BLS-SChifffahrt
Solider FAV dank Mitgliederstärke
Per 1. Januar 2022 lagert die BLS ihre Schifffahrt in eine Tochtergesellschaft aus. Sie wollte in ihrem neuen Unternehmen mit einem einfachen Personalreglement auf volle Flexibilität setzen. Nun hat sich der SEV mit der BLS auf einen neuen Firmenarbeitsvertrag (FAV) geeinigt.
Anfang Juni haben sich die Delegationen der BLS und des SEV zur ersten Verhandlungsrunde getroffen. Es folgten intensive Verhandlungen in einer anspruchsvollen Situation. Denn die Schifffahrt musste im Zuge der Pandemie – wie viele andere Branchen auch – grosse Einbussen hinnehmen. Auch die nur sehr kurze Verhandlungsdauer war sehr anspruchsvoll. Schliesslich liegt aber mit dem neuen FAV ein gutes Gesamtpaket vor, in dem viele Bestimmungen des bisherigen GAV BLS verankert sind. Michael Buletti, zuständiger SEV-Gewerkschaftssekretär und Leiter der Verhandlungsdelegation, äussert sich zu diesem Erfolg: «Wir konnten in den wesentlichen Bereichen materielle Bestimmungen (Lohn, Zulagen, Sozialleistungen etc.) sichern und insgesamt ein gutes Vertragswerk ausarbeiten, das den Mitarbeitenden der Schifffahrt Sicherheit und Schutz bietet. Dass uns dies gelungen ist, ist alles andere als selbstverständlich. Es ist aber kein Geheimnis, dass es gegenüber dem heutigen GAV im Bereich der Arbeitszeitregelungen einzelne Verschlechterungen gibt. Wir müssen uns jedoch auch im Klaren darüber sein, wohin die BLS mit ihrer Schifffahrt ursprünglich wollte – nämlich in die komplette Flexibilität. Verglichen damit kann sich unser Verhandlungsresultat definitiv sehen lassen.»
Einzelne Punkte im Überblick
Lohn/Zulagen
• Sonntags-, Nacht- und Betreuungszulagen sowie der Auslagenersatz werden wie bisher weitergeführt.
• Die Vertragspartner verhandeln 2022 ein neues Lohnsystem. Dabei wird der Lohnbesitzstand allen Mitarbeitenden für vier Jahre gewährt.
• Die Treueprämie bleibt wie bisher, neu besteht bereits nach fünf Jahren Anspruch darauf.
Sozialleistungen
• Die Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall wird wie bisher weitergeführt.
• Die Pensionskasse wird 2022 wie bisher weitergeführt, danach ist allenfalls auf BLS-Konzernebene eine andere, gleichwertige Lösung möglich.
• 18 Wochen Mutterschaftsurlaub und 18 Tage Vaterschaftsurlaub bei 100 % Lohnfortzahlung.
• Schutz bei Änderung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen und organisatorischen Gründen.
Arbeitszeit/Ferien
• Die Jahresarbeitszeit wird von heute 2050 auf 2090 Stunden erhöht.
• Anzahl zugesicherter Ausgleichstage: mindestens 33 (bisher 52), wobei durch die langen Dienste in der Schifffahrt 33 Tage immer überschritten werden.
• Die Mindestarbeitszeit pro Dienst wird von sechs auf vier Stunden reduziert.
• In der Sommersaison grundsätzlich Sechstagewoche, im Winter Fünftagewoche.
• Mindestens sieben arbeitsfreie Tage pro Monat.
• Ferienanspruch wie bisher (5/6/7 Wochen).
Diverses
• Die Fahrvergünstigung FVP wird wie heute geregelt weitergeführt.
• Betriebliche Mitwirkung: Einführung einer Personalkommission.
• Der FAV tritt am 1. Januar 2022 in Kraft, wobei die Laufdauer bis mindestens 31. Dezember 2025 festgelegt wurde.
Das gute Resultat ist insbesondere auch den SEV-Mitgliedern bei der BLS-Schifffahrt zu verdanken. Die drei erfahrenen Personalvertreter haben sich in den Verhandlungen engagiert und ohne Angst vor Widerständen für ihre Kolleginnen und Kollegen eingesetzt. Diese wiederum stimmten dem neuen FAV in einer Urabstimmung Ende August mit über 90 Prozent Ja-Stimmen deutlich zu. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 85 Prozent. «Bei der BLS-Schifffahrt haben wir einen sehr guten Organisationsgrad von rund 80 Prozent, was gerade in schwierigen Verhandlungen sehr wertvoll ist, um auch etwas Druck auf das Unternehmen zu machen», fügt Michael Buletti an.
An den Taten messen
Die hohe Zustimmung zu den neuen Anstellungsbedingungen werten sowohl der SEV als auch die Geschäftsleitung der BLS-Schifffahrt als grossen Vertrauensvorschuss. «Wir werden bei der Umsetzung des FAV sehr darauf achten, dass dieses Vertrauen nicht enttäuscht wird», betont der Gewerkschaftssekretär.
In den letzten Mitgliederversammlungen äusserten die Schiffskolleginnen und -kollegen zudem vermehrt ihre Enttäuschung über die stetig abnehmende Wertschätzung seitens der Geschäftsleitung. «Die Kolleginnen und Kollegen sind im Frühling dem Unternehmen stark entgegengekommen und haben sich an Covid-Kurzfristmassnahmen beteiligt. Weitere Zugeständnisse wollen sie nicht mehr machen. Es ist nun fürs Arbeitsklima äusserst wichtig, wie in den nächsten Monaten mit dem Personal umgegangen wird», betont Michael Buletti.
Chantal Fischer