Preiswettkampf der Güterbahnen gefährdet gegen 100 Stellen
Die scheussliche Seite der Liberalisierung
Der Wettbewerb im Schienengüterverkehr zeigt seine düsterste Seite: BLS Cargo verliert praktisch seinen ganzen Verkehr auf der Gotthardachse an einen Konkurrenten; rund 80 Personen stehen beruflich vor dem Nichts. Der SEV verlangt, dass die übernehmende Bahn auch das Personal übernimmt, und er erwartet, dass dieses üble Spiel zu politischen Konsequenzen führt.
Kaum je war Recht bekommen so schmerzlich wie heute: Was der SEV seit Jahren immer wieder kritisiert hat, ist eingetreten. BLS Cargo verliert seinen Auftrag der Deutschen Bahn auf der Gotthardachse, womit rund 80 Personen ihre Stelle einbüssen. Grund dafür ist anscheinend ein günstigeres Angebot einer Konkurrentin, wobei nicht klar ist, wie der Preis gedrückt werden könnte, wenn nicht über Lohndumping.
In erster Linie geht es dem SEV nun um die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für sie ist einerseits bei der BLS ein Sozialplan zu erstellen, andererseits aber muss die übernehmende Bahn in die Pflicht genommen werden: «Angesichts des Lokführermangels gibt es die klare Lösung, dass sie das Personal von der BLS zu mindestens gleichwertigen Bedingungen übernehmen muss», hält der für BLS zuständige Gewerkschaftssekretär Jérôme Hayoz fest. Nicht in Frage kommt für den SEV, dass ausländisches Personal zu Löhnen des Herkunftslandes diesen Verkehr fährt.
«Es ist unglaublich, dass keine einzige Tonne Güter zusätzlich auf die Schiene kommt, aber das Personal im Preiskampf der Bahnen zerrieben wird», hält SEV-Präsident Giorgio Tuti fest. Diese Fehlentwicklung kritisiert der SEV seit Jahren und er hätte sich gewünscht, dass dieses Drama vermieden werden kann.
Damit steht die dringende Forderung im Vordergrund, dass ein Gesamtarbeitsvertrag für den Schienengüterverkehr vereinbart und vom Bund für allgemeinverbindlich erklärt wird. Nun, da das Negativbeispiel auf dem Tisch liegt, sollte dieses Vorhaben schnell wieder in Schwung kommen.
Es stellen sich allerdings noch weitere Fragen: Welche Rolle spielt die Deutsche Bahn als Hauptaktionärin von BLS Cargo in Zukunft? Welche Zukunft hat das Geschäftsmodell von BLS Cargo, das auf Rosinenpickerei ausgerichtet war und nun gescheitert ist? Wie sieht die Kalkulation des Unternehmens aus, das den Verkehr am Gotthard übernimmt? Wie stellt sich die Schweizer Verkehrspolitik, die einen Verlagerungsauftrag hat, zu solchen Entwicklungen, die dem Schienengüterverkehr einen Bärendienst erweisen?
«Der SEV wird darauf insistieren, dass diese Fragen zufriedenstellend beantwortet werden», betont Giorgio Tuti.