Fanzüge: Transportpolizei bleibt wichtig
Die SBB will ihre Transportpolizei (TPO) generell aus den Extrazügen für Fussballfans abziehen. Das finden nicht alle Clubs und betroffenen Zugbegleiter/innen eine gute Idee, da TPO-Leute auf dem Zug wichtige Sicherheitsfunktionen wahrnehmen.
«Nach intensiven Verhandlungen haben wir erreicht, dass die TPO nur noch zwei Clubs (FCZ und St. Gallen) begleiten muss», zitiert die «Berner Zeitung» vom 8. September aus dem Protokoll eines TPO-Offiziersrapports vom 26. Juli. Laut dem Protokoll melden sich für die Fanzüge zu wenig Freiwillige. «Hauptgründe sind der undankbare Job, die Rechte können nicht durchgesetzt werden, die fehlende Bewaffnung etc.» Auch die langen Arbeitszeiten an Abenden und Wochenenden und die aggressiven Fans machten die Einsätze unbeliebt, zitiert die BZ einen «Insider».
Fanarbeit statt «Repression»senkt Kosten für SBB
SBB-Sprecher Christian Ginsig erklärte der BZ, es gehe vor allem darum, «den Personalaufwand für Fussball-Extrazüge möglichst gering zu halten». Zudem zeigten die langjährigen Erfahrungen mit repressiven Massnahmen, dass es andere Modelle für die Fanbegleitung brauche. Fanorganisationen müssten stärker eingebunden werden und Verantwortung übernehmen. Die frei werdenden Transportpolizisten könnten besser zur Erhöhung der Sicherheit an den Abfahrts- und Ankunftsbahnhöfen eingesetzt werden. Was Ginsig nicht sagt: Die TPO verwendet ihre Leute auch lieber für lukrativere Einsätze, zum Beispiel für den Zürcher Verkehrsverbund oder die Genfer Verkehrsbetriebe.
Schon seit einigen Jahren fahren YB-Fanzüge ohne TPO und dafür mit 10 bis 15 Fanbetreuern zusätzlich zu den Zugbegleitern. Seit November 2015 gilt dies auch für die FCB-Fanzüge. Nun hat die SBB mit weiteren Clubs vereinbart, dass sie neben dem Zug- und Lokpersonal keine TPO-Leute mehr stellt und stattdessen Fanarbeiter in den Zügen Begleitungs- und Reinigungsaufgaben übernehmen.
«Fanarbeit statt Repression» tönt gut, doch von Repression konnte eigentlich längst keine Rede mehr sein, hat doch die TPO die Anzahl Polizisten pro Zug von 10 bis 12 im Jahr 2012 schrittweise auf noch 2 bis 3 gesenkt. Diese hätten gegen bis zu 700 Fans im Zug «nichts mehr zu melden», so die BZ.
Skepsis bei manchen Clubsund Zugbegleitern
Kann der Rückzug der TPO nicht auch als Kapitulation verstanden werden? Gerade von gewaltbereiten Fans wie jenen, die im Mai TPO- und Zugbegleiter samt Lokführer aus einem GC-Fanzug jagten? Fanclubs stellten gegenüber der BZ klar, dass der Abzug der TPO nicht ihr Wunsch gewesen sei: Die Initiative sei von der TPO-Leitung ausgegangen. Der FC St. Gallen konnte die TPO in «nicht einfachen, konstruktiven Verhandlungen» überzeugen, die Züge weiter zu begleiten. Es brauche geschultes Personal, das sich im Zug auskenne und auch Erste Hilfe leisten könne, sagte der Sicherheitsverantwortliche gegenüber der BZ. Die Züge würden nun von TPO-Leuten begleitet, «die gerne und gut mit Jugendlichen arbeiten können».
«Ein guter Bezug zu den Fans und hohe Sozialkompetenz sind nicht nur für die Transportpolizist/innen wichtig, sondern auch für das Zug- und Lokpersonal», sagt Ruedi Baumann, Vizepräsident ZPV Säntis Bodensee, der Fanzüge des FC St. Gallen begleitet. «Es sollten auch immer etwa die gleichen Leute sein, damit sie zu den Fanverantwortlichen ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Die Präsenz der TPO ist wichtig, weil sie die Ausbildung und Befugnisse eines Polizeiorgans hat, wenn es etwa darum geht, die Fans vom Verlassen des Zugs abzuhalten. Die TPO hat auch direkten Kontakt zu den Fanspezialisten der Kantonspolizei und kann zum Beispiel die Anwesenheit von Risikofans beurteilen. All das können Fanarbeiter nicht leisten.»
Für Gewerkschaftssekretär Jürg Hurni bleibt die SBB auf jeden Fall verantwortlich für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden: «Die Transportpolizei muss genügend Personal haben, um notfalls beim Zug einzugreifen.»
Markus Fischer