Recht auf Tageslicht am Arbeitsplatz
Und es wurde Licht …
Wo Tageslicht am Arbeitsplatz fehlt, hat das Personal Anrecht auf zusätzliche Pausen, um ans Licht gehen zu können. Das Bundesgericht hat im Februar eine entsprechende Klage der Gewerkschaft Unia gegen Manor in Genf gutgeheissen.
Tageslicht ist für die Gesundheit der Angestellten äusserst wichtig, denn es hat einen entscheidenden Einfluss auf den Biorhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus) und damit auf die Qualität des Schlafs. Ein Mangel an natürlichem Licht führt zu Angstzuständen, Reizbarkeit und Depressionen.
Deshalb gab die verwaltungsrechtliche Abteilung des Genfer Kantonsgerichts der Unia recht, als sie vom Genfer Warenhaus Manor zusätzliche Lichtpausen für Verkaufsangestellte einforderte, die ständig ohne Tageslicht arbeiten müssen. Dieses Urteil der Genfer Justiz hat nun auch das Bundesgericht bestätigt.
«Der nach einem fünfjährigen Verfahren erzielte Sieg ist für das Manor-Personal wichtig», schreibt die Unia in ihrer Medienmitteilung vom 25. Februar und erklärt: «Diese Zusatzpausen – 20 Minuten pro gearbeiteten Halbtag – müssen in der Personalplanung von nun an systematisch vorgesehen werden. Sie sind zusätzlich zu den normalen Pausen zu gewähren und gehen zulasten der Arbeitgeber.»
Schon 2013 hatte sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ebenfalls für zusätzliche Pausen für das im Untergeschoss arbeitende Personal in der Railcity Zürich ausgesprochen. Jenes Urteil ist umso wichtiger für die SEV-Mitglieder, weil es die Welt des Verkehrs betrifft – auch wenn es sich auf einen Mieter von Verkaufsflächen bezieht und nicht auf die SBB, wie deren Sprecher Frédéric Revaz präzisiert.
Laut den gesetzlichen Vorschriften müssen ständige Arbeitsplätze über Tageslicht und Sicht ins Freie verfügen. Wenn Räumlichkeiten diese Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen Ausgleichsmassnahmen zugunsten des Personals ergriffen werden. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) macht in seinen Wegleitungen u. a. folgende Vorschläge: tageslichtähnliche künstliche Beleuchtung, Arbeitsplatzrotation, Freilegung abgedeckter Fenster oder Verwendung von hellen Farben in den Räumen; vor allem aber kompensatorische Pausen am Tageslicht hält es als noch immer wirksamste Massnahme.
Und bei der SBB?
Der Bundesgerichtsentscheid wirft für die SEV-Mitglieder eine ganze Reihe von Fragen auf: Gewährt die SBB Angestellten, die ohne genügend Tageslicht arbeiten müssen, zusätzliche Pausen? Wie viele Mitarbeitende der SBB befinden sich in dieser Lage?
Vorderhand verweigert die SBB jeden Kommentar zu den Auswirkungen dieses Bundesgerichtsurteils. «Das vor kurzem gesprochene Urteil ist noch nicht im Detail analysiert worden. Daher ist es zurzeit nicht möglich, dazu Stellung zu nehmen», erklärte Frédéric Revaz nüchtern.
Der SEV empfiehlt seinen Mitgliedern, sich im Zweifelsfall erst mal an die Personalkommissionen zu wenden. Denn für die Gesundheit am Arbeitsplatz ist – neben dem Arbeitgeber – in erster Linie die Peko zuständig.
Vivian Bologna / Fi