daran, dass die Schweiz bei Ölsaaten einen Selbstversorgungsgrad von 35% hat und dass es sowohl ökologisch als auch ökonomisch Sinn macht, dieses Niveau der nationalen Produktion beizubehalten. Während bei den Speiseölimporten in die Schweiz das Palmöl bisher mit 32000 Tonnen den zweiten Platz einnahm, gewährt das unterzeichnete Abkommen neu Zollermässigungen für 22500 Tonnen indonesisches Palmöl. «Das Palmöl hat seinen Marktanteil in den letzten 20 Jahren auf Kosten des Sonnenblumenöls steigern können, weil es billiger ist. Die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie will Rohstoffe so frei und preisgünstig wie möglich beschaffen.»

Françoise Gehring mit Agenturen und Alliance Sud;
Übersetzung: Markus Fischer