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Dauerbrenner Arbeitszeugnis
Wer bei einer Stellenbewerbung in die engere Wahl kommen will, braucht unbedingt ein «gutes» Arbeitszeugnis. Bei einem grossen Arbeitgeber mit einer professionell arbeitenden HR-Abteilung sollte ein solches Zeugnis eigentlich «automatisch» ausgestellt werden. Doch auch hier lohnt sich manchmal ein zweiter Blick, denn oft fehlt es an der Klarheit und Individualität. Die Arbeitszeugnisse von SBB und SBB Cargo beschäftigen das Rechtsschutzteam des SEV übermässig.
Das sollte drin stehen
Ein Arbeitszeugnis umfasst die Personalien des Arbeitnehmers, der Arbeitnehmerin: vollständiger Name, Geburtsdatum, evtl. Heimat- oder Wohnort und evtl. Zivilstand. Selbstverständlich muss auch die Firma genannt werden, für die der/die Arbeitnehmer/in gearbeitet hat, allenfalls auch die Abteilung und, wo dies nicht selbstverständlich ist, womit sich diese befasst. Je nachdem kann es sinnvoll sein, die Arbeitgeberin vorzustellen.
Beruf und Funktion aufführen
Wichtig ist, dass der erlernte Beruf des Arbeitnehmers, der Arbeitnehmerin erwähnt wird, z.B. «Logistikerin EFZ», «Büroassistent EBA», allenfalls auch erlangte Weiterbildungen (Kurse, FH-Abschlüsse) und die Bezeichnung der ausgeübten Funktion. Die Tätigkeiten sollten detailliert aufgeführt werden, beispielsweise «telefonische Beratung der Kunden», «technische Kontrollen der Fahrzeuge im Schichtdienst» (alle ausgeübten Tätigkeiten nennen).
Bis hier geben Zeugnisse normalerweise kaum Anlass zu Streit, denn man kann sich ja auf eine Stellenbeschreibung stützen.
Zu einem Zeugnis gehört auch eine Qualifikation der geleisteten Arbeit («zu unserer vollen Zufriedenheit») und der persönlichen Fähigkeiten («hervorzuheben sind ihre guten Fremdsprachenkenntnisse sowohl im mündlichen wie im schriftlichen Verkehr»), Hier gibt es manchmal unterschiedliche Auffassungen. Auch eine «Betragensnote» gehört ins Zeugnis: «X wurde von den Kollegen sehr geschätzt, er verhielt sich jederzeit loyal zu den Vorgesetzten und war immer korrekt und dienstleistungsorientiert gegenüber unserer Kundschaft.»
Negative Aussagenmeiden
Zur Vertragsauflösung kann etwas gesagt werden, wenn es keine negativen Aussagen enthält: «Herr X verlässt uns auf eigenen Wunsch, um sich einer Weiterbildung zu widmen», «Frau Y verlässt uns, weil sie in einer anderen Firma eine neue Herausforderung gefunden hat». Normalerweise wird das Zeugnis mit einer wohlwollenden Formel abgeschlossen: «Wir bedanken uns bei Herrn Z für die in unserem Betrieb geleistete Tätigkeit und wünschen ihm auf seinem weiteren Berufsweg alles Gute.» Das Zeugnis muss so abgefasst sein, dass es das «berufliche Fortkommen» nicht behindert.
Viele vermeintlich neutrale Aussagen können auch negativ gedeutet werden. Wird etwa gesagt, das Arbeitsverhältnis sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden, so tönt das nicht viel besser als eine Kündigung. Deshalb müsste hier eine Erklärung über die Gründe folgen. Die früher gefürchteten «Codes» in Zeugnissen sind übrigens heute verboten.
Negative Punkte sollten keine Erwähnung finden, also keine gehäuften Krankheitsabsenzen, keine höheren Gehaltsvorstellungen, keine «unpassenden» Freizeitbeschäftigungen.
Der Rechtsweg kann helfen
Wer bei einem Stellenwechsel nicht sicher ist, ob das Arbeitszeugnis akzeptiert werden soll oder muss, tut gut daran, es bei der Gewerkschaft überprüfen zu lassen. Berechtigte Änderungsvorschläge sollten zuerst beim Arbeitgeber verlangt werden: möglichst konkret! Also nicht: «Ich verlange ein besseres Zeugnis», sondern die gewünschte Formulierung nennen. Kommt keine Einigung zustande, kann bei der Schlichtungsstelle des Arbeitsgerichts geklagt werden (im öffentlichen Recht gibt es ein eigenes Verfahren, notfalls bis zum Bundesverwaltungsgericht). Diese Klage kann bis fünf Jahre (!) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingereicht werden, das Verfahren ist kostenlos. Wichtig ist, dass man beim Gang vor Gericht einen Entwurf für das gewünschte Arbeitszeugnis einreicht, denn das Gericht wird kaum aus dem «Blauen» heraus selber formulieren. Gerade bei Streitigkeiten über ein Arbeitszeugnis ist aber die Schlichtungsquote sehr hoch.
Rechtsschutzteam SEV