Flixtrain
Billigzug bald in der Schweiz
Ab dem 23. Juni 2022 bietet Flixtrain eine Direktverbindung von Berlin nach Basel Badischer Bahnhof an. Das könnte ein erster Schritt des Billigzuganbieters in den Schweizer Markt sein. Dass man die Strecke für nur 10 Euro fahren kann, hat einen Preis, den voraussichtlich das Personal bezahlen muss.
Flixtrain gehört zum gleichen Konzern, der auch Flixbus betreibt (siehe auch SEV-Zeitung, 12/2018). Hinter dem Konzern stehen international tätige Investoren wie z. B. General Atlantic oder Daimler Mobility. Zum Konzern gehören auch die Greyhound-Busse in den USA und Kamil Koç in der Türkei. Das Flix-System funktioniert ähnlich wie Uber oder booking.com, die weder eigene Fahrzeuge noch eigene Hotels besitzen, sondern nur deren Gebrauch verkaufen. Bei Flixtrain werden die Zugverbindungen von Subunternehmen betrieben. Der Zug von Basel nach Berlin wird durch die Netzwerkbahn Sachsen (NES) GmbH aus Dresden geführt. Die NES GmbH betreibt auch die Flixtrain-Linie zwischen Berlin und Wiesbaden und ist, gemäss ihrer Webseite, hauptsächlich ein Erbringer von Güterbahndienstleistungen. Ebenfalls von drei bis vier Subunternehmen getragen werden andere Dienstleistungen auf dem Zug, wie die Kundenbegleitung, das Catering und auch die Instandhaltung.
Das Personal zahlt den Preis
Genau bei der Frage des Personals zeigt sich, warum ein privater Bahnanbieter wie Flixtrain Reisen für so tiefe Preise anbieten kann. Oft sei das Personal weder gewerkschaftlich noch in einem Betriebsrat (Personalkommission) organisiert, noch gebe es Tarifverträge (GAV), sondern meistens nur Einzelverträge, sagt Helmut Diener, Vorsitzender von Mobifair. Der Verein Mobifair e.V. setzt sich für den Schutz des Personals und der Reisenden in der Verkehrs- und Mobilitätswirtschaft ein. «Wir gehen davon aus, dass auch bei der Ausbildung gespart wird. Und leider gibt es kaum behördliche Kontrollen, die schauen, ob Arbeitszeit- und Pausenregelungen eingehalten werden». Mobifair arbeitet mit der deutschen Verkehrsgewerkschaft EVG und auch mit dem SEV zusammen und untersucht die Arbeitsbedingungen bei privaten Transportanbietern wie Flixtrain oder Flixbus.
Mobifair warnt
«Wir beobachten im Moment, wie Flixtrain in ganz Europa expandiert. Basel ist für die Schweiz nur der Anfang. Gut möglich, dass Flixtrain bald auch Reisen von Deutschland nach Zürich anbieten wird», vermutet Helmut Diener. Tatsächlich ist Flixtrain schon digital in der Schweiz angekommen – über die Webseite flixtrain.de kann man bereits jetzt Zugreisen innerhalb der Schweiz buchen, die dann laut Webseite «von der SBB durchgeführt werden». Im Preis inbegriffen ist allerdings eine Servicegebühr, die das Ticket gegenüber einem bei der SBB gekauften Ticket verteuert. Billiger würde es, wenn Flixtrain selber Züge in der Schweiz betreiben würde.
Helmut Diener geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Flixtrain – wie schon Flixbus – in ganz Europa tätig sein wird: «Wir können sie nicht stoppen. Doch wir müssen jetzt unbedingt dafür sorgen, dass sich das Personal gewerkschaftlich organisiert.» Denn eines ist klar, die Zeche für die Tiefpreise von Flixtrain und anderen Billiganbietern im Personenverkehr zahlt fast immer das Personal.
Michael Spahr