Platzmangel in den Zügen zu den Hauptverkehrszeiten
Aufbauschung der Zahl pendelnder SBB-Mitarbeiter/innen
«Bähnler klauen Pendlern Plätze», titelte gestern Abend ein Pendlerblatt. Diese Behauptung ist falsch und eine Frechheit gegenüber dem Bahnpersonal, das damit zu Unrecht zum Sündenbock für die übervollen Züge gestempelt wird. Die wahren Grün de dafür sind die generelle starke Pendlerzunahme und fehlende Kapazitäten. Die Politik muss das nötige Geld für Infrastruktur und Rollmaterial zur Verfügung stellen.
«Am schlimmsten ist es im 6-Uhr-Zug von Zürich nach Bern», lasen
gestern die wegen der Platzprobleme verärgerten Pendler/innen im «Blick am
Abend»: «Dort ist in der 1. Klasse fast jeder fünfte Sitzplatz von einem
Mitarbeiter des öffentlichen Verkehrs belegt, bestätigten die SBB heute gegenüber
dem ‚Tagesanzeiger’. Diese reisen gratis. Derweil klagen die zahlenden SBB-Kunden
über randvolle Züge und müssen oft stehend reisen.»
Diese falsche, karikierende «Erklärung» des Platzproblems in den Zügen ist
für die Verkehrsgewerkschaft SEV inakzeptabel, denn das Bahnpersonal wird damit
zu Unrecht zu Sündenböcken gestempelt.
So verschweigt «Blick am Abend», dass sich der genannte Anteil der SBB-Mitarbeiter
(19%) im besagten IC 808 nur auf die belegten Sitzplätze bezieht, während die
gesamte Auslastung unter 50% liegt. Wegen der Bähnler muss also in diesem Zug
sicher niemand stehen. Auch der «Tagesanzeiger», aus dem der «Blick am Abend»
die Story abschrieb, verschwieg in der gestrigen Ausgabe diesen Sachverhalt,
der für alle genannten Zahlen gilt. In der heutigen Ausgabe hat er dies nachgeholt.
Der Anteil der SBB-Mitarbeitenden mit Fahrvergünstigung (FVP) beträgt in den
Zügen zwischen 6 und 8 Uhr durchschnittlich 5% – 2,4% in der 2. Klasse, 11%
in der 1. Klasse. Anzumerken ist, dass der Anteil heute tiefer liegen dürfte
als in den Zeiten, als die SBB noch gegen 40'000 Mitarbeitende zählte und noch
wesentlich weniger Züge verkehrten. Heute beschäftigt die SBB knapp 28'000
Mitarbeitende im 24-Stundenbetrieb, die sich über die ganze Schweiz verteilen.
Viele Schicht arbeitende Bähnler sind sicher nicht zu den Stosszeiten im Zug
– oder höchstens als Lokführer und Zugbegleiter.
Zudem haben und befolgen die SBB-Mitarbeitenden die Anweisung, ihren Sitzplatz für die Kund/innen freizumachen, wenn für diese keine Plätze mehr zur Verfügung stehen. Noch ein Tipp zum Handgepäck: dieses statt neben sich unter den Sitz oder auf die Ablage legen!
FVP nicht «gratis»
Der FVP-Fahrausweis, auf den die Mitarbeitenden aller öV-Unternehmen und nicht nur die SBB-Angestellten Anrecht haben, ist nicht «gratis», sondern ein Teil der Anstellungsbedingungen und muss als Einkommen versteuert werden. Fahrvergünstigungen für das Personal sind auch bei vielen anderen Unternehmen üblich. Viele zahlen ihren Mitarbeitenden zumindest das Halbtax. Das ist sehr zu begrüssen. Ebenso, dass die Bähnler/innen wenn immer möglich mit dem Zug statt mit dem Auto zur Arbeit fahren.