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Link zum Recht

Krankheit oder Unfall während Ferien: Was sind meine Rechte?

Im «Link zum Recht» der SEV-Zeitung vom 2. September 2022 haben wir einige Grundsätze der Ferien besprochen. Einer betraf die Ferienfähigkeit als Voraussetzung, damit Ferien ihren Erholungszweck erfüllen. Nachfolgend weitere Informationen zum häufig auftretenden Problem der Ferienunfähigkeit und Ratschläge, wie man sich in einer solchen Situation verhalten soll.

Ferien werden meist weit im Voraus geplant und es ist oft schwierig, die Ferien aus organisatorischen Gründen zu verschieben. Aufgrund der Unwägbarkeiten des Lebens können Arbeitnehmende ihre Ferien aber nicht immer wirklich geniessen. Zum Beispiel, wenn eine Krankheit oder ein Unfall kurz vor den Ferien auftritt und sich in den Ferien fortsetzt, oder wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung während den Ferien eintritt. Die Frage lautet daher: Kann ich meine geplanten Ferien zurückfordern, wenn ich während Ferien krank werde oder einen Unfall habe, und wenn ja, wie muss ich vorgehen?

Gemäss Art. 329a OR besteht der Zweck der vom Arbeitgeber gewährten Ferien darin, dass sich Arbeitnehmende ausruhen, ablenken und physisch und psychisch erholen können. Eine Krankheit oder ein Unfall können dazu führen, dass sie sich in den Ferien nicht erholen können, was bedeutet, dass eine Verschiebung bzw. Nachgewährung der Ferien durch den Arbeitgeber erfolgen muss. Ein generelles Verbot des Ferienaufschubs bei Krankheit oder Unfall ist missbräuchlich, da jede Situation individuell definiert werden muss.

Das Ferienunfähigkeitszeugnis

Um zu bestimmen, in welchen Fällen der Ferienaufschub zu gewähren ist, muss im Einzelfall anhand von zwei objektiven Kriterien entschieden werden: eine bestimmte Intensität sowie eine bestimmte Dauer. Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss so intensiv sein, dass es den Arbeitnehmenden nicht möglich ist, das Erholungsziel der Ferien zu erreichen. Die Beeinträchtigung muss auch von einer gewissen Dauer sein, d. h. mehr als zwei aufeinanderfolgende Tage. Es ist nicht Sache des Arbeitgebers, die Intensität der Gesundheitsbeeinträchtigung zu bestimmen. Dies ist Aufgabe eines Arztes oder einer Ärztin. Ausserdem darf ein ärztliches Zeugnis, das eine Ferienunfähigkeit bescheinigt, niemals Einzelheiten über die Gesundheitsbeeinträchtigung enthalten. Es sollte lediglich die Ferienunfähigkeit nachweisen. Da es hier nicht um eine Arbeitsunfähigkeit im eigentlichen Sinne geht, müssen Ärzt:innen, die ein Ferienunfähigkeitszeugnis ausstellen, darin explizit festhalten, dass die Person nicht in der Lage ist, sich in den Ferien zu erholen.

Gemäss ihrer Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 321a OR) müssen Arbeitnehmende ihren Arbeitgeber unverzüglich, d. h. ohne ihre Rückkehr aus den Ferien abzuwarten, darüber informieren, dass sie ihren Ferienanspruch nicht wahrnehmen können. Natürlich kann eine medizinische Situation, die eine sofortige Mitteilung verhindert, wie z. B. ein Spitalaufenthalt, eine Verzögerung bei der Information des Arbeitgebers rechtfertigen. Die Arbeitnehmenden müssen in solchen Fällen informieren, sobald sie in der Lage sind, dies zu tun. Eine verspätete Information oder ein rückwirkendes Arztzeugnis kann als Rechtsmissbrauch angesehen werden, und in einem solchen Fall würden die Ferien als tatsächlich genommen gelten.

Es wird empfohlen, den/die direkte:n Vorgesetzte:n sowie die Personalabteilung schriftlich per E-Mail darüber zu informieren, dass man nicht in der Lage ist, seine Ferien zu geniessen, und dies durch ein ärztliches Zeugnis zu begründen, in dem die Ferienunfähigkeit schriftlich festgehalten wird.

Wenn alle diese Schritte korrekt ausgeführt wurden und der Arbeitgeber die Verschiebung bzw. Nachgewährung der Ferien trotzdem ablehnt, hilft das SEV-Rechtsschutzteam SEV-Mitgliedern gerne weiter.

SEV-Rechtsschutzteam