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Verkehrs-Club fordert moderne Sicherheitssysteme für Gotthard-Strassentunnel

Sicherheit ohne 2. Röhre verbessern

Der VCS zeigt auf, wie die Sicherheit im Gotthard-Strassentunnel rascher und günstiger verbessert werden kann als mit einer 2. Röhre: durch die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Fahrassistenzsystemen wie Spur- und Abstandhalter, mit einer versenkbaren Mittelleitplanke, mit Thermo-Sensoren vor den Eingängen (gegen überhitzte Fahrzeuge) und einer Temporeduktion auf 60 km/h.

Ivo Durisch, Markus H. Muser, Evi Allemann, Iain Knight und Caroline Beglinger am 14. Juli in Bern.

Unter dem Titel «Sicherheit im Gotthard-Strassentunnel jetzt» lud der Verkehrs-Club der Schweiz am 14. Juli zu einer Medienkonferenz in Bern. «Wir zeigen heute, wie eine möglichst hohe Sicherheit zu günstigen Konditionen und möglichst rasch umgesetzt werden kann», sagte Co-Geschäftsleiterin Caroline Beglinger einleitend. Moderne Sicherheitssysteme im Fahrzeug- und Infrastrukturbereich könnten die Tunnelsicherheit kurzfristig verbessern, statt erst in 15 Jahren mit der zweiten Tunnelröhre.

VCS-Präsidentin Evi Allemann forderte fünf Massnahmen:

Rasche Einrichtung eines «Thermoportals» am Nordeingang des Tunnels in Göschenen zum Erkennen und Stoppen überhitzter Fahrzeuge, wie schon seit 2013 eines in Airolo vorhanden ist. Den Bau dieser zweiten Anlage für rund zwei Mio. Franken hat der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Motion von Ständerätin Géraldine Savary für 2016 angekündigt.

Einbau einer versenkbaren Mittelleitplanke, die Kollisionen weitgehend verhindern und rund 70 Mio. Franken kosten würde – «gut 40 Mal weniger als eine zweite Röhre.»

Ausrüstung neuer Lastwagen und später aller Fahrzeuge mit smarter Technik wie Spurhaltesystem, Notbremseassistenzsystem und Abstandshalterassistent. «In 15 Jahren, wenn eine zweite Röhre fertig gebaut wäre, werden die Fahrassistenzsysteme das Autofahren erheblich vereinfachen. Durch die flächendeckende Ausstattung aller Fahrzeuge mit solchen Systemen spielt es dann für die Sicherheit keine Rolle, ob die Fahrt durch einen Tunnel mit Gegenverkehr oder durch richtungsgetrennte Tunnelröhren führt.»

Reduktion der Geschwindigkeit im Tunnel auf 60 Kilometer pro Stunde: «Die zeitlich etwas längere Durchfahrt (zirka vier Minuten länger) würde sich für den Gewinn an Sicherheit auf alle Fälle lohnen.»

Konsequente Verlagerung der Gütertransporte auf die Schiene: «Die heute durch den Strassentunnel transportierte Gütermenge inklusive der Gütermenge auf der alten Bahntrasse könnte die Neat problemlos schlucken.» Passieren weniger Lkw den Tunnel, sinkt das Risiko schwerer Unfälle mit Toten und Schwerverletzten.

Zusammenfassend hielt Evi Allemann fest: «All diese Massnahmen setzen auf smarte Technik und intelligent eingesetzte Infrastruktur und kosten einen Bruchteil der drei Milliarden, die eine zweite Röhre verschlingen würde. Auf einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn am Gotthard brauchen wir also nicht 15 Jahre zu warten.»

Laut Markus H. Muser, Geschäftsleiter der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik (AGU), und Iain Knight, Direktor der Apollo Vehicle Safety Limited (Grossbritannien), sind Fahrassistenzsysteme bei Lastwagen- und Autoherstellern voll im Trend. Im Hintergrund spielten EU-Vorgaben und Marktkräfte mit, erklärte Knight. Aus Sicht von Markus H. Muser muss in der Schweiz die Prüfung und Validierung der Fahrassistenzsysteme zielstrebiger vorangetrieben werden, damit ihre Vorteile voll zum Tragen kommen. «Grosses Potenzial gerade in Tunnels haben der Abstandshalter-, der Spurhalte- und der Spurwechselassistent.»

Für den Tessiner Grossrat Ivo Durisch ist eine zweite Röhre ein falscher Ansatz, weil sie durch massiven Mehrverkehr die Sicherheit auf der ganzen Strecke zwischen Basel und Chiasso gefährdet statt erhöht und die heute schon gesundheitsschädliche Ozonbelastung, besonders im Tessin, verstärkt.

Fi