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Kommentar

Störungen beheben oder verhindern?

In den letzten Tagen gab es zahlreiche Meldungen in den Medien, dass Störungen im Bahnverkehr zu grossen Verspätungen führen. Gibt es also immer mehr Störungen im Bahnverkehr? Und wenn ja, warum? SBB-Chef Meyer sieht die Verantwortung bei den Mitarbeitenden und will deshalb die «Störungsverursacher» über den Lohn zu mehr Verantwortung erziehen. «Jeder Mitarbeitende soll merken, wenn es der Unternehmung gut geht», lautet seine Aussage. Wenn man die Lohnentwicklung des SBB-Topkaders der letzten Jahren anschaut, müsste die SBB also im Geld schwimmen!

Tatsachen

Tatsache ist, dass Jahr für Jahr immer mehr Züge auf dem gesamten Bahnnetz verkehren. Das heisst, der öffentliche Verkehr wird genutzt, und das findet der SEV gut!

Tatsache ist auch, dass es entsprechend mehr Zeit braucht, um dieses System zu unterhalten, wenn es immer mehr genutzt wird.

Dieser Aussage wird immer wieder widersprochen, indem behauptet wird, dass der technologische Fortschritt auch dazu führe, dass die Produkte länger ohne Wartung ihre Aufgaben wahrnehmen können. Hier zeigt die Realität, dass dies eben nicht zutrifft. All diese Produkte stehen nämlich im sogenannten «Markt», und dort ist der Preis massgebend und nicht die Qualität.

Tatsache ist schliesslich, dass mit immer weniger Personal mehr geleistet wird. Dieser Effekt ist Teil der sogenannten Produktivitätssteigerungen. Dies kann nur geschehen, wenn auch Prozesse und Abläufe der anfallenden Arbeiten regelmässig überprüft und, wenn nötig, neu festgelegt werden. Auch das findet der SEV gut, wenn die Mitarbeitenden dabei ihr Wissen und Können mit einbringen können. Leider widersprechen sich auch hier Theorie und Realität: In der Realität sind häufig nur die Kosten massgebend und eben nicht die gute Lösung.

Zusammenhänge

Wie hängt das alles zusammen?

  • Immer mehr Züge verkehren auf dem Netz.
  • Für den nötigen Unterhalt steht immer weniger Zeit zur Verfügung.
  • Immer weniger Mitarbeitende leisten immer mehr.
  • Und: Die bürgerlich dominierte Politik stellt im Verhältnis immer weniger Geld für den öV zur Verfügung.

Die ersten zwei Punkte können nur mit einem massiven Ausbau des ganzen Netzes verbessert werden.

Was die Kürzung der Mittel angeht, hören wir von den verantwortlichen SBB-Chefs nichts. Diese schweigen lieber und schauen zu, wie «ihre» Unternehmung ins Abseits gedrängt wird. Hier braucht es Mut, um Nein zu sagen. Hier braucht es Mut, sich gegen die sparwütige Politik zu stellen. Aber vielleicht hängt diese Passivität mit falschen Anreizen für das Top-Kader zusammen? Dieses wird ja mit Leistungsboni für das Ausführen der politisch gefassten Beschlüsse belohnt. Ich liege wohl kaum falsch, wenn ich da einen inneren Widerspruch sehe!

Die Lösung

Die Lösung des gesamten Problems wird zum einfachen Dreisatz. Die Aufgabe lautet: Erhöhe die Leistung, wobei der Faktor Zeit nicht verändert werden kann und die bestehende Menge Menschen bereits voll ausgelastet ist!

Es gibt nur eine Lösung: Wenn der Faktor Zeit nicht geändert werden kann und die bestehende Menge arbeitender Menschen schon ausgelastet ist, dann kann die Leistung nur erhöht werden, wenn noch zusätzliche Menschen - sprich mehr Personal - hinzukommen.

Das hat die SBB beispielsweise beim Rollmaterial-Unterhalt begriffen und kurz vor dem totalen Kollaps begonnen, wieder Stellen zu schaffen statt weiter abzubauen.

Und wie sieht das aus beim Anlagenunterhalt? Es liegt in der Verantwortung der SBB-Verantwortlichen, dass sie sich, wie der SEV, immer wieder auf allen Ebenen für genügend Mittel einsetzen und dies auch hörbar machen.

Manuel Avallone, Vizepräsident SEV