Simon Burgunder antwortet
Mehr Europa Ja, aber nicht zu jedem Preis
Schweiz–EU: Warum lehnen die Gewerkschaften das Verhandlungsmandat des Bundesrats in der jetzigen Form ab?
Der SEV und die andern Mitglieder des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) sind nicht gegen eine Öffnung gegenüber der EU, sondern unterstützen ein Abkommen, bei dem die Löhne und der Service public gesichert sind. Die in Vorgesprächen mit der EU skizzierte Liberalisierung beim internationalen Schienenpersonenverkehr (IPV) ist inakzeptabel, weil sie die Anstellungsbedingungen und den Service public gefährdet. Um die Löhne gegen Dumping aus der EU zu schützen, braucht es wirksame Flankierende Massnahmen (FlaM), die vor EU-Recht geschützt sind und nicht vom Europäischen Gerichtshof ausgehebelt werden können.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) will eine «kontrollierte» Öffnung des IPV mit eigenständigen Verbindungen ausländischer Bahnen nach dem Konkurrenzprinzip – dies statt der bewährten, bisher breit befürworteten Kooperation zwischen SBB und ausländischen Bahnen. Zwar plant das BAV Auflagen, um das Schweizer öV-System vor negativen Auswirkungen zu schützen. Doch die reichen aus Sicht des SEV nicht aus. Tarifintegration und Taktvorrang verhindern weder Kabotage noch Lohn- und Preisdumping. Was branchenübliche Sozialstandards sind, ist nicht klar. Zudem müssen die Auflagen diskriminierungsfrei umgesetzt werden, um von der EU überhaupt akzeptiert zu werden. Wie das möglich sein soll, hat das BAV bisher nicht aufgezeigt. Somit drohen bei einer solchen Öffnung Sozialdumping und Rosinenpickerei auf Kosten der Schweizer Bahnen und der Qualität des ganzen Bahnsystems.
Simon Burgunder ist Koordinator Verkehrspolitik des SEV. Hast du eine Frage an ihn oder den SEV? Schreib uns an .