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Auf den Spuren von...

Marco Belloli, Chef Kundenbegleitung

1. Mai 2019: Bei solchen Anlässen fehlt Marco Belloli nie.

Grosszügig, aufmerksam, mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Scharfsinnig, loyal. Der Chef Kundenbegleitung Marco Belloli ist nun offiziell Interimspräsident des ZPV Ticino, nachdem er die Sektion bereits mehrere Jahre erfolgreich geleitet hat.

Ein tiefer, lebendiger Blick, der Gefühle und Bedürfnisse auf Anhieb erfasst. Marco Belloli, seit 1987 bei der SBB tätig, ist ein Pfeiler des SEV. Das gehört hier so geschrieben, auch wenn er solche Worte übertrieben findet. SEV-Gewerkschaftssekretär Angelo Stroppini bestätigt, dass sein langjähriger Arbeits- und SEV-Kollege dieses Lob verdient. «Marco kenne ich schon sehr lange. Er ist viel zu bescheiden. Er ist ein grossartiger Vertrauensmann: Er liebt seinen Beruf, will diesen nach bestem Wissen und Gewissen ausüben und ist für die Gewerkschaft ein Fels in der Brandung. Er kann Probleme vorhersehen, was für uns eine grosse Hilfe ist.» Überstimmt von zwei Stimmen lächelt Marco Belloli und schüttelt den Kopf: «Im SEV sind alle Vertrauensleute grossartig.» Stroppini lenkt ein: «Das stimmt! Der SEV hat das grosse Glück, auf sehr talentierte Aktivistinnen und Aktivisten zählen zu können, die stets präsent, aufmerksam, aktions- und reaktionsbereit sind. Dafür möchte ich allen, wirklich allen vielmals danken!» Diesmal lächelt Marco Belloli zufrieden, denn Komplimente und Erfolge gehören für ihn geteilt.

«Das ist die Stärke des Kollektivs», sagt Belloli. «Sie macht das Wesen der Gewerkschaft aus. Sehr wichtig sind auch Geschlossenheit, Solidarität und Zusammenarbeit. Am wichtigsten aber ist Verantwortungsbewusstsein: Jede Aktion, jedes Engagement hat Konsequenzen, die wir im Voraus abschätzen und akzeptieren müssen. Als Gewerkschaft übernehmen wir kollektiv Verantwortung. Das ist keine leichte Aufgabe, denn jede Berufskategorie hat ihre eigenen Bedürfnisse, und jeder von uns ist anders. In diesem Sinne garantiert die Struktur des SEV allen Mitgliedern gleichermassen volle Würde.»

Marco Bellolis Gesichtszüge wirken müde. Das Coronavirus hat einen gesundheitlichen und sozialen Notstand ausgelöst, unsere Gewohnheiten über den Haufen geworfen und unsere ganze Gesellschaft erschüttert: Ohne ihre bisherigen Bezugspunkte wirkt sie verletzlich und verloren. «Die Ansteckungsgefahr ist natürlich eine objektive Herausforderung für all jene, die im öffentlichen Dienst arbeiten. Wir vom Zugpersonal sind Teil einer ganzen kleinen Welt von Frauen, Männern, Geschichten, Erfahrungen, Erinnerungen, Hoffnungen und Träumen. Dazu gehören zurzeit auch Ängste und Verwirrung. Sogar für die Erfahrensten unter uns bringt momentan jeder Tag neue, unbekannte Situationen, die schwer zu meistern sind. Doch wir versuchen immer unser Bestes zu geben.»

In dieser völlig neuen Lage wenden sich viele Kolleginnen und Kollegen an den Interimspräsidenten des ZPV Ticino. «Wer arbeitet, ist zu schützen», betont Belloli. «Wir vom SEV sind sofort aktiv geworden und sind froh, dass die SBB unseren Forderungen voll und ganz nachgekommen ist. So verzichtet sie im Fernverkehr zurzeit auf Kontrollen und beschränkt sich auf die Gewährleistung eines sicheren Betriebs. Auch die Stichkontrollen und die Frequenzerhebungen wurden ausgesetzt.» Doch selbst in diesen schwierigen Tagen voller Ungewissheit begrüsst Marco Belloli alle mit einem «Wie geht es dir? Wie geht es euch?» Diese ständige Aufmerksamkeit für andere ist seine Wesensart.

Im SEV ist Marco Belloli, seit er bei der SBB arbeitet: «Mit dem ehemaligen Kassier Armando Franchi war ein Nichtbeitritt praktisch unmöglich, er hatte eine enorme Überzeugungskraft», erinnert er sich lächelnd. «Zudem erkannte ich bald den Wert der Gewerkschaft für die Sicherheit der Angestellten. Sie ist unser gemeinsames Haus, wo wir jederzeit Zuflucht und Hilfe finden. Mein Vater hatte mir bereits erklärt, dass der Beitritt zur Gewerkschaft wichtig ist.» Aus der Mitgliedschaft wurde bald gewerkschaftliches Engagement. Marco Belloli arbeitete im Vorstand des ZPV Ticino in verschiedenen Funktionen mit, und nun hat er das Interimspräsidium offiziell übernommen. Als einer, der voll im Beruf steht, war ihm die Präsenz der Gewerkschaft im Betrieb immer besonders wichtig. «Ich konnte mir meine Rolle nicht anders vorstellen. Ein Grossteil unseres Lebens findet am Arbeitsplatz statt. Ich treffe täglich Kolleginnen und Kollegen, teile mit ihnen Momente der Freude, aber auch Sorgen. Es ist für mich unmöglich wegzuschauen, wenn jemand Probleme hat. Ich bin wirklich überzeugt, dass Solidarität unverzichtbar ist. Gemeinsam sind wir stärker. Und ich denke, dass ich in all diesen Jahren auch als Person gewachsen bin.»

Bei der Bahn zu arbeiten und so in die väterlichen Fussstapfen zu treten war für Marco Belloli ganz natürlich: «Mein Vater war Bahnhofvorstand. Ich besuchte ihn oft bei der Arbeit. Seine unregelmässigen Arbeitszeiten unterschieden sich sehr von jenen der Mehrheit, von typischen Bürozeiten. Das faszinierte mich. Und der Kontakt mit Menschen fiel mir schon immer leicht.»

Françoise Gehring/Übers.: Markus Fischer
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