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Aufruf des SGB zum 1. Mai

Mehr zum Leben!

Ein Jahrzehnt nach dem Ausbruch der Finanzkrise stehen die Zeichen in der Wirtschaft weltweit endlich wieder auf Erholung. Letztes Jahr brummten die Wirtschaftsmotoren. Ist also alles wieder gut? Mitnichten.

Die Ideologen tun so, als wäre nichts gewesen und predigen die ewig gleichen neoliberalen Rezepte für Wirtschaft und Politik. Genau die Rezepte, welche die Wirtschaft 2008 in eine weltweite Krise geführt haben.

Auch in der Schweiz streichen die Manager in den Teppichetagen wieder Millionenboni ein – wie zu den übelsten Zeiten vor der Krise. Regeln, mit denen die Bankenwelt hätte sicherer gemacht werden sollen, wollen sie wieder schleifen, um erneut gefährliche Finanzabenteuer eingehen zu können. Bei den Löhnen hingegen predigen sie unverdrossen Zurückhaltung und weitere magere Jahre. Und gegen die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern wollen sie schon gar nichts unternehmen. Die öffentliche Hand setzen sie mit ihrem Spardogma unter Druck, nur damit sie ihre eigene Steuerrechnung noch weiter drücken können. Im Gesundheitswesen predigen sie einen Markt, der keiner sein kann und lassen die Versicherten unter dem Titel «Eigenverantwortung» immer mehr der Kosten direkt via höhere Franchisen selber zahlen. In der Altersvorsorge ignorieren sie das sinkende Rentenniveau in der zweiten Säule und wollen uns stattdessen in die noch teurere und unattraktivere private Vorsorge der Versicherungen und Banken treiben. Von den Arbeitnehmenden fordern sie längere Arbeitstage und -wochen. Unter dem Schlagwort Digitalisierung drängen sie immer mehr Arbeitnehmende in eine Scheinselbständigkeit, die es den Arbeitgebern erlaubt sich aus ihrer Verantwortung zu stehlen. Und weil ihnen Lohnschutz schon immer ein Dorn im Auge war, stellen sie sich nun bei den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen Schweiz-EU auf die Seite der EU-Kommission, um unseren Lohnschutz und die Flankierenden nachhaltig zu schwächen.

Doch etwas vergessen die Ideologen: Ohne uns Arbeitnehmende gibt es keine Wirtschaft. Wir erarbeiten die Gewinne, die sie am liebsten nur unter ihresgleichen verteilen würden. Wir sorgen dafür, dass die Wirtschaft läuft. Und wir Arbeitnehmenden sind auch die Konsumenten, die für Nachfrage sorgen. Das rufen wir den Ideologen am 1. Mai gerne in Erinnerung. Und laut und deutlich: Die alten Rezepte sind gescheitert. Jetzt ist es Zeit, die Zeiger neu auszurichten. Seit zwei Jahren stagnieren die Reallöhne. Oft war nicht einmal mehr der Teuerungsausgleich gesichert, weil die Arbeitgeber dieses Prinzip während der Jahre der Nullteuerung offensichtlich nur allzu gerne vergessen und über Bord geworfen haben. Klar ist: Es ist Zeit für MEHR Lohn.

Insbesondere gilt dies für die Frauen, deren Löhne immer noch hinter jenen der Männer herhinken. Seit 1981 ist die Gleichstellung von Männern und Frauen zwar in der Verfassung und seit 1996 im Gesetz verankert. Trotzdem hapert es an vielen Orten, nicht nur bei den Löhnen. Das Gros der Arbeit zu Hause wird von den Frauen geleistet. Als Arbeit wird das nicht anerkannt und wertgeschätzt. Die Folge sind miese Einkommen und tiefe Renten. Bei den Kinderbetreuungs- und Pflegeangeboten wird gespart. Auf Kosten der Frauen, die die Lücke füllen. Und noch immer ist sexuelle und sexistische Gewalt verbreitet. Klar ist: Es braucht MEHR Lohn, Zeit und Respekt für die Frauen.

In den letzten Jahren sanken die Pensionskassenrenten der künftigen RentnerInnen stetig. Dennoch ignorieren ausser dem SGB und seinen Verbündeten die politischen Akteure die soziale Sprengkraft dieser Situation. Statt über die Rentenhöhe reden sie lieber über die Demografie und ein höheres Rentenalter für alle. Klar ist: Es ist Zeit für MEHR Rente. Dazu braucht es höhere AHVRenten, damit auch die nächste RentnerInnen-Generation anständige Renten hat. Bei der Einführung des Krankenkassenobligatoriums versprach der Bundesrat, dass die Belastung durch die Krankenkassenprämien 8 Prozent eines Haushaltsbudgets nicht übersteigen solle. Doch die meisten Haushalte leiden heute unter einer viel stärkeren Belastung. Denn die Kantone sparten und standen trotz stetigem Anstieg der Krankenkassenprämien bei den Prämienverbilligungen auf der Bremse oder haben die Verbilligungen sogar gekürzt. Klar ist: Es braucht MEHR Prämienverbilligungen. In einem ersten Schritt muss die Prämienbelastung der Haushalte auf 10 Prozent gesenkt werden, wie es die vom SGB unterstützte Prämien-Entlastungs-Initiative verlangt. Und den Versicherten dürfen nicht immer noch mehr Kosten aufgehalst werden, wie mit der soeben beschlossenen Erhöhung der Franchisen.

Die Kontrollen im Rahmen der flankierenden Massnahmen zeigen: Die Missbrauchsquote ist hoch, viele Unternehmen zahlen nicht die Löhne, die in der Schweiz gelten. Deshalb muss der Lohnschutz ausgebaut werden. Trotzdem hat Bundesrat Cassis letztes Jahr eine Diskussion über den Abbau des Lohnschutzes losgetreten. Und die Wirtschaft schlägt sich auf die Seite der EU-Kommission und macht enormen Druck, im Zusammenhang mit dem Rahmenabkommen den Schweizer Lohnschutz den schwächeren EU-Regeln anzupassen. Klar ist: Es braucht MEHR statt weniger Lohnschutz. Gegen einen Abbau werden die Gewerkschaften nötigenfalls das Referendum ergreifen.

Der Arbeitgeberverband rühmt gegenüber ausländischen Medienschaffenden gerne das Schweizer Arbeitsrecht als äusserst flexibel und liberal. Dennoch wollen die gleichen Kreise jetzt auch noch die zentralen Grundregeln zum Schutz der Arbeitnehmenden, wie Arbeitszeiterfassungspflicht, Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten schleifen. Klar ist: es braucht MEHR statt weniger Zeit zum Leben. Die Gewerkschaften werden derartige Angriffe vehement bekämpfen. Und sie werden einfordern, was schon lange angezeigt ist: 5 Wochen Ferien für alle.

Damit ist klar: Die Zeiger müssen neu ausgerichtet werden. Es ist Zeit für MEHR Lohn, MEHR Rente, MEHR Lohngerechtigkeit, MEHR Gleichstellung, MEHR Prämienverbilligungen, MEHR Lohnschutz und für MEHR Zeit für uns selber. Kurzum fordern wir: MEHR ZUM LEBEN.

Unter diesem Link findet Ihr eine laufend aktualisierte Tabelle der 1.-Mai-Veranstaltungen.

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