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Wenn die IV zu viel bezahlt hat

In einem aktuellen Urteil des Bundesgerichts ging es um die Frage, ob man zu Unrecht erhaltene Sozialversicherungsleistungen zurückzahlen muss.

Darf man gutgläubig erhaltene IV-Gelder behalten? (Bild von pasja1000 auf Pixabay.)

Arnold war knapp ein Jahr lang arbeitslos. Zur selben Zeit lief ein Antragsverfahren für IV-Leistungen. So erhielt Arnold Leistungen der Arbeitslosenversicherung und anschliessend eine vollständige, rückwirkende IV-Rente, die auch teilweise den Zeitraum der Arbeitslosigkeit abdeckte. Arnold erhielt fälschlicherweise den Betrag der Ausgleichskasse, den sie zur Kompensation an die Arbeitslosenkasse hätte zurückzahlen müssen. Nach der Rückerstattung dieses Betrags teilte die IV Arnold mit, dass er den irrtümlich erhaltenen Betrag zurückgeben müsse. Aber Arnold widersetzte sich und der Fall endete vor dem Kantonsgericht – zu Arnolds Missfallen. Er beantragte, dass seine Verpflichtung zur Rückerstattung des Betrags aufgehoben wird. Die IV lehnte ab.

Laut Gesetz müssen zu Unrecht erhaltene Leistungen zurückgegeben werden. Eine Rückerstattung kann allerdings nicht verlangt werden, wenn der Betroffene in gutem Glauben ist und ihn die Rückgabe in eine schwierige Situation bringen würde. Diese beiden Kriterien sind kumulativ.

Dass der Leistungsempfänger sich nicht bewusst war, dass er keinen Anspruch auf die erhaltenen Leistungen hat, ist nach der Rechtsprechung kein ausreichender Beweis dafür, dass er nach Treu und Glauben gehandelt hat. Der Antragsteller darf in keiner Weise schuldig sein, also keine böswillige Absicht gehabt und sich nicht grobfahrlässig verhalten haben.

Eine grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Begünstigter nicht so reagiert, wie es von einer urteilsfähigen Person in einer identischen Situation erwartet werden kann.

Arnold erhielt für den gleichen Zeitraum Arbeitslosengeld und eine volle Invalidenrente. Auch wenn diese Entscheidungen manchmal kompliziert und schwer zu verstehen sind – in diesem spezifischen Zeitrahmen ist die Motivation für die Entscheidung sehr klar. Arnold konnte nicht übersehen haben, dass er für denselben Zeitraum eine IV-Rente erhalten hat, die er sechs Monate vor Erhalt der Leistungen der Arbeitslosenversicherung beantragt hatte. Er hätte sich daher bei den zuständigen Behörden erkundigen müssen. Die begangene Fahrlässigkeit kann nicht als geringfügig eingestuft werden, weshalb der Antrag auf eine Aufhebung der Rückzahlungspflicht zu Recht abgelehnt wurde.

Arnold beruft sich auf Treu und Glauben und bestreitet, die geltenden Grundsätze in Fragen der Sozialversicherung, insbesondere im Falle einer Überkompensation, vollständig gekannt zu haben. Diese rückwirkenden Berechnungen sind kompliziert und alles geschah anderthalb Jahre nach Erhalt des Arbeitslosengeldes. Ihm kann deshalb nur leichte Fahrlässigkeit angelastet werden und sein guter Glaube sollte anerkannt werden.

Das Bundesgericht stimmt Arnold jedoch nicht zu, der damals Unterstützung von einem Anwalt erhalten hatte. Der Anwalt hätte bemerken müssen, dass der Betrag an die Arbeitslosenkasse zurückgehen muss. Auch hier handelt es sich um Grobfahrlässigkeit, was ein Handeln nach Treu und Glauben ausschliesst. In der Tat sollte daran erinnert werden, dass die Handlungen und Versäumnisse eines Anwalts seinem Mandanten zuzuschreiben sind. Wer solche Dienste zur Unterstützung in Anspruch nimmt, haftet für das Verhalten des Dienstleisters wie für sein eigenes. Arnolds Rekurs ist daher unbegründet und wurde vom Bundesgericht abgelehnt.

SEV-Rechtsschutzteam