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Vierländertreffen

Evaluierung des vierten Eisenbahnpakets

Lokführerinnen und Lokführer von deutschen, luxemburgischen, österreichischen und schweizerischen Gewerkschaften haben sich in Wien getroffen, um gemeinsam – an die Adresse der EU-Kommission – ihre Forderungen zum 4. Eisenbahnpaket zu formulieren: «Nach zehn Jahren Harmonisierung des europäischen Eisenbahnraums ist es an der Zeit, die Erreichung der politischen Zielsetzung zu evaluieren», sind sich die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter einig.

Die Gewerkschaften fordern die EU-Kommission denn auch auf, eine Evaluierung in das Hearing der EU-Kommission vom Herbst 2024 aufzunehmen. Damit soll eine Grundlage geschaffen werden, die es den künftig zuständigen Kommissionsmitgliedern erlaubt, notwendige Kurskorrekturen rechtzeitig vorzunehmen. Gerald Trofaier, Sprecher der Gruppe, kritisiert die Verlagerung der Normengebung von den Infrastrukturbetreibern hin zu den Eisenbahnverkehrsunternehmen. «Es widerspricht jeglichen europäischen Harmonisierungsbestrebungen, dass nun Eisenbahnunternehmen ihre Sicherheitsmethoden selbst bestimmen. Damit wird die Sicherheit auf der Schiene reduziert, und es kommt zu einem Wildwuchs von Regelungen.»

Einheitliche Betriebsregeln gegen Lohndumping

«Die fehlende Harmonisierung des technischen Zugsicherungssystems ‹European Train Control System (ETCS)›, das Fehlen von einheitlichen Betriebsregeln sowie die fehlende länderübergreifende Harmonisierung der ETCS-Infrastrukturen sind klare Versäumnisse der Europäischen Eisenbahnagentur», sagt Alexandre Ramos von der luxemburgischen Lokpersonalvertretung. Diese Versäumnisse zeitnah aufzuholen ist aus gewerkschaftlicher Sicht entscheidend: Denn so lange es keine verpflichtende digitale Aufzeichnung der Arbeitszeit gibt, sind die Eisenbahnbeschäftigten einem grenzenlosen Lohn- und Sozialdumping ausgeliefert, das gravierende Sicherheitsmängel mit sich bringt. Daher appelliert Karsten Ulrichs von der deutschen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) an die nächste EU-Kommission, die europaweite Standardisierung der Ausbildungen und Zertifizierungen sowie die Einführung einer digitalen Arbeitszeitaufzeichnung zum Schutz der Eisenbahnbeschäftigten in Angriff zu nehmen, damit ein europäisch harmonisierter Eisenbahnraum realisierbar wird.

Gute Standards für die Bahnbranche der Zukunft

Für die Stärkung der interoperablen Eisenbahnverkehre braucht es gute europäische Standards, damit sich der Verkehr nicht weiter auf die Strasse verlagert. Die Zeit drängt, wenn die Bahnbranche eine attraktive Arbeitgeberin und das europäische Zugpferd zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor werden will.

Gerald Trofaier (Vida, Österreich), Karsten Ulrichs (EVG, Deutschland), Hanny Weissmüller (SEV, Schweiz) und Alexandre Ramos (OGB-L Landesverband, Luxemburg) fordern die nach den EU-Wahlen vom 9. Juni neu zusammengesetzte EU-Kommission daher auf, die bisherigen Liberalisierungsschritte im Eisenbahnbereich zu evaluieren, insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen der Beschäftigten, auf den intermodalen Wettbewerb sowie auf die notwendigen Schritte zur Erreichung der Klimaziele. Die neue Kommission soll dementsprechend sinnvolle Massnahmen ergreifen.