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SEV-Migrationstagung vom 9. November zum Thema «Meine Rechte am Arbeitsplatz» in Olten

«Zusammen ist es einfacher als allein»

Der gute Besuch der von Migrationssekretär Arne Hegland perfekt organisierten, informativen Tagung zeigt, dass diese ein echtes Bedürfnis abdeckt.

Podium mit Angelina Providzalo, Nadège Strässle Tharhassem, Basil Oberholzer (Moderator), Giorgio Tuti und Vica Mitrovic

«Wenn ich mich für die Teamleiterstelle bewarb, hiess es immer: ‹Bravo, du bist gut, aber …›, und es wurde ein Schweizer gewählt», berichtete ein Kollege. Erst als niemand sonst zur Verfügung stand, sei er befördert worden. Ein anderer wurde nach einem Diebstahl nur wegen seinem fremden Namen gleich als Verdächtiger Nummer 1 behandelt und hätte ohne einen zufälligen Zeugen Mühe gehabt hätte, seine Unschuld zu beweisen. Als weiteres Beispiel für Benachteiligungen wurde die Nichtanerkennung ausländischer Diplome genannt. «Notfalls muss man zu einer anderen Ausbildung bereit sein», riet Podiumsteilnehmerin Nadège Strässle Tharhassem. Ein absolutes Muss sei, eine Landessprache zu lernen. Und gute Arbeit werde letztlich anerkannt.

«Wenn man sich zusammentut, ist es viel einfacher, als wenn man es allein versucht», sagte SEV-Präsident Giorgio Tuti. Vereine und andere Organisationen seien für die Migrant/innen sehr hilfreich. Gerade die Gewerkschaften könnten ihnen viel bieten, vom Rechtsschutz bis zur Migrationstagung als Plattform für ihre spezifischen Probleme. Doch vor allem kämpften die Gewerkschaften für gute Anstellungs- und Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmenden. «Wo die Gewerkschaften stark sind, sind die Rechte am Arbeitsplatz besser als dort, wo der Organisationsgrad tief ist», betonte Tuti. «Ich hoffe, dass sich die Migrant/innen künftig noch besser organisieren!»

Angelina Providzalo, Fachfrau für Integration beim Kanton Bern, bedauerte, dass sich die Arbeitgeber (erfolgreich) dagegen wehrten, durch das neue Integrationsgesetz, das 2015 in Kraft treten soll, ermuntert zu werden, Mitarbeitende aus andern Ländern bei Sprach- und andern Kursen zu unterstützen. Die Gewerkschaften hingegen setzten sich aktiv für die Migrant/innen ein, die sich oft nicht so gut wehren könnten.

Vica Mitrovic, Politologe und ehemaliger Unia-Sekretär, unterstrich, dass eine Weiterbildung neben einem physisch anstrengenden Vollzeitjob und Familienverpflichtungen nicht einfach ist.

SEV-Gewerkschaftssekretär Arne Hegland verwies auf zwei spezielle Kurse für Migrant/innen.

Fi

Arbeitgeber verbieten Gewerkschaften den Betriebszutritt

Im Oktober teilte Implenia, grösster Baukonzern in der Schweiz, der Unia mit, dass sie auf ihren Baustellen nicht mehr auftauchen dürfe, berichtete Arthur Andermatt, Rechtsanwalt und Spezialist für Arbeitsrecht. Die Arbeitgeber witterten Morgenluft nach einem Bundesgerichtsurteil vom September 2012, das Bussen der Genfer Justiz gegen fünf Gewerkschafter wegen Hausfriedensbruchs bestätigte. Die Unia hatte 2009 auf dem Parkplatz vor dem Gourmetrestaurant Châteauvieux in Satigny Flugblätter zum neuen GAV verteilt, nachdem Restaurantbesitzer Philippe Chevrier eine Infoveranstaltung für das Personal verboten hatte. Die Verurteilten legten beim Europäischen Gerichtshof Berufung ein, doch kann ein solches Verfahren bis fünf Jahre dauern.

Falls das europäische Gericht das Schweizer Urteil, welches das Eigentumsrecht über die in der Bundesverfassung (Art. 28) garantierte Gewerkschaftsfreiheit stellt, nicht aufhebe, sei letztlich das Überleben der Gewerkschaften infrage gestellt, erklärte Andermatt. Aber auch für die Aufdeckung von Missständen in Betrieben sei der gewerkschaftliche Zutritt unverzichtbar. Gerichte hätten den Gewerkschaften bisher den Zutritt zu Betrieben mit mindestens einem Mitglied zugestanden, und bei solchen ohne Mitglieder wenigstens den Zugang zum Infobrett oder Parkplatz. Explizit gesetzlich verankert ist in der Schweiz der Betriebszutritt für Aufsichtsorgane (Arbeitsinspektoren) im Arbeitsgesetz (Art. 45), sowie für tripartite und paritätische Kommissionen im Obligationenrecht (Art. 360 b) und im Entsendegesetz (Art. 7). In Deutschland und Frankreich ist der Zutritt auch für Mitglieder von Betriebskommissionen explizit garantiert, und in Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation der Zutritt für Gewerkschaften zu Farm- und Minenarbeiter/innen.  Fi