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SBB-Billettschalter in Genf

Smileys als Kundenfeedback? Eine sehr oberflächliche Statistik

An den Schaltern des Bahnhofs Genf Cornavin kann die Kundschaft die Qualität des «Gesprächs» benoten, indem sie auf den grünen, gelben oder roten Knopf drückt. Die Chefs sind begeistert, die Kolleg/innen weniger …

«Sind Sie zufrieden mit diesem Gespräch? Stimmen Sie ab», heisst es am Gerät mit drei Knöpfen: einem grünen Smiley, einem gelben, mittelmässig zufriedenen Gesicht und einem roten Emoticon, das Enttäuschung oder gar Zorn ausdrückt. Offizielles Ziel dieser neusten Erfindung der Leitung des Genfer Verkaufspersonals ist, «ein direktes Feedback der Kundschaft zu erhalten». Letztere soll nach dem Gespräch mit dem Schalterpersonal dessen Dienstleistung beurteilen. Welcher Knopf gedrückt wird, bleibt den Beurteilten aber verborgen. Auf das direkte Kundenfeedback kann das Personal somit in keiner Weise reagieren.

«Wenn Mitarbeitende merken, dass Kund/innen unzufrieden sind, sollen sie nach den Gründen fragen», erklärte einer der Chefs am 12. Januar gegenüber kontakt.sev. Das Feedback sei nicht individueller, sondern globaler Natur, «und die Werte sind bisher wirklich sehr gut. Bis anhin hatten wir Zahlen vom Kundendienst in Bern, die aber zu wenig präzis waren.»

Trotzdem bleibt ein grosser Vorbehalt: Wie soll man auf negative Kundenfeedbacks reagieren, ohne die Kundenmeinung genauer zu erheben? Die Methode zeigt nur, wie viele Kund/innen völlig zufrieden, mittelmässig zufrieden oder unzufrieden waren, aber nicht, warum sie die Qualität des Gesprächs bzw. der Dienstleistung so beurteilten.

Personal kritisiert Methode

Zurecht fragt sich das Personal, wie das «Votum» der Kundschaft einzuschätzen ist. «Wenn ich sympathisch bin, aber die gewünschte Rückzahlung verweigere, wird dann der rote Knopf gedrückt? Wird letztlich das Gespräch beurteilt oder der/die Verkäufer/in? Eine solche Erhebung ist wenig präzis, und die Resultate sind schwierig zu interpretieren», findet man beim Personal.

Die neue Erfindung erhöht den erheblichen Druck, der schon bisher auf dem Verkaufspersonal lastete, noch zusätzlich. Nachdem die Kundenmeinung im Dunkeln blieb, gibt es nun ein direktes Feedback, das aber auch Rätsel aufgibt. Beunruhigend oder beruhigend – je nach Standpunkt – ist, dass zahlreiche Kund/innen dieses Beurteilungssystem heftig kritisieren und das Vorgehen als skandalös, schäbig und schockierend bezeichnen.

Wenig überzeugende Kommunikation

Die SBB-Medienstelle versucht zu beruhigen. Die Erklärungen von Mediensprecher Frédéric Revaz (siehe Box) stimmen jedoch nicht wirklich mit der in Genf kommunizierten Botschaft überein. Und was die statistische Auswertung betrifft, hat man eher den Eindruck, dass die Methode nicht auf seriösen wissenschaftlichen Grundlagen beruht, sondern sehr oberflächlich ist. 

Vivian Bologna / Fi

Widersprüchliche Kommunikation

«Beurteilt wird das Gesamtbild der SBB.» Ach so?

Was genau will die SBB im Testbahnhof Genf evaluieren: das Personal oder ihre Dienstleistungen? Die offiziellen Verlautbarungen und die Erfahrungen des Personals gehen weit auseinander … Die Frage, die die Kund/innen an den Geräten beantworten müssen, ist klar: «Sind Sie zufrieden mit diesem Gespräch? Stimmen Sie ab.» SBB-Mediensprecher Frédéric Revaz umschreibt die eigentliche Frage an die Kundschaft so: «Sind Sie zufrieden mit unseren Leistungen?» Erhoben werde die Kundenzufriedenheit bezogen auf die ganze SBB, beurteilt werde deren Gesamtbild.

Warum wurde diese Methode gewählt? «Bisher machten wir in Genf Umfragen, welche die Eindrücke der Kund/innen nur sehr unvollständig widerspiegelten. Die Geräte liefern natürlich keine Informationen zur Arbeit der Mitarbeitenden oder zu einem einzelnen Schalter. Die Peko wurde über den Versuch informiert. Die Geräte lassen sich nicht für die Beurteilung einzelner Mitarbeiter/innen nutzen, dies hat die SBB zugesichert.»

Der Versuch soll in Genf weiterlaufen und könnte auf weitere Bahnhöfe ausgeweitet werden. Der Zeitpunkt dafür steht noch nicht fest. 

vbo / Fi