Gesundheit, Digitalisierung und Arbeitsmarktfähigkeit
Runder Tisch mit den KTU
Beeinträchtigungen der Gesundheit sowie der Einfluss der Digitalisierung auf die Berufsbilder und Arbeitsplätze prägen die Verkehrsberufe. Der SEV zieht die Alarmglocke um davor zu warnen, dass Krankheiten und die Digitalisierung die Kolleginnen und Kollegen in Arbeitslosigkeit oder Armut treiben können. Er schlägt einen runden Tisch mit den KTU (konzessionierten Transportunternehmen) vor, um Lösungen zu finden. Interview mit dem Initianten Christian Fankhauser, Vizepräsident des SEV.
Weshalb dieser Ansatz eines runden Tischs?
Christian Fankhauser: Die Ergebnisse der letzten Umfrage über die Gesundheit der Buschauffeure, die sich weiter verschlechtert, sind eindeutig. Man kann unsere kranken Kolleginnen und Kollegen nicht einfach vor die Tür stellen. Zudem hat Corona die Digitalisierung der Gesellschaft vorangetrieben. Unternehmen, denen ihre Mitarbeitenden am Herzen liegen und die wollen, dass die Berufe attraktiv bleiben, suchen nach passenden Lösungen. Aber wir müssen einen grösseren Rahmen bieten. In den kleinen KTU ist es schwierig, interne Lösungen zu finden. Deshalb wollen wir nach einem breiteren Ansatz suchen.
Was schlägt der SEV vor?
Wir haben rund einem Dutzend Arbeitgebern von KTU sowie der SBB und dem VöV einen Brief geschrieben, um sie an einen runden Tisch einzuladen; ebenso dem VPOD und Syndicom, den anderen beiden Gewerkschaften, die im öffentlichen Verkehr aktiv sind, um interessante und machbare Lösungen zu finden.
Wie haben die KTU geantwortet?
Sie sind sich der Probleme ebenso bewusst wie der Schwierigkeit, Lösungen zu finden, weshalb sie alle zustimmend reagiert haben. Es wird ein Treffen geben, wohl im November.
Worauf wird der SEV dabei achten?
Zuoberst steht für uns die Digitalisierung und damit der Umbau oder gar das Verschwinden einzelner Berufe. Man muss die Arbeitsmarktfähigkeit unserer Kolleginnen und Kollegen bewahren oder ihnen die Möglichkeit bieten, sich weiterzubilden oder umzuschulen, um in anderen Berufen bestehen zu können. Der zweite Punkt betrifft die Personen, deren Gesundheit angeschlagen ist und die deswegen einen sogenannten Monopolberuf nicht mehr ausüben können. Auch da müssen Weiterbildungen und Umschulungen bereitgestellt werden. Wir stellen uns eine Branchenlösung vor.
Weshalb eine Branchenlösung?
In den kleinen KTU ist es schwierig, intern passende Stellen zu finden. Deshalb ist für uns eine breitere Lösung nötig. Man könnte sich einen regionalen Stellenpool vorstellen. Für Weiterbildungen und Umschulungen drängt sich eine nationale Lösung mit der Schaffung eines paritätischen Fonds für den öffentlichen Verkehr auf. Die Grundidee ist eine Drei- oder Vierparteienfinanzierung durch Personal, Arbeitgeber, Versicherungen (IV, Suva, …) und – weshalb nicht – eine öffentliche Körperschaft.
Ist der GAV der Maschinenindustrie als Vorbild geeignet?
Ja, den haben wir im Hinterkopf. Diese Branchenlösung umfasst über 200 Unternehmen und hat die Schaffung eines Fonds ermöglicht, der paritätisch finanziert und zusammen mit den Gewerkschaften geführt wird. Er dient der Weiterbildung und der Erhaltung der Arbeitsmarktfähigkeit. Der GAV sieht auch einen Übergang 4.0 vor, was eine zweite Berufsausbildung für Personen ermöglicht, die von den Umwälzungen der Digitalisierung betroffen sind.
Gibt es weitere Ideen?
Ich finde es interessant, wie die SBB intern neue Stellen anbietet. Beispielsweise ermöglicht sie mit Anyway Solutions die Reintegration von Personen, die wegen einer Krankheit oder psychischer Probleme eine neue Tätigkeit brauchen. Verteilt auf sechs Standorte haben über hundert Angestellte bereits eine neue Arbeit gefunden. Das könnte den KTU als Beispiel dienen.
Was erwartest du vom runden Tisch?
Dass er den Weg öffnet für etwas Konkretes! Beispielsweise die Schaffung einer paritätischen Arbeitsgruppe mit einem klaren Auftrag. Wir werden auch unsere Mitglieder befragen. Ich wäre glücklich, wenn wir eine Lösung finden, die schon bald für Weiterbildung und Arbeitsplatzsicherheit etwas bringt.
Yves Sancey / Übersetzung: Peter Moor
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