Kundgebung am 16. September
Immer weniger erhalten? Nein!
Alles wird teurer, doch Löhne und Renten stagnieren vielerorts. In den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs droht ein schwieriger Lohnherbst. Am 3. März 2024 findet eine schicksalshafte Abstimmung zu den Renten statt. Am 16. September können wir zeigen, dass wir dieser Entwicklung nicht gleichgültig gegenüberstehen.
Am 27. Juni haben wir das Referendum gegen die Reform der beruflichen Vorsorge (2. Säule, Pensionskasse) eingereicht. 141'726 Unterschriften, also fast dreimal so viele Unterschriften wie nötig, hat das Bündnis von Gewerkschaften und linken Parteien gesammelt. Die Reform würde zu weiteren Rentenverlusten von bis zu 3240 Franken pro Jahr führen. Obwohl bereits die Teuerung eine Monatsrente frisst. Und schon die letzten zehn Jahre in der 2. Säule für die Arbeitnehmenden dramatisch waren. Die vom Parlament verabschiedete Reform blendet nicht nur aus, dass die Umwandlungssätze und Renten bereits seit mehreren Jahren sinken. Ebenso werden die deutliche Zinswende und die hohe Teuerung komplett ignoriert.
Der Sinkflug der Renten
Die Renten trotz Zinswende weiter zu senken, ist falsch. Doch genau dies verlangt das Parlament: weitere Rentensenkungen von bis zu 15 %. Diese Vorlage würde zudem nach AHV 21 eine weitere Verschlechterung für die Frauen bedeuten. Ausgerechnet jene Generation, die von der Erhöhung des Rentenalters betroffen sein wird, müsste ihr restliches Erwerbsleben lang höhere Beiträge zahlen, würde weniger Nettolohn erhalten – und dafür tiefere oder höchstens gleich hohe Renten bekommen. Die Frauen sollen ein zweites Mal die Zeche zahlen.
Nicht zuletzt ist die Reform auch aus technischer Sicht misslungen: Sie macht die 2. Säule noch undurchsichtiger, aufwändiger – und letztlich willkürlich – zu Gunsten der Banken und Versicherungen. Dank dem Referendum können wir voraussichtlich am 3. März 2024 über diese missratene Reform der beruflichen Vorsorge abstimmen.
Am gleichen Tag werden wir wahrscheinlich auch über die Einführung einer 13. AHV-Rente abstimmen. Im Unterschied zur BVG-Reform sagen die Gewerkschaften ja zur von ihnen verlangten 13. AHV-Rente. Diese ist bitter nötig, um den Kaufkraftverlust bei den Pensionierten zu stoppen. Nein sagen die Gewerkschaften zur Initiative der Jungfreisinnigen, die an diesem Renten-Abstimmungssonntag wohl ebenfalls auf dem Programm steht. Diese will das Rentenalter weiter erhöhen.
Schwieriger Lohnherbst 2023
Nicht nur die Renten werden für viele Menschen in der Schweiz immer schmäler, sondern auch die Löhne oder die Kaufkraft, also das, was wir uns mit unseren Löhnen leisten können. Wirtschaftsexpertinnen und -experten gehen davon aus, dass sich die Kaufkraft-Krise im Herbst 2023 zuspitzt. Die Löhne sind zum ersten Mal in der Nachkriegszeit drei Jahre hintereinander real gesunken. Dazu kommen kräftige Preiserhöhungen bei den Mieten und eine regelrechte Explosion bei den Krankenkassen-Prämien von voraussichtlich über 5 %. Die Bestandesmieten werden wegen der Erhöhung des Referenzzinssatzes im Oktober um 3 % steigen. Die Arbeitgeber in zahlreichen Branchen gehen auf Konfrontation und bremsen bereits jetzt die Erwartungen für die Lohnrunde.
Auch in den Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs dürften die Verhandlungen im Herbst wesentlich schwieriger werden als 2022. Ein Grund dafür ist die angekündigte Kürzung der Bundesgelder beim regionalen Personenverkehr (siehe Seite 1). Deshalb ist es wichtig, dass wir am Samstagnachmittag, dem 16. September, in Bern zahlreich und laut protestieren und zeigen, dass wir gemeinsam stark sind.
Michael Spahr
Die grössten Opfer der Inflation
Kommentar von Aroldo Cambi. Eine zentrale Frage bei der Inflation ist: Trifft sie alle gleich stark? Nein! Sie trifft Arbeitnehmende, Rentnerinnen und Rentner mit geringem oder keinem Vermögen bei weitem am stärksten. Denn wer seinen Lebensunterhalt lediglich über seinen Lohn oder seine Rente finanziert, kann sich davor kaum schützen und seine Lebenssituation entsprechend absichern. Gutbetuchte hingegen haben zahlreiche Optionen, ihr Vermögen inflationsgeschützt anzulegen. Oder sie können gar mit geschickten Zügen ein Kapitaleinkommen generieren, dessen Rendite über der Teuerung liegt. Denn Sachanlagen wie Aktien oder Immobilien können sich auch in Inflationsphasen grandios entwickeln.
Wer aber keine finanziellen Möglichkeiten hat, sein Leben über diese Quellen mitzufinanzieren, ist der Teuerung und ihren schwerwiegenden Folgen zu 100 % ausgesetzt. Wer einen Lohn empfängt, muss am Ende des Jahres den Lohn neu verhandeln und darauf hoffen, dass er oder sie einen einsichtigen und sozial verantwortlichen Arbeitgeber hat. Wer eine Rente empfängt, muss beten, dass die Pensionskasse in irgendeiner Weise eine Teuerungszulage vorsieht. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: S olche Gebete finden kaum Gehör.
Die gleiche Lohnempfängerin und der gleiche Rentner haben keine Möglichkeit, an der Supermarktkasse den Preis für Brot und Milch oder beim Versicherer die Krankenkassenkassenprämie zu verhandeln. Preiserhöhungen werden rücksichtslos durchgesetzt. Muss das so bleiben? Nein! Wir können alle Hebel in Gang setzen, diese Systematik politisch zu bekämpfen. Deshalb gehen wir alle am 16. September auf die Strasse und setzen ein Zeichen.