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Auf den Spuren von…

Viviane Mumenthaler, Kundenberaterin

Die junge SBB-Mitarbeiterin macht im SEV seit drei Jahren in verschiedenen Funktionen aktiv mit. Am 1. April übernimmt sie die Kasse des Unterverbands AS und damit viel Arbeit und Verantwortung.

Viviane Mumenthaler, langes schwarzes Haar, dunkle Augen, wartet nach ihrem Arbeitstag im Bahnhof Basel in der grossen «Schalterhalle» – wobei: Billettschalter sind dort eigentlich keine zu sehen. Erst auf den zweiten Blick erspäht man den Eingang zum Reisezentrum, wo die Laufentalerin arbeitet, wenn sie nicht am Info-Point Auskünfte erteilt oder am Gepäckschalter im Untergrund Dienst hat. «Wegen dem Bahnhofumbau nimmt die provisorische Migros viel Raum ein», erklärt sie, während wir die Treppe hinunter zum Gepäckschalter und daneben in den Pausenraum gehen. «Lärm, Staub und Dämpfe neuer Anstriche haben uns manchmal zugesetzt, doch nun wird die neue Unterführung im April eröffnet.»

Bei einem Kaffee aus dem Automaten erzählt die in Zwingen aufgewachsene Tochter einer Vietnamesin und eines Schweizer Geschäftsmanns, wie sie «als Quereinsteigerin» zur SBB kam: Im vierten Jahr der Wirtschaftsmittelschule machte sie das Praktikum bei der SBB in Basel als Reiseverkäuferin bzw. Kundenberaterin, wie der Beruf heute heisst. Dessen Vielseitigkeit, der Kundenkontakt und die tägliche Anwendung ihrer Französisch- und Englischkenntnisse gefielen ihr so sehr, dass sie sich bei der SBB um eine Festanstellung bewarb und diese nach dem Schulabschluss im Sommer 2016 prompt bekam: zuerst eine Stelle zu 80% und nach 1½ Jahren eine Vollzeitstelle. Die SBB stellt generell viele Lehrabgänger/innen nur zu 80% an. Und entlöhnt sie in den ersten zwei Jahren oft unter dem Basislohn ihres Anforderungsniveaus. Das war auch bei Viviane Mumenthaler der Fall.

Lehrabgänger/innenbrauchen mehr Lohn

«So bleiben viele auf ihre Eltern angewiesen und vermögen noch keine eigene Wohnung», hält das Mitglied der SEV-Jugendkommission fest. Die 24-Jährige wohnt heute in einer WG in Laufen. «Die SEV-Jugend will deshalb der GAV-Konferenz beantragen, bei der Neuaushandlung des SBB-Lohnsystems darauf hinzuwirken, dass die vereinbarten Basislöhne künftig auch für die Lehrabgänger/innen gelten.»

Viviane liebt ihren Beruf – trotz manchmal schwieriger Kunden. «Es kommt vor, dass jemand ausrastet, weil wir ein Billett einer anderen Bahn wie Trenitalia nicht zurücknehmen. Fühlen wir uns bedroht, können wir die Securitrans rufen.» Oder am Gepäckschalter protestierte eine «Stammkundin» jedes Mal lauthals, wenn sie ihren stets viel zu schweren Koffern Gewicht entnehmen musste. «Wir schenkten ihr eine Handwaage, doch das nützte nichts.»

In Basel hat man die Wahl, auch einfache Billette weiterhin am Schalter zu lösen, falls man bereit ist anzustehen. Das kann vor allem im Sommer schon mal 30 Minuten dauern. Aktuell ist die Personalsituation entspannter als vor einiger Zeit, als es fast unmöglich war, sich ein paar Minuten zum Lesen der Mails zu nehmen. Nun sind sogar Stages an anderen Standorten möglich. Viviane Mumenthaler wird ab April sechs Monate im Reisezentrum Sursee arbeiten.

Vom «einfachen» Mitglied zur Aktivistin

Ein knappes Budget kann auf den ersten Blick ein Grund sein, keinen SEV-Mitgliederbeitrag bezahlen zu wollen. «Mitglieder bezahlen aber nur 20 Franken zusätzlich zum Vollzugskostenbeitrag für den GAV, den alle bezahlen», rechnet Viviane Mumenthaler vor. «Diese 20 Franken kann man sicher dümmer ausgeben.» Sie selber wurde kurz nach der Festanstellung Mitglied. Der Präsident der AS-Region Mitte, Rolf Moos, hatte ihr aufgezeigt, «dass es für einen guten GAV eine starke Gewerkschaft braucht. Und wenn etwas nicht in Ordnung ist, braucht es jemanden, der den Mund aufmacht, wenn sich das sonst niemand getraut.» Zusätzlich sieht sie im SEV eine Chance, selber aktiv zu werden und etwas Gutes, Nützliches für sich und die Kolleg/innen zu tun. «Bei der Mitarbeit im SEV lernt man viele Leute aus anderen Divisionen, Regionen und Unternehmen kennen. Dieses Knüpfen von Kontakten ist cool!»

So wurde Viviane im AS Mitte Vertreterin der Jugend und Ersatzmitglied der Geschäftsprüfungskommission. Als Rolf Moos sie im Frühling 2017 an die AS-Delegiertenversammlung und den SEV-Kongress einlud, sagte sie zu und fand es spannend. Daneben vertrat sie ihre Berufsgruppe an der GAV-Konferenz und trat in die SEV-Jugendkommission ein. 2019 wurde sie von den AS-Delegierten als Nachfolgerin des langjährigen Zentralkassiers Alois Bucher gewählt. Er führt sie seit September ins Amt ein und wird ihr dieses am 1. April überlassen.

Viviane reist gern, vorzugsweise mit dem Zug, und spielt seit einem Jahr wieder Cello.

Markus Fischer

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