Bestehen Möglichkeiten, sich gegen zugewiesene unzumutbare Stellen zur Wehr zu setzen?
Welche Arbeit ist denn zumutbar?
Starker Franken, schlechte Auftragslage, Reorganisation – und schon ist die Kündigung ins Haus geflattert. Nun gilt es, sich wohl oder übel beruflich neu zu orientieren. Schnell wird klar: Jede Stelle will ich nicht annehmen. Doch was gilt denn nun als zumutbare Arbeit?
Der Begriff «zumutbar» zeigt, dass es keine allgemeingültige Antwort gibt. Ob eine Arbeit zumutbar ist oder nicht, kann jeweils nur in Bezug auf eine bestimmte Arbeit und eine bestimmte Person geprüft werden. Entscheidend ist somit die gesamte Situation des/der Betroffenen.
Persönliche Umstände sind zu prüfen
Die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) stützen ihre Zumutbarkeitsanalysen auf Art. 16 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG). Unter anderem werden die Arbeitsbedingungen, die Fähigkeiten des Betroffenen, Alter, persönliche Lebensumstände und Gesundheitszustand in die Beurteilung miteinbezogen. Bei der SBB bezieht sich das Arbeitsmarktcenter (AMC) nach Ziffer 173 Abs. 2 GAV SBB auf die Kriterien Arbeitsweg, Tätigkeit, Arbeitszeit und Lohn.
Lohnsumme allein ist nicht entscheidend
Für die Bestimmung der Zumutbarkeit muss die neue Arbeit mit der alten verglichen werden, bezogen auf die Lebensumstände des oder der Betroffenen. Je ähnlicher die neue Arbeit der alten ist, umso mehr ist die Zumutbarkeit zu bejahen. Eine Arbeit ist aber nicht automatisch zumutbar, wenn sich die Lohnsumme nicht verändert. Es müssen auch andere Kriterien wie Anforderungen an die Tätigkeit, erforderliche Berufskenntnisse sowie körperliche und psychische Belastungen verglichen werden. Erst wenn sich die Mehrzahl der Kriterien in einem vergleichbaren Rahmen bewegen, kann von einer zumutbaren Arbeit ausgegangen werden.
Ist eine Beschwerde sinnvoll?
Was tun, wenn eine Arbeit anzunehmen ist, die man als unzumutbar empfindet bzw. wenn die Ablehnung einer Stelle zu rechtlichen Problemen führt? Das RAV verfügt die Zumutbarkeit der Arbeit und die Leistungseinstellung aufgrund der Ablehnung. Hier besteht die Möglichkeit der Einsprache. Dasselbe gilt für Entscheide (z. B. Versetzung, Entlassung) des Arbeitsmarktcenters (AMC, vormals NOA) bzw. der SBB AG. Eine solche Verfügung kann in einem ersten Schritt SBB-intern und, wenn dies nichts fruchtet, auch noch beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Bei der SBB Cargo und andern Unternehmungen, die dem privaten Recht unterstehen, steht, wenn keine interne Beschwerdeinstanz bezeichnet ist, der Weg vor Arbeitsgericht offen.
Vor Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen
So hat das Rechtsschutz- Team in mehreren Fällen die Leistungseinstellung des RAV verhindern können. Auch die SBB musste kürzlich auf einen Entscheid zurückkommen. Sie hat einer von einem Stellenverlust betroffenen Person eine neue Stelle zugewiesen, diese einseitig als zumutbar bezeichnet und entsprechend einen Übertritt ins AMC verweigert. Nachdem die SBB-interne Beschwerdeinstanz die Zumutbarkeit der Stelle bestätigte, gelangte der SEV ans Bundesverwaltungsgericht. Dieses ist nach einer gründlichen Analyse der Zumutbarkeitskriterien bzw. dem Stellenvergleich zum Schluss gekommen, dass die zugewiesene Stelle nicht als zumutbar bezeichnet werden kann. Das Gericht ordnete an, dass der betroffenen Person der Übertritt ins AMC zu ermöglichen ist.
Rechtsschutzteam SEV