Lohnverhandlungen
Kaufkraft im Fokus
Wie jedes Jahr hat der SEV in rund 70 Transportunternehmungen intensive Lohnverhandlungen geführt und zu einem grossen Teil bereits abgeschlossen. Wie die Verhandlungen ablaufen, welche Herausforderungen bei den letzten Verhandlungen zu meistern waren und wie die einzelnen Ergebnisse ausgefallen sind, liest du hier.
Dass der SEV jährlich Lohnverhandlungen mit den Transportunternehmungen führt, ist in der Regel auf eine entsprechende Klausel in den jeweiligen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) zurückzuführen. Je nach Unternehmen sind darin auch Kriterien vereinbart, die den Lohnverhandlungen zugrunde liegen, wie etwa die Berücksichtigung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten, der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens oder der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt.
Diese Kriterien sind bei der Lohnforderung zu berücksichtigen. Die Lohnforderungen des SEV werden von Mitgliederversammlungen oder in grösseren Unternehmen von Gremien, bestehend aus delegierten Mitgliedern, aufgestellt. Bei der SBB ist dies beispielsweise der GAV-Ausschuss mit Delegierten aus allen Unterverbänden, bei der BLS der Zentralvorstand BLS. Die Lohnforderungen werden anschliessend den zuständigen Gewerkschaftssekretär:innen als Mandat übergeben und beim jeweiligen Unternehmen im Vorfeld der Verhandlungen eingegeben.
Nach meist mehreren Verhandlungsrunden zwischen den Sozialpartnern kann denselben Mitgliederversammlungen oder Gremien oftmals ein Resultat zur Genehmigung (oder Ablehnung) vorgelegt werden. Sehr selten kommt es vor, dass sich die Sozialpartner nicht auf ein Resultat einigen können. In diesem Fall sehen viele GAV die Möglichkeit vor, ein Schiedsgericht anzurufen, das einen Vorschlag zur Einigung erstellt oder auch eine verbindliche Entscheidung fällt.
Die Lohnrunde 2025
Michael Buletti, Teil des neu aufgestellten SEV-Lohnteams, ist mit den Verhandlungsresultaten aus der diesjährigen Lohnrunde mehrheitlich zufrieden. «Die Lohnverhandlungen waren aufgrund der nach wie vor angespannten finanziellen Situation vieler Unternehmen anspruchsvoll», bilanziert der SEV-Gewerkschaftssekretär. «Als positiv zu werten ist, dass die zum Zeitpunkt der Verhandlungen aktuelle Teuerung (gemäss Landesindex der Konsumentenpreise, LIK) in fast allen Resultaten berücksichtigt wurde. Oft konnte sich der SEV aber bei der aufgelaufenen Teuerung nicht durchsetzen, was insgesamt zu einem Reallohnrückstand geführt hat.» Die aufgelaufene Teuerung ergibt sich dort, wo in den Lohnverhandlungsrunden der Vorjahre die Teuerung nicht vollständig ausgeglichen wurde. Der SEV habe in der Regel nun gefordert, diese mit den Lohnmassnahmen 2025 auszugleichen. Dies sei leider vielerorts nicht gelungen. «Wir müssen uns überlegen, wie wir damit in Zukunft umgehen werden», so Buletti weiter. «Denn die Kaufkraft ist dadurch weiter gesunken.»
In den Verhandlungsresultaten finden sich häufig Einmalzahlungen, die zwar in der Regel dem gesamten Personal zugutekommen und je nach Höhe die Kaufkraft kurzfristig erhöhen können. Sie sind aber – wie der Name sagt – einmalig und stellen keine nachhaltige Lohnmassnahme dar.
In auffallend vielen Verhandlungen dieser Lohnrunde haben die Sozialpartner zudem beschlossen, die Zulagen zu erhöhen. Auch wenn zum Teil nur einzelne Personalgruppen davon profitieren können, handelt es sich hier um eine Massnahme, die sich nachhaltig auswirkt, was der SEV grundsätzlich begrüsst.
Teil vieler Verhandlungspakete waren auch die jeweils benötigten Mittel für die Lohnsysteme. Bei der SBB reichen diese allerdings nicht aus, um die gemäss GAV vorgesehenen Aufstiege zu realisieren (siehe auch Kasten).
Einzelne Ergebnisse im Überblick
SBB / SBB Cargo: Die Sozialpartner haben 1,5 Prozent der Lohnsumme für nachhaltige Lohnmassnahmen vereinbart: 0,8 Prozent für generelle Lohnerhöhungen als Teuerungsausgleich sowie 0,7 Prozent für individuelle Lohnerhöhungen im Sinne der Lohnentwicklung gemäss Lohnsystem im GAV. Zusätzlich erhalten alle Mitarbeitenden im Januar 2025 eine Einmalzahlung von 500 Franken, bei einem Pensum unter 50 Prozent sind es 250 Franken.
SBB Cargo International: 0,8 Prozent generelle Lohnerhöhung und eine Einmalzahlung von 800 Franken.
BLS: Total Lohnmassnahmen im Umfang von 2,2 Prozent der Lohnsumme: 0,8 Prozent Teuerungsausgleich bzw. generelle Lohnerhöhung, Erhöhung der Essenszulagen um jeweils 2 Franken (entspricht 0,2 Prozent), 0,9 Prozent individuelle Aufstiege gemäss Lohnsystem, Ein-malzahlung von 300 Franken bei Vollzeitpensum, wird nach Beschäftigungsgrad bereinigt ausbezahlt (0,3 Prozent). Zusätzlich Weiterentwicklung und Ausweitung der freiwilligen Betreuungszulage BLS.
RBS: Teuerungsausgleich von 0,6 Prozent (gemäss LIK Stand Oktober 2024) und Reallohnerhöhung von 0,4 Prozent; zudem 1 Prozent der Lohnsumme für die individuellen Aufstiege, Anhebung der Sonntagszulage auf 11 Franken und eine neue Entschädigung für dreiteilige Dienste in der Höhe von 8 Franken.
MGB: Generelle Lohnerhöhung von 1 Prozent. Zusätzlich steht 1 Prozent der Lohnsumme für individuelle Lohnerhöhungen zur Verfügung, wodurch die gesamte Lohnsumme 2025 um 2 Prozent erhöht wird.
Zentralbahn: Generelle Lohnerhöhung für alle von 1040 Franken (80 Franken/Monat) bei einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent. Zusätzlich 0,8 Prozent der Lohnsumme für individuelle Aufstiege.
Südostbahn: Die Lohnsumme erhöht sich um total 1,4 Prozent, bestehend aus einem Anteil ausserordentlicher und struktureller Lohnerhöhungen von 0,14 Prozent, 0,98 Prozent fürs Lohnsystem sowie 0,28 Prozent für die Sicherung der Kaufkraft.
Login: 0,9 Prozent generelle, 0,6 Prozent individuelle Lohnerhöhungen. Das Maximum in den Lohnbändern wird um 0,9 Prozent angehoben. Zusätzlich gewährt Login eine individuelle Leistungsprämie in Höhe von 0,5 Prozent der Lohnsumme.
Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee: Lohnpaket im Umfang von 5,2 Prozent der Lohnsumme; Erfahrungsanteil 0,8 Prozent, Leistungsanteil 0,2 Prozent, Teuerungsausgleich 0,8 Prozent, Erhöhung der Sonntagspauschale von 55 auf 65 Franken (0,3 Prozent), 2000 Franken Prämie für 2024 (2,4 Prozent) netto und versichert, Funktionsprüfungs-Anpassung im Umfang von 0,7 Prozent.
Rhätische Bahn AG: 0,8 Prozent Teuerungsausgleich (inkl. Anhebung der Lohnbänder), 1,1 Prozent individuell für das Lohnsystem, 750 Franken Prämie (Beschäftigungsgrad 51-100 Prozent) / 375 Franken Prämie (BG 21-50 Prozent) / 150 Franken Prämie bis 20 Prozent Anstellung.
Aargau Verkehr AG: Teuerungsausgleich im Umfang von 1,3 Prozent der Lohnsumme, Erhöhung der Nacht- und Sonntagszulage um 1 Franken, Erhöhung Entschädigung für a. o. Dienstantritte um 10 Franken auf 40 Franken und gleichzeitig Ausweitung der Frist für Vergütung von 48 auf 72 Stunden, Reduktion des Abzugs für die Krankentaggeldversicherung um 0,319 Prozent.
Swiss: Alle Mitarbeitenden erhalten eine Basislohnerhöhung um 2 % bzw. mindestens 100 Franken monatlich (x13) bei Vollzeitpensum. Alle Lohnbänder inkl. Lohnkurven Technik werden analog im Minimum und Maximum angehoben. Individuelle Lohnmassnahmen wurden nicht vereinbart. Ausserhalb der Vereinbarung erhielten alle Mitarbeitenden mit dem Dezemberlohn 2024 eine Einmalprämie in der Höhe von 2000 Franken (bei 100-Prozent-Pensum).
Swissport Zürich: Voller Teuerungsausgleich von 1,2 Prozent. Zudem Einigung über offene Punkte aus den Lohnverhandlungen 2024 durch Einmalzahlung von 500 Franken bei Vollzeitpensum (bzw. pro rata bei Teilzeitpensum) und bessere Regelungen für Flex-Band-Touren. Somit kann SEV-GATA die Klage vor dem kantonalen Einigungsamt zurückziehen.
MOB: Generelle Lohnerhöhung von 40 Franken pro Monat (bei 13 Monaten) sowie Lohnaufstiege gemäss GAV.
TPF: Vollständiger Teuerungsausgleich von 0,6 Prozent (gemäss LIK Stand Oktober 2024).
CGN: Vollständiger Teuerungsausgleich (gemäss LIK Stand Oktober 2024) von 0,54 Prozent und Ausgleich gemäss Krankenversicherungsprämien-Index (KVPI) von 0,45 Prozent, sowie die zweite Hälfte der Lohnerhöhung für das neue Lohnsystem im Umfang von 7,5 Prozent.
TransN: Vollständiger Teuerungsausgleich von 0,7 Prozent (gemäss LIK Stand November 2024) und 2,2 Prozent fürs Lohnsystem gemäss GAV.
LNM: Vollständiger Teuerungsausgleich über zwei Jahre im Umfang von 1,9 Prozent sowie Mittel für die Lohnaufstiege.
Chemins de fer du Jura (CJ): Vollständiger Teuerungsausgleich von 0,8 Prozent (Stand LIK September 2024) und 1,5 Prozent fürs Lohnsystem gemäss GAV.
MBC: Generelle Lohnerhöhung von 45 Franken pro Monat (bei 13 Monatslöhnen) sowie Erhöhung der Sonntagszulage um 1 Franken auf 9 Franken. Mittel für Lohnaufstiege gemäss GAV.
TPC: Vollständiger Teuerungsausgleich von 0,6 Prozent (Stand LIK Oktober 2024). Mittel für Lohnaufstiege gemäss GAV.
Chantal Fischer
SBB – Abflachung der Lohnentwicklung
Mit dem vorliegenden Lohnabschluss bei SBB und SBB Cargo konnte der SEV die Teuerung (gemäss LIK Stand September 2024) ausgleichen und gleichzeitig Mittel für die nachhaltige Lohnentwicklung der Kolleginnen und Kollegen sicherstellen. Für die Lohnaufstiege gemäss Lohnsystem wären jedoch die vom SEV geforderten 1,1 Prozent notwendig gewesen, die in den Verhandlungen nicht vollständig durchgesetzt werden konnten. Die SBB gewährte nur 0,7 Prozent für die individuellen Aufstiege.
Der GAV SBB / SBB Cargo definiert in Artikel 82 für jedes Anforderungsniveau ein Lohnspektrum zwischen Basiswert und Höchstwert. Eine sogenannte Steuerungslinie in der SAP Fiori-Darstellung, die vom Basiswert (Minimum) bis zum Maximum des Lohnspektrums verläuft, dient als Orientierung für die Lohnentwicklung. Ziel ist es aus Sicht SEV, dass sich die Löhne jeweils auf dieser Steuerungslinie entwickeln. Mit dem vorliegenden Lohnresultat 2025 wird dieses Ziel nun nicht erreicht. Die vorhandene Differenz wird unter Umständen in der SAP Fiori-Darstellung als Abweichung von der Steuerungslinie ersichtlich werden. Insbesondere für jüngere Kolleginnen und Kollegen wird dadurch der Aufstieg abgeflacht.
Für den SEV war während den Verhandlungen der volle Teuerungsausgleich prioritär, weil davon alle profitieren und dabei auch die Lohnbänder angehoben werden. Der finanzielle Spielraum der SBB hat offenbar nicht ausgereicht, um nebst Teuerungsausgleich auch die geforderten finanziellen Mittel für die Lohnaufstiege zu gewährleisten. Der SEV wird in den nächsten Lohnverhandlungen im Herbst 2025 darauf fokussieren, die entstandenen Rückstände im Lohnsystem wieder aufzuholen.