| Aktuell / SEV Zeitung

Sicherheit für Personal und Reisende

SBB setzt vom SEV geforderten Abfertigungsprozess um

© SBB CFF FFS

Nach dem tödlichen Unfall eines Kundenbegleiters forderte der SEV eine Änderung beim Prozess der Zugsabfertigung, um die Sicherheit der Kundenbegleiter/innen sowie der Reisenden zu gewährleisten. «Wir sind erleichtert, dass die SBB unseren Vorschlag nun umsetzt», sagt Gewerkschaftssekretär Jürg Hurni.

Bereits im August, als erste Erkenntnisse zum tödlichen Arbeitsunfalls des Kundenbegleiters in Baden bekannt wurden, forderte der SEV, den Prozess bei der Zugsabfertigung zu überprüfen. Als Sofortmassnahme verlangte der SEV, den Prozess wie bei gestörter Türsteuerung 18-poliger Betrieb anzuwenden. Zusätzlich forderte der SEV, dass die Abfahrerlaubnis per SMS erst nach dem Einsteigen und Schliessen der eigenen Türe gegeben wird.

Die SBB hat in den letzten Wochen eine Expertengruppe beauftragt, mögliche Anpassungen des Abfahrtsprozesses zu prüfen, darunter auch die Vorschläge des SEV. «An intensiven Gesprächen mit der SBB-Leitung konnten wir die Problematik des Kundenbegleitpersonals aufzeigen», so Jürg Hurni. Die Gespräche haben gefruchtet: «Erleichtert nehmen wir zur Kenntnis, dass der Prozess nun wie von uns vorgeschlagen übernommen wurde, mit einer Ergänzung bei ortsfester Abfertigung.»

Beim angepassten Prozess beobachten die Kundenbegleiter/innen die Türschliessung von ausserhalb des Zuges und erteilen die Abfahrerlaubnis per SMS, nachdem sie selbst eingestiegen sind und die eigene Türe geschlossen ist. Dies hat den Vorteil, dass nötigenfalls eingegriffen werden kann, sollte ein Gegenstand oder eine Person beim Schliessvorgang eingeklemmt worden sein. Wenn ortsfeste Signale (oranger Kasten auf dem Perron) vorhanden sind, müssen diese für die Abfahrerlaubnis verwendet werden, da dies per SMS hier nicht möglich ist.

«Die Sicherheit des Personal steht für den SEV an erster Stelle, auch wenn dadurch gewisse Verspätungen entstehen können», betont Jürg Hurni. Die SBB hat das Zugpersonal am Montag in einem Schreiben über den mit dem SEV vereinbarten Prozess informiert. Dieser ist ab 30. September gültig und wird bei Re 460-Pendelzügen und allen von Lokomotiven gezogenen Kompositionen mit 18- und 13-poliger Türschliessung angewendet. Modernere Zugtypen verfügen über zusätzliche Sicherheitselemente in den Türschliesssystemen. Deshalb wird bei diesen Zügen weiterhin der Standardprozess angewendet. 

Den Worten müssen Taten folgen

Edito von Giorgio Tuti, Präsident SEV

Wozu braucht es Gewerkschaften? Lohnt es sich, SEV-Mitglied zu sein? Das SEV-Jubiläumsjahr liefert genügend Beispiele, um jene zu überzeugen, die sich diese Fragen stellen.

Ausländische Beispiele sind die Sozialbewegungen bei General Motors und beim Cockpitpersonal von British Airways: Die Gewerkschaften unterstützen die Forderungen der Angestellten, die für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Löhne mobilisieren. Aber auch der SEV konnte im Jubiläumsjahr schon einige Erfolge verbuchen.

Besonders stolz bin ich auf die Resultate, die wir im letzten halben Jahr bei der SBB erzielen konnten. Dass wir für das GAV-unterstellte Personal eine Beteiligung an den guten Finanzergebnissen des Unternehmens herausholen konnten, ist unserem hartnäckigen Engagement zum Wohl der Mitarbeitenden zu verdanken.

Diesen Frühling verteidigten wir erfolgreich die sogenannte Schmutzzulage von 1 Franken 45 pro Stunde, welche die SBB-Führung ausgerechnet einer Berufskategorie wegnehmen wollte, die schon bescheidene Löhne hat.

Dazu kommt nun noch die Änderung des Zugabfertigungsprozesses (siehe Artikel oben), wie vom SEV nach dem tragischen Unfall eines Zugbegleiters in Baden gefordert. Aber auch ein jährlicher Marktausgleich von 3000 Franken für Triebfahrzeugführende B100 bei SBB Instandhaltung, womit das Schiedsverfahren zum Protokolleintrag 25 zum GAV 2011 endlich beigelegt wird. Einige dieser Erfolge stimmen zuversichtlich, dass auch für andere Berufskategorien und die Pensionierten Verbesserungen erreichbar sind.

Solche Erfolge sind für die Mitarbeitenden direkt spürbar. Es ist auch daran zu erinnern, was wir bei den letzten GAV-Verhandlungen verteidigen konnten. Dazu gehören die Ferienwoche für Über-60-Jährige oder der Schutz vor Kündigung aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen.
Gefreut hat mich auch das Interview des Personalchefs der SBB, das letzte Woche an die Mitarbeitenden vermailt wurde: Darin schlägt er neue Töne an, um das Vertrauen des Personals zurückzugewinnen.

Im Interview kommt der Wille zum Ausdruck, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, in weitgehender Übereinstimmung mit den Forderungen des SEV. Ich habe den Eindruck, dass wir gehört worden sind. Doch muss die Zukunft zeigen, ob es sich nur um eine Charme-Offensive handelt oder um ein erstes fassbares Zeichen eines Kulturwandels, wie wir ihn uns wünschen.
Wie auch immer – jetzt ist der Zeitpunkt ideal, um dafür zu sorgen, dass die SEV-Familie weiter wächst.