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Railfit 20/30: Massive Stellenreduktion und Sozialabbau

SBB-Personal bezahlt Zeche

Die Massnahmen sind noch brutaler als erwartet: schlechtere Anstellungsbedingungen, weniger Service public, weniger für die Angestellten und die Pensionierten. So sieht die Vision Railfit 20/30 aus, mit der die SBB das Budget bis 2020 um jährlich 1,2 Milliarden senken und 1400 Stellen wegsparen will. Nicht akzeptierbar.

Was die Direktion der SBB am letzten Donnerstag enthüllt hat, ist eine direkte Kampfansage gegen das Personal, dem die Direktion 0,8% weniger Lohn geben will, indem es die Risikoprämie der Pensionskasse selber tragen soll. Dabei steht dieser Entscheid gar nicht der Direktion zu, sondern dem paritätisch zusammengesetzten Stiftungsrat! Auch die 100-fränkigen Rail Checks, die die Pensionierten bisher erhielten, sollen wegfallen. Freude herrscht? Ausserdem will die SBB den GAV schwächen und 1400 Stellen streichen. Was wird aus dem Service public, wo bleibt die Sicherheit?

Die Argumente der SBB

CEO Andreas Meyer begründete das Sparprogramm am 22. September in Bern mit der Notwendigkeit, die Fahrpreise sowie die Abgeltungen der Leistungsbesteller (Bund und Kantone) möglichst stabil zu halten oder gar zu senken, damit die Bahn gegenüber Auto, Fernbus und Lastwagen konkurrenzfähig bleibt. Denn die Bewältigung des Verkehrswachstums verursache hohe Kosten: Allein von 2016 bis 2020 investiere die SBB über 22 Mia. Franken ins Rollmaterial, in den Unterhalt und Ausbau der Infrastruktur (auch wegen des Behindertengleichstellungsgesetzes) und in Angebote wie den mobilen Empfang, neue Verkaufssysteme oder die Bahngastronomie. Die öffentliche Hand bezahle für Infrastruktur und Regionalverkehr heute schon 2,3 Mia. Franken pro Jahr und habe beschränkte Mittel, unterstrich Meyer. Daher müsse die SBB mit weniger Mitteln mehr erreichen durch Senkung der Verwaltungskosten, Erhöhung der Produktivität im Infrastrukturunterhalt und Bahnbetrieb, günstigere Einkäufe, bessere Prozesse usw.

Einsparungen von 500 Mio.allein beim Personal

Daher liess sich die SBB seit November 2015 im Rahmen von Railfit20/30 von McKinsey «röntgen». 400 Massnahmen wurden evaluiert und 300 sollen nun umgesetzt werden. Bis 2020 sollen gegenüber 2014 in folgenden Bereichen 1,2 Mia. Franken gespart werden:

  • 470 Mio. beim Personal,
  • 30 Mio. bei den Lohnnebenkosten (Sozialabbau),
  • 400 Mio. durch Reduktion von Ausgaben für Unterhalt, Material, Informatik (IT) usw.,
  • 300 Mio. durch Senkung wiederkehrender Investitionskosten, u.a. durch Vereinfachung von Standards und durch engere Zusammenarbeit der Branche sowie mit den Bestellern (Bund, Kantone).

Dadurch soll der jährliche operative Aufwand der SBB um 900 Mio. Franken sinken. Das Ergebnis soll sich um 365 Mio. verbessern und Investitionen aus eigener Kraft ermöglichen. «Die restlichen 535 Mio. Franken dämpfen den mit dem Angebotsausbau verbundenen Kostenzuwachs für Bund und Kantone», schreibt die SBB im Communiqué. Auf diese Weise hoffe sie zum Beispiel, die Leistungsvereinbarung 2017 bis 2020 für Betrieb, Erhalt und Erneuerung der Bahninfrastruktur einhalten zu können.

1400 Vollzeitstellen bedroht

Der geplante Stellenabbau trifft die Berufsgruppen wie folgt:

  • 500 bei Administration, Verwaltung, Führungsebenen;
  • 250 bei den Zugverkehrsleitern und Ereignismanagern;
  • 165 beim Rangierpersonal;
  • 220 beim Verkauf: vor allem beim Personenverkehr (=P), aber auch bei Cargo;
  • 35 Zugbegleiter/innen;
  • 90 Lokführer/innen, insbesondere bei Cargo;
  • 140 in den übrigen Berufen.

Daneben werden aber auch 200 Stellen aufgebaut:

  • 60 Zugbegleiter/innen;
  • 80 Lokführer/innen, insbesondere bei P;
  • 60 beim Reinigungs- und beim Handwerkspersonal.

Total soll die Stellenzahl im Konzern von rund 33200 Ende 2016 auf ca. 32100 Ende 2020 sinken – und nicht auf 32000, weil die Tochtergesellschaften Cargo International, Login und Securitrans Stellen aufbauen.

Sozialabbau

Bisher hat die SBB die Risikobeiträge der Pensionskasse allein getragen, neu will sie sie hälftig den Mitarbeitenden aufbürden. Ihre Lohnabzüge würden so um 0,8% steigen, und zwar nach dem Willen der SBB schon ab Anfang 2017. Dafür braucht es aber gemäss Reglement zuerst einen Beschluss des paritätisch zusammengesetzten PK-Stiftungsrats.

Zudem will die SBB bei der Berufsinvalidität 5 Mio. sparen und hat daher die Vereinbarung mit der PK SBB gekündigt. Dank dieser erhielten bisher Mitarbeitende ab Alter 50 und ab 10 Dienstjahren bei Arbeitsuntauglichkeit aus gesundheitlichen Gründen eine Rente. «Wir nähern die Lohnnebenkosten Schritt für Schritt dem Marktniveau an und tragen weiterhin einen hohen Sozialleistungsanteil», so die SBB.

Und die Pensionierten sollen ab 2017 keinen 100-Franken-Rail-Check mehr erhalten.

Fi

Kommentar

«Das bisher Erreichte muss verteidigt werden – dafür braucht es jede und jeden»

1400 Stellen streichen! Was die SBB beabsichtigt, ist noch brutaler, als was sich bei der Ankündigung des Projekts Railfit 20/30 im letzten November abzeichnete. Es wird zwar beschwichtigt, dass alles sozialverträglich erfolge: Mit Pensionierungen und «natürlichen» Abgängen, und alles ist in Butter. Die SBB spielen die Produktivitätsgewinne ebenso herunter wie die Möglichkeit von Entlassungen, wobei der sehr gute GAV – dank den Sozialpartnern mit dem SEV an der Spitze – weiterhin Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen ausschliesst, wenn jemand vier Jahre im Unternehmen war.Die SBB plant einen klaren Abbau des Service public, den wir nicht akzeptieren. Die Reisenden, die einen qualitativ guten Service public gewohnt sind, kritisieren, dass es immer weniger Personal auf den Bahnhöfen und in den Zügen hat. Statt den entsprechenden Wünschen der Kund/innen zu entsprechen, behauptet die SBB-Führung, man könne mit immer weniger (Personal und Geld) immer mehr machen. Das einzig Positive ist die deutliche Aufstockung beim Reinigungspersonal. Im Übrigen hat die SBB die Zeichen der Zeit nicht erkannt, trotz der erwarteten Zunahme des Verkehrs in den kommenden Jahren.Der Gipfel des Zynismus ist, wenn die Leitung der SBB sagt, die Motivation des Personals werde ein Schlüsselelement für den Erfolg des Projekts Railfit 20/30 sein! Das Personal ist nicht so dumm, dass es den Angriffen seiner Direktion auf die Löhne und den GAV applaudiert. Das «höchste Gut des Unternehmens», das Personal, wird zum notwendigen Übel herabgestuft. Die SBB war einmal ein Unternehmen, das die soziale Verantwortung ernst nahm. Jetzt will die Leitung, dass sich die SBB bei den Sozialleistungen dem «Markt» angleicht. Das Personal müsse Opfer bringen, als ob es das nicht schon längst getan hätte und immer noch tut. Den Pensionierten wird der Rail Check gestrichen; den Aktiven die Lohnabzüge um 0,8 Prozent erhöht, um damit die Risikoprämie der Pensionskasse zu bezahlen, die bisher vom Unternehmen getragen wird. Dieser Entscheid ist jedoch noch nicht gefällt, weil der Stiftungsrat der Pensionskasse dafür zuständig ist, wo sich der SEV für die heutige Regelung einsetzen wird.Der SEV wird Versammlungen organisieren, damit das Personal mitreden und Aktionen beschliessen kann, um die SBB umzustimmen. Das bisher Erreichte muss verteidigt werden. Dafür braucht es jede und jeden. Der GAV SBB/SBB Cargo ist schliesslich nicht vom Himmel gefallen.

Giorgio Tuti, Präsident SEV

Kommentare

  • Lukas Gehrig

    Lukas Gehrig 03/10/2016 13:35:31

    Lieber Giorgio
    Da braucht es jede und jeden? Bei uns in der IT SBB läuft schon seit Anfangs September eine Reorganisation. Und zwar nach dem System "Leitfadenverfahren", was bedeutet, dass wir als Betroffene (ca. 150 Personen), absolut nichts erfahren. Die Reorg wurde uns innerhalb von 17 Minuten mündlich (keine Bilder, kein Webauftritt) mitgeteilt. Mit dem Hinweis, dass wohl "Stellenaufhebungen" zu erwarten sind. Da mit den Sozialpartnern verhandelt werden müsse, werde erst wieder Ende Oktober über die Ergebnisse informiert. Diese Reorg habe aber "ganz sicher nichts mit Rail-Fit zu tun". Will also heissen: 150 Menschen warten seit Beginn September auf das Verdikt Ende Oktober - ohne eine Ahnung zu haben, wohin die Reise geht - und für wen die Reise weitergeht.
    Haben wir etwas vom SEV zu dieser Reorg gehört? Hat sich irgend jemand bei uns gemeldet? Nein. Aber der Unterverband AS des SEV organisiert per 9.11.2016 einen "spannenden Abend" mit dem Leiter der IT Security, damit die Mitglieder über die IT Sicherheit informiert werden. Dieser Leiter Security ist ebenfalls einer der Chefs, welcher die Reorg verantwortet. Es ist schwierig zu verstehen, warum etwa eine Woche nach der angekündigten Bekanntgabe der Resultate der erwähnten Reorganisation ein beteiligter Chef eingeladen wird, um zur IT Sicherheit zu sprechen - aber nicht zur mitverantworteten Reorganisation.
    Nun: Warum braucht es jede und jeden? Damit wir an "spannenden" Informationsabenden teilnehmen? Was sollen wir tun? Ich bin etwas hilflos, nein, sehr hilflos.
    "Leider" bin ich ein Mitarbeiter der Verwaltung und deshalb wird wohl davon ausgegangen, dass ich besser als ein Mitarbeiter des Betriebs mit solchen Situationen umgehen kann. Das ist bei mir leider nicht wirklich der Fall.
    Ich war dem SEV schon vielfach für seine Unterstützung dankbar. Im Moment kann ich aber nicht erkennen, was er aktuell tut.
    Herzlicher Gruss
    Lukas

  • Martinez JL

    Martinez JL 04/10/2016 16:01:10

    J'ecris un commentaire, même si je sais que ça ne sert à pas Grand Chose, les CFF s'en foutent de plus en plus de leur personnel, je me réjouis de voire le résultat du questionnaire de satisfaction, mais je pense, que, comme d'habitude, les vrais résultats ne sont pas montrés. Il va faloir de nouveau sacrifier une part de notre salaire pour renflouer la caisse de Pension, même si je pense que les resultats réels sont cachés, car partout les Rendements ont été Bons, sauf dans les caisses de Pension, comme par Hasard, déjà qu'il y a quelques années, le trou fait par notre boursicoteur d'état, a été comblé par le presonnel, celui de la poste, par la confédération, chercher l'erreur !
    Systeme de départ à la Retraite sans ecquité, etc., on se demande ce que fait le SEV ?

  • Michel Piguet

    Michel Piguet 13/10/2016 20:12:16

    Bonsoir,
    On peut se demander si les hauts managers, qui ne sont pas capables de garder l'attractivité de l'entreprise sans faire des licenciements seront aussi touchés. Cela ferait déjà une belle économie. Sans compter les parachutes dorés.