Delegiertenversammlung des Unterverbandes BAU
Alles klar – ausser die Zukunft
Die diesjährige Delegiertenversammlung des Unterverbandes BAU brachte kämpferischere Töne als jene früherer Jahre. Das sollte auch dem Unterverband neuen Schwung verleihen.
Unterverbands-Delegiertenversammlungen sind wichtige Elemente der Gewerkschaftsdemokratie: die Gewerkschafter/ innen nehmen namens und im Auftrag der Mitglieder ihrer Sektion die statutarischen Geschäfte vor: sie wählen den Zentralvorstand, genehmigen Rechnung und Budget und legen die Leitlinien für die Arbeit des nächsten Jahres fest, wie es in jedem Verein, in jeder Genossenschaft oder jeder Aktiengesellschaft nicht viel anders ist. Doch gelegentlich wird die Routine auch durchbrochen: Wenn die Interessen der Organisation und ihrer Mitglieder massiv bedroht sind, dann werden an solchen Versammlungen etwas schärfere Reden gehalten, sind etwas schrillere Töne zu hören.
Der GAV ist bedroht
Das ist bei einer Gewerkschaft, wo Arbeiter/innen sich für ihre Rechte und Interessen einsetzen, gewiss in ganz besonderem Masse der Fall. Und auch wenn die Mitarbeiter/innen der Bauabteilungen der Bahnen eher für Zuverlässigkeit bekannt sind als für besonders lautes «Ausrufen», so war die Sorge über die Bedrohung des GAV, die Unzufriedenheit mit der sturen Haltung der Delegation der SBB, in diesem Jahr doch deutlich zu spüren.
Intensives Gewerkschaftsjahr
Zentralpräsident Markus Kaufmann eröffnete die DV mit einer Standortbestimmung. Er blickte auf ein Jahr zurück, das erneut sehr anspruchsvoll war. An zahlreichen Besprechungen wurden immer neue «Reorganisationen» präsentiert, es waren Stellungsnahmen abzugeben, in Konsultationsverfahren musste mitgewirkt werden – und doch immer im Bewusstsein, dass Einflussnahmen nur sehr begrenzt möglich sind. Man wird informiert, etwas ändern aber ist kaum möglich.
Die GAV-Verhandlungen, so man sie denn überhaupt als solche bezeichnen kann, empfand Kaufmann als «sehr mühsam», als frustrierendes «Ablenkungsprogramm».
Totalangriff der SBB
In die gleiche Kerbe hieb Gewerkschaftssekretär Urs Huber. Er sprach von einer «Erpressungslogik» der Arbeitgeberseite, von lauter «Wenn-dann-Forderungen»–wirkliche Verhandlungskultur sähe anders aus. Der Berg an Streichungs- und Kürzungsforderungen der SBB sei enorm. Sogar klar im GAV festgelegte Ansprüche müssten heute gelegentlich mühsam durchgesetzt werden und würden von Arbeitgeberseite dann als Entgegenkommen verkauft. Dass nun auch noch die längst paraffierten Abmachungen bei der PK SBB wieder als Druckmittel ins Spiel gebracht werden, hat die SEV-Verhandlungsdelegation empört. Die Verhandlungen seien extrem schwierig und mühsam. Jetzt müsse man vor allem aufpassen, dass man nicht ermüde und auch die Mitarbeitenden sich weiter bewusst sind und parat stehen, wenn die Verhandlungen nun noch Monate länger dauern.
Schon genug Abbau und Reo’s bei Infrastruktur SBB
Huber zeigte weiter einen aktuellen Überblick über die vielen Abbau- und Reorganisationsprojekte bei SBB Infrastruktur. Und eines sei zu befürchten: Es werden nicht weniger. Auch darum sei der SBB-Angriff auf alles und jedes völlig fehl am Platz. Es gebe jetzt schon genug Umbau, Abbau und Ungewissheit ganz ohne GAV-Angriffe der SBB.
Dass der neu gewählte Leiter der Divison Infrastruktur die letzen 20 Jahre bei amerikanischen IT-Multis gearbeitet habe, trage auch nicht gerade zur Beruhigung bei.
Suche nach Deblockierung
SEV-Vizepräsident Manuel Avallone sprach zum selben Thema – es ist das Thema, das zur Zeit den SEV und seine Mitglieder am meisten umtreibt. Zum dritten Mal fiel im Zusammenhang mit den GAV-Verhandlungen das Prädikat «mühsam». Doch die Verhandlungen sind nicht nur mühsam, sie sind auch langwierig: die Arbeitgeberseite trat mit Maximalforderungen an und wollte sich lange nicht bewegen. Avallone hat ein wenig Hoffnung: am Vortag der Delegiertenversammlung, so verriet er den Delegierten, habe er etwas Bewegung auf der Gegenseite verspürt, wenn auch noch eher «diffus». Noch gebe es «Minenfelder und Stolperdrähte» – doch wenn dadurch eine Lösung möglich wäre, dann könnte auch eine Verschiebung des GAV-Abschlusses sinnvoll sein.
Auch Avallone sah den GAV als System, das wiederum in einem übergeordneten System von gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen eingebunden ist. Die Arbeitgeberseite sollte sich gut überlegen, wann man welche Anpassungen vornehmen wolle, vornehmen könne und vornehmen müsse. Gerade in diesem Zusammenhang dürfe es für die SBB keine Generalvollmachten für Änderungen geben. Sollte der GAV durch die SBB gekündigt werden, so sagte Avallone den Delegierten, «wäre das ein Schlag ins Gesicht aller Mitarbeitenden und Frontalangriff gegen den SEV. Dann werden wir auch entsprechend reagieren müssen. Da wird es euch brauchen».
pan.
Bau mit Zukunft?
Die statutarischen Geschäfte gaben an der DV BAU keinen Anlass zu Diskussionen. Der Jahresbericht des Präsidenten, die Rechnung und das Budget wurden diskussionslos und einstimmig genehmigt. Die beiden Resolutionen zu den GAV-Verhandlungen bei SBB und SBB Cargo und zum GAV, der für die Fernbusbranche zu verhandeln ist, riefen auch zu keinen Diskussionen.Memet Kaya wurde von den 28 Stimmberechtigten (unter 39 Anwesenden) als neues Mitglied in den Zentralvorstand gewählt – er könnte die «Zukunft BAU» verkörpern, die aus Zeitgründen an der DV nicht mehr diskutiert werden konnte.
pan.