Gesundheitsschutz
Gute Verpflegung ist wichtig
Sparen bei der Personalverpflegung schadet der Personalgesundheit. Die Arbeitnehmenden tragen hier aber auch Selbstverantwortung. Und individuelle Bedürfnisse müssen möglichst berücksichtigt werden.
Der SEV sucht mit den Arbeitgebern aktiv nach einer rasch umsetzbaren Lösung im Bereich der Verpflegung für die in diversen Schichten arbeitenden Mitarbeitenden – wo es diese noch nicht gibt. Dies soll unter dem expliziten Augenmerk geschehen, dass besagte Verpflegungsmöglichkeiten jederzeit zur Verfügung stehen und nicht nur von 7.00 bis 20.00 Uhr.» Dies fordert der Kongressantrag K15.004 «Ernährung und Verpflegung für Mitarbeitende im Schichtbetrieb» der Frauenkommission SEV, den der SEV-Kongress im letzten Mai verabschiedet hat.
Die Begründung weist auf ein konkretes Problem hin: «An vielen Pausenorten der Mitarbeitenden fehlen heute Arbeitskantinen, und die Leute werden auf Restaurants oder das Lebensmittelgeschäft verwiesen. Dieses Angebot mag ja gut sein in Phasen der allgemeinen Öffnungszeiten solcher Betriebe, verfehlt aber seine Wirkung bei allen Mitarbeitenden, die ausserhalb dieser Öffnungszeiten essen müssen oder am ‹Wirtesonntag› vor verschlossenen Türen stehen.»
Gesucht: passende individuelle Lösungen je nach Standort
Weil die Bedürfnisse und Gewohnheiten je nach Ort «sehr heterogen» seien, sei «keine Pauschallösung» möglich, sondern es brauche «Lösungen, die durch direkt Betroffene mitbestimmt werden und an die individuellen Ortsbedingungen angepasst und für alle finanzierbar sind», führt die Begründung weiter aus.
Der Vorstand SEV stellte sich am Kongress hinter den Antrag, wobei er anmerkte: «Im Grundsatz sind die Personalkommissionen in dieser Frage zuständig.» kontakt.sev fragte daher nicht nur bei der Frauenkommission, sondern auch bei den Personalkommissionen (Peko) nach, wie sie die Verpflegung der Schichtarbeiter/innen bei der SBB verbessern und Verschlechterungen bestehender guter Infrastruktur entgegenwirken wollen.
Beim Nötigsten beginnen
«Wir fordern keine Luxuslösung», betont die für die Frauenkommission zuständige Gewerkschaftssekretärin Lucie Waser. «Erste Priorität haben Verbesserungen dort, wo es für fahrendes Personal gar kein Verpflegungsangebot gibt und vielleicht nicht mal ein Pausenlokal.» Davon ist z. B. das Cargo-Lokpersonal an gewissen Destinationen betroffen – siehe Box. Zweitens denkt Lucie Waser an Verbesserungen, die an vielen Orten schon mit relativ wenig Aufwand möglich wären.
Selecta-Angebot verbessern
Beispielsweise was die Selecta-Automaten in den Pausenräumen betrifft, sollten die Auffüllprobleme lösbar sein, findet Lucie Waser. Und die Inhalte sollten besser auf die Bedürfnisse und Geschmäcker abgestimmt werden. «Zum Beispiel sollte auch etwas für Vegetarier/innen angeboten werden.»Das Selecta-Angebot ist auch für die Bieler Zugbegleiterin Janine Truttmann ein Thema: «Es ist etwa in Lausanne oder Biel nicht so vielfältig wie in Genf oder St. Gallen. Es gibt nicht überall Fertigmenüs wie Älplermagronen zum Aufwärmen. Generell würde ich mir noch mehr Salate wünschen, z. B. mit Mozzarella oder Cäsarsalat.» Andrea-Ursula Leuzinger, Personenverkehr-Lokführerin in Zürich, findet ebenfalls, das Angebot sei oft allzu dürftig. Persönlich verträgt sie die Fertigmenüs und Sandwiches wegen der Saucen nicht besonders gut. In Zürich sei das Auffüllproblem an den Wochenenden eine Zeit lang besonders akut gewesen, doch habe das vor einem Jahr gebessert, wohl dank einer Intervention der Peko. Manchmal gingen die Sandwiches aber weiterhin aus (siehe Foto), und Defekte würden nicht immer behoben.
In der Tat habe die Peko vor einem Jahr aufgrund der Reklamationen bei Selecta interveniert, bestätigt Ruedi Baumann, Leiter der Fachgruppe Soziales der Peko Personenverkehr. Vor allem vor Festtagen würden die Automaten nun besser aufgefüllt, und es habe kaum mehr Reklamationen gegeben. Man könne und solle Defekte rund um die Uhr bei der entsprechenden Selecta-Telefonnummer melden, diese müssten auch am Wochenende repariert werden, das garantiere der Vertrag von Selecta mit der SBB. Bei dessen Neuaushandlung vor zwei Jahren (mit Mitsprache der Peko) seien zusätzlich 180 Wasserspender herausgeholt worden. Bei diesen scheint der Service aber auch nicht immer zu klappen, wie kontakt.sev hörte. Generell solle man es der Peko melden, wenn der Service zu wünschen übrig lässt.
Selecta habe Versuche mit mehr Salaten, Äpfeln und Fertigmenüs gemacht, sei aber offenbar an gewissen Standorten auf der verderblichen Ware sitzen geblieben, sagt Thomas Walter, Präsident Peko Fläche Verkehrsmanagement (P-VM). Die Peko sei stets offen für Anregungen.
Sparen bei den Kantinen
Alle Interviewten bedauerten, dass in den letzten Jahren manche Kantinen (die zum Teil auch die Post finanzierte) geschlossen wurden, wie in Biel, Chiasso, Chur, Romanshorn oder Winterthur, was mit dem dortigen Personalabbau zu tun hat. Alle würden sich zumindest an grossen Standorten Kantinen wünschen, die von früh bis spät offen sind wie in Zürich oder Erstfeld. Doch die SBB will für die Personalverpflegung nicht mehr ausgeben und pocht deshalb auf Wirtschaftlichkeit. Das wirkt sich auch auf die Öffnungszeiten der verbliebenen Kantinen aus.
Darum suchen die Peko an den einzelnen Standorten auch nach Kooperationen mit Gastrobetrieben in oder bei Bahnhöfen, die vergünstigte Menüs anbieten (z. B. Bahnhofbuffets in Basel oder Winterthur) und wenn möglich reservierte Sitzplätze (z. B. in Brig). Die SBB will nur offizielle Verträge breit kommunizieren, sodass man zurzeit von den informelleren Abmachungen eher zufällig erfährt.
Pausenräume wichtig
Beide Frauenkommissionsmitglieder betonen die Bedeutung rasch erreichbarer, angenehmer Pausenräume mit Mikrowellen-Wärmeöfen usw., wo man in den oft knapp bemessenen Pausen in Ruhe essen und sich vom «Rummel» der Menschenmassen (Zugpersonal) erholen kann. Dorthin, wo Selecta nichts bietet, nehmen sie eigene, ausgewogene Picknicks mit – vor allem, wenn Pausen ausserhalb der Öffnungszeiten von Läden und Restaurants liegen.
Markus Fischer
Fehlende Pausenräume für Cargo-Lokpersonal
Mancherorts, wo Cargo-Lokführer Pause machen, gibt es keine Pausen- räume, z. B. in Rothenburg LU. Dort ist das nächste Restaurant 1,5 km entfernt und öffnet um 8 Uhr, zu spät für Pausen zwischen 5 und 6 Uhr. Also isst man meist auf der Lok. In Mellingen AG braucht man etwa 15 Minuten bis zur Toilette der Coop-Pronto-Tankstelle, die Bahnhoftoilette ist geschlossen. Art. 32 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz schreibt Toiletten bei den Arbeitsplätzen und Pausenräumen vor, und Art. 33 «zweckmässige, ruhige und möglichst natürlich beleuchtete Ess- und Aufenthaltsgelegenheiten». Art. 46 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz verlangt vom Arbeitgeber, dass er bei Nachtarbeit Kochgelegenheiten für die Zubereitung warmer Mahlzeiten in einem geeigneten Raum bereitstellt oder warme Mahlzeiten abgibt. Laut den BAR Cargo dürfen Pausen nur eingeteilt werden, wenn man für eine Erfrischung in der nächsten Essgelegenheit effektiv mindestens 30 Minuten Zeit hat. Fi