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Ist Privates immer Privatsache?

Man ist nie davor gefeit, dass Äusserungen oder ein Verhalten aus dem privaten Bereich ins Unternehmen getragen werden, sodass Vorgesetzte einen deswegen zur Rede stellen. Somit stellt sich die Frage, wann und wo Privates wirklich privat ist.

Privates im Facebook

Nicole verbringt ihre Zeit gerne auf Facebook. Sie teilt verschiedene Inhalte in ihrer Gruppe, die sie als Privat gekennzeichnet hat. Bald wird sie vom Chef zu einem Gespräch eingeladen und genau auf diese Einträge angesprochen. Sie habe sich da im Facebook sehr kritisch über seinen Führungsstil geäussert. Nicole macht geltend, dass sie diese Posts in der Freizeit in eine private Gruppe gestellt hat und dass dies doch einfach eine private Meinung sei.

Grundsätzlich ist Facebook ein öffentlicher Raum. Jede Person kann ein Profil auf Facebook über Google finden und auch die Einträge, Likes etc. darin sehen. Es gibt die Möglichkeit, seine Daten nur mit den Freunden zu teilen. Dann ist der Post oder das Foto nur für diese sichtbar. Das wäre dann schon ein etwas privaterer Rahmen. Allerdings hat man keinen Einfluss darauf, ob Facebook-Gruppenfreunde diesen Beitrag nicht weiter teilen. Dann gelangt dieser Post oder das Foto nämlich doch wieder in den öffentlichen Raum. Gerade bei Facebook lohnt sich deshalb die Zurückhaltung.

Nicole wurde schlussendlich zwar nicht von arbeitsrechtlichen Konsequenzen getroffen, das Verhältnis zu ihrem Chef ist dadurch aber auch nicht besser geworden.

Private Gespräche an einem Unternehmensanlass

Max und Werner stehen beim Apéro zusammen an der Bar und trinken ein Glas Wein. Die Kollegin von der Buchhaltung gefällt beiden, und so führen sie ein Gespräch unter Männern. Bald darauf werden sie von ihrem Vorgesetzten zu einem Gespräch bestellt. Der Vorwurf: die unangemessenen Äusserungen am Apéro.

Bei einem Unternehmensanlass, ganz egal wie gut man sich kennt und wie toll die Stimmung ist, gelten nach wie vor die Unternehmensregeln. Es ist kein privater Anlass, und so sollte man sich gut überlegen, mit wem man über was spricht. Mithörer stehen da immer herum. Da es sich um einen Firmenanlass gehandelt hat, muss der Vorgesetzte hier auch reagieren. So müssen sich die beiden vor ihrem Vorgesetzten rechtfertigen.

Private Gespräche im öffentlichen Raum

Heinz und Andrea unterhalten sich auf dem Weg zum Bahnhof. Es ist Feierabend, und sie wollen beide nach Hause. Sie regen sich furchtbar über den einen Kollegen auf, der ständig die schmutzige Tasse bei der Kaffeemaschine stehen lässt. Am andern Tag müssen sie zum Vorgesetzten, offenbar wurde das Gespräch belauscht.

Gespräche im öffentlichen Raum sind mit einer gewissen Vorsicht zu führen. Wenn hier Äusserungen gemacht werden, die Verschwiegenheitspflichten verletzen, das Ansehen der Firma schädigen oder klar sexistisch oder rassistisch sind, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Das Gespräch von Heinz und Andrea ist allerdings wirklich als private Unterhaltung einzustufen, ohne weitere Konsequenzen. Das Arbeitsklima hat es aber auch hier sicher nicht verbessert.

Privates ist also genau dann privat, wenn es in den privaten Räumen in der Familie oder unter Freunden gemacht wird. In der Öffentlichkeit ist eine gewisse Vorsicht geboten.

Miteinander sprechen und sich austauschen ist ein zentrales Element unseres Zusammenlebens, und das sollen wir unbedingt auch weiterhin tun. Ein gutes Gespräch ist durch nichts zu ersetzen. Und oft kann gerade das direkte Gespräch solch unangenehme Situationen verhindern.

Rechtsschutzteam SEV