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Automatisches Fahren

Lokpersonal braucht es noch lange

Der Testzug der SOB mit eingeschaltetem ATO-System (Automatic Train Operation).

Die voranschreitende Digitalisierung hat die Bahnunternehmen längst erreicht. Diese treiben den automatischen Fahrbetrieb voran. Zurzeit testet die Südostbahn den automatischen Fahrbetrieb. Eine Delegation des SEV und SEV-LPV war auf einer Testfahrt im Toggenburg dabei. Fest steht: Der Beruf der Lokführerin und des Lokführers wird sich in Zukunft stark verändern. Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Deshalb will der SEV den Wandel aktiv und kritisch begleiten. Ziel dabei ist es, die Arbeitsplätze der Zukunft attraktiv zu gestalten. Denn Lokführerinnen und Lokführer braucht es noch lange – mit Blick auf den Mangel sogar mehr denn je.

Der digitale Wandel ist nicht nur in den Betriebsleitzentralen Realität, sondern auch im Fahrbetrieb. Verschiedene Bahnunternehmen in der Schweiz testen den automatischen Fahrbetrieb (Automatic Train Operation – ATO). Der SEV hat sich auf einer Testfahrt der Südostbahn (SOB) zwischen Herisau und St. Gallen selbst ein Bild gemacht.

Ziel: der mittlere Automatisierungsgrad

Das Pilotprojekt der SOB läuft auf einem 20 Kilometer langen Abschnitt im Toggenburg und ist Teil von Smartrail 4.0, einem Programm der Schweizer Bahnbranche zur Modernisierung des Bahnsystems. Ziel des Programms ist der mittlere Automatisierungsgrad. Zurzeit werden die Testfahrten der SOB mit dem Automatisierungsgrad 2 – vergleichbar mit einem Autopiloten im Strassenverkehr – durchgeführt. Anfahrt und Bremsung erfolgen automatisch auf Knopfdruck – «ATO ein». Die Türen abzufertigen und während der Fahrt im Störfall einzugreifen, bleibt manuelle Aufgabe des Lokführers oder der Lokführerin. Während der gesamten Fahrt zeigt das im Führerstand befindliche Bedien- und Anzeigegerät die notwendigen Daten an. Im angeschlossenen Laptop sind Streckenprofil und Befehle für die einzelnen Abschnitte gespeichert. Sie werden aktiviert, sobald der Zug dort geortet wird.
 

Sicherheit statt Vollautomatisierung

Ein autonomer Betrieb wäre theoretisch schon heute möglich. Doch praktisch scheitert dieser an der Sicherheit. Wie etwa bei der vollautomatisierten Métro 2 in Lausanne müsste die ganze Strecke abgesperrt und an den Bahnhöfen Wände und Türen auf den Perrons angebracht werden. Die Vollautomatisierung des Bahnfahrbetriebs bleibt wohl nicht zuletzt aus Kostengründen Zukunftsmusik.
 

Überwachen und im Störfall eingreifen: Lokpersonal braucht es auch in Zukunft.

FACHKOMPETENZEN GEFRAGT

Ein Fahrtcomputer kann das Lokpersonal zwar entlasten – überflüssig wird es aber nicht. Die Automatisierung dürfte denn auch die Ausbildung der Lokführerinnen und Lokführer verändern. Allein die Testfahrt zeigt: Tritt ein Störfall auf, braucht es die Fachkompetenzen der Lokführerin oder des Lokführers.
 

Wandel begleiten – Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen sichern

SEV-Präsident Matthias Hartwich macht sich ein Bild im Führerstand.

Wie interessant und abwechslungsreich der Traumberuf vieler Jungen und Mädchen in Zukunft sein wird – darin scheiden sich die Geister. Die Haltung des SEV ist indessen klar: «Es bringt nichts, sich generell gegen jeden Wandel zu stellen. Wir müssen ihn stattdessen aktiv, aber auch kritisch, begleiten. Nur so können wir für unsere Kolleginnen und Kollegen, für Lokführerinnen und Lokführer, gute Arbeitsbedingungen sichern und die Arbeitsplätze der Zukunft auf dem Führerstand attraktiv gestalten», sagt SEV-Präsident Matthias Hartwich.

Die Arbeitsbedingungen sind denn auch mit Blick auf den Mangel an Lokführerinnen und Lokführern ein wichtiges Thema.

 

Eva Schmid

Kommentare

  • Julian Kaufmann

    Julian Kaufmann 13/10/2023 09:53:57

    Gut gesprochen Herr Hartwich. Der SEV hat hier sich grosse und vernünftige Ziele gesetzt.

    Punkto technischer Ausbildung, müsste aber die Ausbildung des Lokpersonals in Zukunft drastisch umgestaltet werden. Die letzten Jahrzehnte haben hier eher in Richtung "nur fahren" gearbeitet und z.B. eine technische Grundbildung ist für den Beruf schon lange keine Grundvoraussetzung mehr. Auch in der Ausbildung wird momentan handwerklich und technisch (physikalische Zusammenhänge) leider eher das absolute Minimum verlangt. (Hier sind uns die Deutschen weit voraus, ein Lokführer lernt dort immer noch die Technik seiner Loks und Züge sehr detailliert).

    Ich bin gespannt und freue mich sehr, auf eine Wiederaufwertung unsrers doch sehr Verantwortungsvollen und in der Bevölkerung hoch angesehenen Berufs.

    Julian Kaufmann
    Lf BLS, Depot Bern