Swissport Zürich: neuer GAV dank grossem Druck
Nach langwierigen Verhandlungen und einer grossen Protestaktion konnten sich die Arbeitnehmer:innenorganisationen und Swissport auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag einigen. Die Mehrheit der Mitglieder von SEV-GATA, VPOD und kfmv stimmten dem neuen GAV zu. Stimmt auch Swissport definitiv zu, kommt es 2023 nicht, wie befürchtet, zu einem vertragslosen Zustand. Interview mit Regula Pauli, die SEV-GATA in den Verhandlungen vertrat.
Nachdem die SEV-GATA, VPOD und kfmv im Juni den Krisen-GAV mit Swissport auf Ende Jahr gekündigt hatten, blieb es bis Oktober völlig offen, ob man sich auf einen neuen GAV einigen konnte. Jetzt ist es gelungen, ein Verhandlungsergebnis zu erzielen. Bist du erleichtert?
Regula Pauli: Ich bin froh, dass wir mit Swissport eine Einigung finden konnten, welche bei den Mitgliedern auch die nötige Akzeptanz erlangt hat. Es war lange nicht klar, ob wir überhaupt eine Einigung erzielen können, da die Signale von Swissport sich von Verhandlungsrunde zu Verhandlungsrunde veränderten. Einmal machten sie uns Zugeständnisse, eine Woche später nahmen sie diese wieder zurück – es war zuweilen eine regelrechte Achterbahnfahrt.
Die Hauptforderung, nämlich eine Rückkehr zu einem GAV auf dem Niveau vor der Coronakrise, konnte erfüllt werden. Was sind die wichtigsten Errungenschaften beim neuen GAV?
Sicherlich der Wegfall der während der Krise eingeführten Flexibilisierungen, wie vermehrte Split-Schichten oder Reduktion der Off-Tage. Weiter konnten wir eine Lösung finden für den Ausgleich der Teuerung für das nächste Jahr und die weitere Laufzeit des GAV. Zudem wurde den Mitarbeitenden die noch ausstehende Lohnerhöhung gewährt. Insgesamt also mindestens 4 % mehr Lohn für 2023.
Die Zustimmung zum neuen GAV war hoch. Es gab aber auch kritische Stimmen. In spätestens vier Jahren wird es neue Verhandlungen geben müssen. Wo muss da der Fokus liegen, um dann eine noch grössere Zustimmung zu erreichen?
Die aktuelle Arbeitsbelastung zeigt deutlich, dass Themen wie Anzahl Off-Tage und Einsatzbestimmungen weiterhin wichtig sind. Mit anderen Worten: wir werden auch in Zukunft über die Grenzen der Flexibilisierung diskutieren müssen. Auch die Höhe der Löhne muss weiterhin ein Thema bleiben. Ausserdem müssen wir über einen verbesserten Schutz von älteren Mitarbeitenden (55+) sprechen, insbesondere in jenen Bereichen. welche körperlich sehr belastend sind.
Am Anfang der Verhandlungen im Frühling blieb Swissport sehr unbeweglich. Wie gelang es, Swissport doch noch zu bewegen?
Wichtig war, dass wir Druck aufgebaut hatten. Der Protestbesuch beim Management am 23. Juli war sehr wichtig, aber auch die latente Streikdrohung, die in der Luft hing. Wichtig war dabei auch, dass wir Swissport deutlich machen konnten, dass unsere Positionen in den Verhandlungen von unseren Mitgliedern mitgetragen wurden und dass sie bereit waren, mit allen möglichen Mitteln dafür zu kämpfen.
Die Situation bei den Arbeitsbedingungen war wegen fehlendem Personal äusserst prekär. Hat sich da etwas getan?
Sie bleibt schwierig. Nur dank dem Einsatz von Mitarbeitenden von anderen Stationen konnte die Situation über die Herbstferien bewältigt werden. Die aktuelle Belastung der Mitarbeitenden hat nämlich auch Auswirkungen auf die Absenzenrate. Wir hoffen, dass es auf den Winter zu einer Beruhigung kommt. Eine Herausforderung für uns wird sein, die gewerkschaftliche Organisation aufrecht zu erhalten, denn das neue Personal wird grossmehrheitlich über Temporärunternehmen angestellt. Das erschwert uns die Mitgliedergewinnung, obwohl wir jetzt gezeigt haben, dass wir nur etwas erreichen, wenn wir organisiert sind.
Michael Spahr