Ständerat nimmt wichtige Korrekturen beim Güterverkehr vor
Nicht gut – aber besser
Die Auslagerung von SBB Cargo in ein privates Unternehmen ist vorerst vom Tisch.
Der Ständerat hat das Gütertransportgesetz mit einer wesentlichen Ausnahme so beschlossen, wie es Bundesrat und Nationalrat auch schon wollten: also mit einer klaren Ausrichtung auf Eigenwirtschaftlichkeit, ohne Leistungs- oder Verlagerungsauftrag.
Die Ausnahme ist aber wesentlich: Anders als die beiden Gremien zuvor will der Ständerat den Güterverkehr nicht aus den Kernaufgaben der SBB herauslösen. Dieser Punkt geht zur Bereinigung zurück in den Nationalrat. «Es bleibt zu hoffen, dass der Nationalrat dieser Haltung folgt, denn Gütertransport ist ein zentraler Bereich des schweizerischen Schienenverkehrs», kommentiert SEV-Präsident Giorgio Tuti den Entscheid des Ständerats.
Auslagerung begraben
Definitiv begraben hat der Ständerat eine Motion der Verkehrskommission des Nationalrats. Diese hätten den Bundesrat beauftragt, die Güter- sparte aus der SBB herauszulösen. Der Ständerat fordert nun in einem eigenen Vorstoss den Bundesrat auf, verschiedene Varianten für die Zukunft des Güterunternehmens zu untersuchen.
Der SEV hat in einer Medienmitteilung auf die Entscheide reagiert. Er freut sich über kleine Verbesserungen, befürchtet aber nach wie vor eine markante Fehlentwicklung: «In der Frühjahrssession hatte der Nationalrat schlicht alles beschlossen, was dazu geeignet war, dem Inland-Schienengüterverkehr ein schnelles Ende zu bereiten. Nun hat der Ständerat leicht Gegensteuer gegeben und zwei wesentliche Punkte korrigiert», stellt der SEV fest.
Liberalisierung geht weiter
Tatsächlich ist der Ständerat in verschiedenen Punkten des Gesetzes dem Nationalrat gefolgt, die für den SEV in die falsche Richtung zeigen. So will auch der Ständerat Eigenwirtschaftlichkeit im Inland-Güterverkehr. Der SEV ist im Gegenteil der Ansicht, dass der Güterverkehr analog zum Personen-Regionalverkehr als bestellter Verkehr definiert und abgegolten werden sollte. «Nur mit einen klaren gesetzlichen Auftrag kann die Verlagerung der Güter auf die Schiene auch im Inlandverkehr erreicht werden», stellt Tuti klar.
Einzelne Lichtblicke
Es gibt allerdings auch Punkte im Gesetz, die der SEV begrüsst, da sie bestehende Nachteile des Schienengüterverkehrs im Inland verbessern, so etwa bei der Trassenpriorität im Verhältnis zum Personenverkehr und auch bei der Unterstützung von Investitionen.
Nachtfahrverbot bekräftigt
Der SEV begrüsst zudem, dass das Nachtfahrverbot für den Strassengüterverkehr nicht angetastet wird. pmo
Kommentar
Von Daniela Lehmann, Koordinatorin Verkehrspolitik SEV
Ein Lichtblick ist ein erfreuliches Ereignis, eine erfreuliche Aussicht während eines sonst eintönigen oder trostlosen Zustands. Mit viel gutem Willen lässt sich das Ergebnis aus dem Ständerat betreffend Totalrevision des Gütertransportgesetzes als Lichtblick bezeichnen. Anders als der Nationalrat, der SBB Cargo ohne vorgängige Abklärung der Konsequenzen gleich aus dem SBB-Konzern herauslösen und rechtlich verselbstständigen will, will der Ständerat den Bundesrat lediglich beauftragen, einen Bericht zu erarbeiten, der die verschiedenen Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Güterverkehrssparte der Schweizerischen Bundesbahnen (also der SBB Cargo AG) evaluiert und darstellt. Zudem ist der Ständerat auch nicht bereit, die Verpflichtung der SBB zur Erbringung von Dienstleistungen im Güterverkehr zu lockern. Dies sind die Lichtblicke in der ansonsten verheerenden Totalrevision des Gütertransportgesetzes!
Denn neu hat der Güterverkehr eigenwirtschaftlich zu sein, hat kein Verlagerungsziel zu erreichen und soll auch nicht Teil der Grundversorgung sein. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie der Binnengüterverkehr in der Schweiz in Zukunft aussehen wird. Ganz einfach: Betrieben wird, was rentiert. Denn nun steht weder ein Verlagerungsziel noch ein Grundversorgungsauftrag der Schliessung von weiteren Bedienpunkten im Einzelwagenladungsverkehr im Weg.
Da kann es auch nicht zuversichtlich stimmen, dass der Nationalrat solche Schliessungen von der Zustimmung der Generalversammlung, sprich vom Bundesrat, abhängig machen will. Ein Bundesrat, der bürgerlich dominiert ist, in dem also die Marktgläubigen das Sagen haben, und ein Bundesrat, der auf Biegen und Brechen der Meinung ist, dass der Güterverkehr eigenwirtschaftlich zu sein hat. Ein Fantast, wer glaubt, dass in Zukunft mehr Güterverkehr auf die Schienen kommen wird. Auf mehr Güterverkehr müssen wir uns in Zukunft zwar sicher einstellen, aber offenbar ist das Parlament der Meinung, dass dieser auf unsere bereits sehr belasteten Strassen gehört.
Weshalb hier wieder einmal der Hinweis angebracht ist, dass das Parlament im Herbst neu gewählt wird. Wer sich nicht mit Lichtblicken begnügen, sondern für ein dauerhaftes Hoch sorgen will, weiss, was er oder sie mit dem Wahlzettel zu tun hat.