Vorstand SEV
Wie wirkt sich die Covid-Hilfe aus?
An der Vorstandsitzung des SEV vom 22. April standen zwei Themen im Vordergrund: Die Corona-Hilfen, die die Verkehrsunternehmen erhalten haben, und der Abstand zwischen zwei SEV-Kongressen.
Der VPT hatte vom SEV einen Bericht zu den Hilfsbeiträgen verlangt, die die Verkehrsunternehmen erhalten haben, um die von Corona verursachten Einkommenseinbussen auszugleichen.
Dieses Anliegen ist berechtigt, denn verschiedene Unternehmen führen die Pandemie als Begründung an, um Einsparungen auf dem Buckel des Personals vorzunehmen. Für die Antwort hat sich Daniela Lehmann in die Unterlagen des Bundes* vertieft. «2020 hat der Bund gegen 83 Millionen Franken an 30 Unternehmen des regionalen Personenverkehrs ausbezahlt, rund 31 Millionen an 23 Unternehmen des Ortsverkehrs und 4 Millionen an 15 Unternehmen mit touristischem Angebot, insbesondere Schifffahrt und Seilbahnen», führte die verkehrspolitische Koordinatorin des SEV aus.
Zuerst auf die Reserven zugreifen
Die Zahlen von 2020 liegen tiefer als anfänglich angekündigt. «Das liegt daran, dass die Verkehrsunternehmen zuerst auf ihre Reserven zurückgreifen mussten, bevor sie öffentliche Hilfe beanspruchen konnten», erläuterte Daniela Lehmann. «Für 2021 muss man mit einer Zunahme der Anfragen rechnen. Wir werden das im Verlauf des Jahres genauer sehen, spätestens zu Beginn des nächsten Jahres.»
Die Zahlen haben im Vorstand Sorgen ausgelöst, insbesondere bei Gilbert D’Alessandro, Zentralpräsident VPT. In den Verhandlungen mit dem SEV haben verschiedene Unternehmen Sparmassnahmen angesprochen: Einfrieren der Lohnanstiege, kein Ausgleich der Teuerung usw. Insgesamt werden die Kosten vom Bund und von den Kantonen gemeinsam getragen, wobei der Anteil der Kantone nicht immer gleich hoch ist, da er von der Bevölkerungsdichte abhängt. Sollten einzelne Kantone versuchen, ihren Anteil an den Kosten zu senken, muss auf kantonaler Ebene mit Hilfe der jeweiligen Gewerkschaftsbünde oder einzelner Politiker:innen reagiert werden.
Der Druck auf die Unternehmen verschont auch die SBB nicht. Daniela Lehmann wies darauf hin, dass der Bund von der SBB verlangt, die Kosten zu senken oder die Einnahmen zu steigern, und zwar um 80 Millionen Franken pro Jahr für die Dauer von 2024 bis 2030. Grundsätzlich sind Einsparungen bei den Verkehrsunternehmen ein Unsinn, da der öffentliche Verkehr ein Teil der Lösung der Klimakrise ist. «Man muss investieren und nicht sparen!», hielt SEV-Präsident Giorgio Tuti fest. Um jeden Versuch abzublocken, die Last auf das Personal abzuwälzen, gibt es nur eine Antwort: Mobilisierung dank hohem Organisationsgrad!
Vernehmlassung zum CO₂-Gesetz
Der SEV, wie auch die anderen SGB-Gewerkschaften, erachtet das neue CO₂-Gesetz bezüglich der Klimaziele als ungenügend. Er hält dies in seiner Vernehmlassung fest. «Es braucht umfangreiche Investitionsprogramme der öffentlichen Hand, besonders beim öffentlichen Verkehr und der Energieversorgung, aber auch beim Bauwesen», betonte Daniela Lehmann, die die Antwort des SEV im Vorstand vorstellte. Der SEV widmet sich vor allem den Massnahmen im Gesetz für den öffentlichen Verkehr. Er begrüsst die vorgesehene Unterstützung für den grenzüberschreitenden Fernverkehr wie auch dessen Finanzierung über die Erträge der Versteigerung der Emissionsrechte in der Luftfahrt. «Die 30 Millionen sind jedoch zu knapp kalkuliert und die Obergrenze müsste deutlich erhöht werden», hielt Daniela Lehmann fest. Was die Umstellung des öffentlichen Verkehrs auf der Strasse hin zu ökologischen Antrieben angeht, schliesst sich der SEV dem Alternativ-Vorschlag des VöV an, weil die Unterstützung mit nur 15 Mio. Franken pro Jahr viel zu tief ist. Sie steht ausserdem in keinem Vergleich zur beantragten umfassenden Streichung der Mineralölsteuerbefreiung ab 2024, die für den Strassen-öV jährlich 84 Mio. Franken (2018) ausmacht. Unter dem Strich würden dem Strassen-öV mit der Vorlage substanziell Mittel entzogen, erläuterte Daniela Lehmann.
Schliesslich steht der SEV der Rückgabe der Einnahmen aus ökologischen Steuerungsab-gaben kritisch gegenüber. «Diese müssten voll-umfänglich über Pauschalbeträge pro Einwohner:in rückerstattet werden. Das ist das beste Mittel, damit Lenkungsabgaben auch sozial verträglich ausgestaltet sind: Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Haushalte mit bescheidenen Einkommen weniger Treibhausgase ausstossen als Haushalte mit hohen Einkommen», stellte Daniela Lehmann abschliessend fest.
*Alle Zahlen zur Covid-Hilfe des BAV in den BAV-News vom Februar 2022 auf bav.admin.ch.
Vivian Bologna / Übersetzung Peter Moor
Ein Kongress alle vier Jahre?
Der Vorstand befasste sich mit der Änderung des Rhythmus des SEV-Kongresses. Derzeit tagt dieser alle zwei Jahre, abwechselnd zwei Tage bzw. einen Tag lang. Die Idee wäre nun, alle vier Jahre einen zweitägigen Kongress abzuhalten. «In zwei Jahren ist es nicht möglich, die vom Kongress verabschiedeten Vorschläge und Positionspapiere umzusetzen», sagte Giorgio Tuti. Um die vom SEV geschätzte Demokratie nicht zu schwächen, wäre es wichtig, eine Delegiertenversammlung zu schaffen, die in einem festzulegenden Rhythmus mit klaren Entscheidungskompetenzen zusammentritt. Einige Vorstandsmitglieder plädierten jedoch für den Status quo, insbesondere um die Kollegialität zu pflegen. Es handelte sich um eine erste Diskussion, die im Juni fortgesetzt werden soll.