Branchentagung Bus in Olten
SEV lanciert zweite Gesundheitsumfrage beim Buspersonal
Hauptthemen der Branchentagung Bus des Unterverbands VPT vom 27. Februar in Olten waren die Lancierung einer zweiten Gesundheitsumfrage bei den Busfahrer/innen aller SEV-Sektionen, sowie die anhaltenden Angriffe auf das bisher gut funktionierende System des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz und die Arbeitsbedingungen des Verkehrspersonals.
Das Wichtigste zuerst: Liebe Busfahrer/innen, füllt bis spätestens Ende Mai den (anonymen) Umfragebogen online unter bit.ly/bus-de aus, oder übergebt den Papier-Fragebogen an ein SEV-Sekretariat oder an eure Sektion (Präsident/in, Vorstandsmitglied, Vertrauensleute). Die Bögen werden dann zentral in Lausanne gesammelt und ausgewertet.
Warum diese Umfrage? Die Gesundheit sei für uns alle ungemein wichtig und somit naturgemäss auch ein zentrales Thema für eine Gewerkschaft, die Nähe postuliert und sich vor allem mit den Arbeitsbedingungen der Mitglieder beschäftigt, erklärte Christian Fankhauser, SEV-Gewerkschaftssekretär und Koordinator des Bereichs Konzessionierte Transportunternehmungen (KTU) an der Tagung. «Werbung findet am Arbeitsplatz statt und läuft vorwiegend über die Arbeitsbedingungen. Wir wissen nur zu gut, dass der Druck aufs Personal zunimmt, Pausen werden gekürzt und die beschleunigten Abläufe wirken sich unweigerlich auf den Gesundheitszustand aus.»
Wiederholung der Umfrage von 2010
Aus diesen Gründen hatte der SEV-VPT schon 2010 eine Gesundheitsumfrage bei den Busfahrer/innen durchgeführt. «Diese war erfolgreich, auch weil es in der Schweiz noch keine verlässlichen Studien zur Gesundheit am Arbeitsplatz gab», führte Fankhauser aus. «Unsere Umfrage hat sogar in Québec ein Echo hervorgerufen, und unsere kanadischen Kolleg/innen liessen uns wissen, dass die Sorgen auf der andern Seite des Atlantiks die gleichen sind.»
Eines der Resultate der auf Initiative einer Gruppe von Fahrern durchgeführten Umfrage von 2010 war, dass 80% der befragten 798 Berufsfahrer/innen darunter litten, wenn Arbeitsschichten länger als 10 Stunden dauerten. Drei Viertel der Antwortenden beklagten auch die schwierigen Bedingungen im Verkehr, der sich zunehmend selbst im Weg ist und das Einhalten des Fahrplanes manchmal verunmöglicht. Das Ganze wird noch verschlimmert durch die ständigen Baustellen für den Strassenunterhalt oder aus andern Gründen. Auch die Aggressivität gewisser Passagiere und anderer Verkehrsteilnehmer, auch von Radfahrern, ist belastend. Ein weiterer Punkt, der sich auf die Gesundheit der Fahrer/innen auswirkt, sind lange Fahrzeiten und nicht immer optimal organisierte «Cockpits». Die Mehrheit der Antwortenden klagte 2010 über Muskel-Skelett-Schmerzen und beruflichen Stress, wogegen 34% aller Arbeitnehmenden im Land darunter leiden. Eine neuerliche Bestandesaufnahme ist deshalb wichtig.
Deshalb haben der SEV und sein Unterverband VPT beschlossen, dem Personal nach acht Jahren erneut den Puls zu fühlen. «Die Fragen sind die gleichen wie bei der Umfrage von 2010», so der Gewerkschaftssekretär, «und zwar, weil wir die Resultate objektiv miteinander vergleichen und Veränderungen des Gesundheitszustandes der Busfahrer/innen feststellen können möchten.» Vor der Analyse der Daten müssen diese allerdings erhoben und dazu die Fragebogen verteilt werden. Die Anonymität ist gewährleistet. Den Kolleg/innen muss aufgezeigt werden, wie wichtig ihre Teilnahme an dieser Umfrage ist, die die Gesundheit beleuchtet. Ideal wäre es, wenn die ausgefüllten Bögen bis Ende Mai zurückgeschickt würden. Die Resultate werden nicht nur eine Einschätzung der Gesundheit des Fahrpersonals erlauben, sondern es auch ermöglichen, auf Gewerkschaftsebene neue Forderungen zum Schutz der Arbeitsbedingungen zu formulieren.
Vom Wert des öffentlichen Verkehrs
Das zweite Thema der Tagung war der öV allgemein, der zurzeit im eisigen Gegenwind der Liberalisierung schwierige Zeiten durchmacht, wie SEV-Präsident Giorgio Tuti an mehreren Beispielen aufzeigte. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat den Weg der Liberalisierung eingeschlagen. Die Erteilung der Konzessionen für Fernbuslinien wie jüngst jene für Domo Swiss Express lässt der Bahn Konkurrenz erwachsen. Das Volk hat namhafte finanzielle Mittel für die Bahn bereitgestellt. Die Billigbusse, die die Umwelt strapazieren, befahren unsere Strassen ohne GAV, und der SEV will die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird, genau anschauen.
VPT-Zentralpräsident Gilbert D’Alessandro sprach dazu Klartext: «Die gegenwärtige Politik des BAV ist fatal und widersprüchlich. Während das Schweizer Volk für die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur stimmt, schafft das BAV die Voraussetzungen für die Konkurrenzierung der Eisenbahn, indem es Konzessionen für Fernbusse erteilt. Mir scheint, dass die Führung des BAV entgleist!»
Doch damit nicht genug. Der Postauto-Skandal lastet als schwerer Brocken auf dem öffentlichen Verkehr. Schnell drängt die Rechte im Parlament auf Liberalisierungs- und Privatisierungsszenarien, als ob dies die Lösung für die Probleme wäre. «Mittels dieses Skandals» fügte D’Alessandro hinzu, «will man den öffentlichen Dienst treffen; dieser muss allen in gleicher Weise dienen, in den Zentren wie draussen auf dem Land.» Daher muss der öffentliche Dienst vor den immer häufigeren Angriffen geschützt und auch gestärkt werden. «Erinnern wir uns daran», betonte der VPT-Präsident, «dass die Steigerung der Rentabilität der Unternehmen sich als Druck gegen uns richtet, die Produktivität soll erhöht werden, was sich wiederum unmittelbar auf unsere Arbeits- und Gesundheitsbedingungen auswirkt.» Der öffentliche Dienst, der auch Garant für den nationalen Zusammenhalt ist, steht allerdings nicht nur in der Schweiz unter Druck.
Das Mantra der Privatisierung
SEV-Präsident Giorgio Tuti kann sich als Präsident der Sektion Eisenbahn der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) gut ein Gesamtbild der Situation in Europa verschaffen: «In Frankreich will Präsident Macron den öffentlichen Dienst unter Druck setzen. In Österreich sind die Dinge durch den politischen Rechtsruck nicht besser. Und in Italien ist die Luft zum atmen sicherlich nicht günstig.» Deshalb hat die Gewerkschaftsbewegung die Pflicht, den Schutz aufrechtzuerhalten und über alle Mittel zur Verteidigung des öffentlichen Dienstes nachzudenken. Im Mai wird dies ein Thema an der Delegiertenversammlung des SGB sein.
«Der Postauto-Skandal wird enorme Schäden anrichten und das Mantra der Privatisierung wiederbeleben, das in den Ländern, in denen es als Option gewählt wurde, nur Schaden angerichtet hat», sorgt sich Tuti. «Das Axiom ist einfach: Zuerst wird alles billiger, dann beginnt die Qualität zu sinken und schliesslich muss alles saniert werden. Das Beispiel von Flixbus in Deutschland ist typisch: Um die Konkurrenz auszuschalten, hat das Unternehmen drastisch die Preise gesenkt, und als Flixbus dann allein war, hat es seine Preise um 30% erhöht.» Um den öffentlichen Dienst zu retten, müssten wir auch politische Bündnisse schaffen und eine Mauer gegen die Stösse der Liberalisierung bauen, die weder bessere Qualität noch grössere Sicherheit bringt, erklärte Tuti. Die Liberalisierung diene nur der Logik des Marktes und den Taschen der immer gierigeren Manager.
Unterstützung für SBB-Angestellte
Aber die Verteidigung des öffentlichen Dienstes, so warnt der SEV-Präsident, vollzieht sich auch über die Erneuerung des GAV SBB/SBB Cargo: «Wie ihr wisst, sind die Verhandlungen äusserst hart, weil wir vor einem Abbauprojekt im grossen Stil stehen.»
Klare Worte fand auch VPT-Vizepräsident Peter Bernet. «Der GAV SBB ist das Modell, die Referenz für die GAV aller KTU. Ein Riss in diesem Leuchtturmvertrag würde bedeuten, dass auch die Verträge anderer öffentlicher Verkehrsunternehmen, die oft auf jenem der SBB basieren, gefährdet wären. Deshalb müssen wir alle im VPT mit unseren Kollegen und Kolleginnen der SBB solidarisch sein und mit ihnen kämpfen.»
Françoise Gehring/pan.
Werbung und Digitalisierung
«Ich weiss, dass das Werben neuer Mitglieder nicht einfach ist, aber wir kommen trotzdem nicht darum herum, weil wir nur mit einem hohen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad unsere Arbeitsbedingungen verteidigen können.» René Schnegg, der Werbeverantwortliche im Zentralvorstand VPT, versuchte mit einer klaren Ansage die Kolleg/innen zu motivieren, die eigenen Reihen zu stärken. Dasselbe wiederholte Vincent Leggiero, Präsident der Sektion VPT-TPG. Als er die Entwicklung bei der TPG aufzeigte, wo die Gewerkschafter eine Streikdrohung deponierten, die von der Basis sehr gut aufgenommen wurde, betonte er die Wichtigkeit der Arbeit direkt bei den Leuten. «Nähe bedeutet, auf Platz sein, den Kolleg/innen zu- hören und ihnen Antworten geben – das ist Gewerkschaft. Die Gewerkschaft besteht aus den Leu- ten, die genau das tun. Eine andere Zauberformel für den Erfolg gibt es nicht.»
«Was wird mit diesen Arbeitsplätzen im Zeitalter der Digitalisierung passieren?», fragte sich SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger. Eine zentrale Frage, wenn man sich daran erinnert, dass die Gewerkschaften his- torisch gesehen dort entstanden sind, wo die Arbeit erledigt wurde. «Wenn wir heute Plattformen haben, wie sie etwa von Uber oder Flixbus genutzt werden, wird das die Beziehungen zwischen Unternehmen und Beschäftigten und zwischen Gewerkschaften und Arbeiter/innen in ganz neue Bahnen lenken.
Digitalisierung heisst auch neue Berufsbilder, neue Produktionsformen und Organisationen, die immer individualistischer daher kommen. «Man versteht leicht, dass eine Gewerkschaft, die auf der Gemeinschaft gründet, auch die Beziehung zu den einzelnen Mitgliedern über- denken muss», ergänzte Spalinger, «und sie muss das heute tun. Die Herausforderungen der Digitalisierung sind gewaltig. Wir wollen nicht, dass solche Plattformen, die kaum etwas mit dem öffentlichen Verkehr zu tun haben, das heutige Schweizer System unfair konkurrenzieren und zerstören.»
frg/pan.
Kommentare
Martinez Jose Luis 19/03/2018 16:14:30
Je pense que cette année, le SEV doit se montrer ferme, quitte à faire moroiter la GREVE !
Car à un moment donné, on ne peut plus céder à touts les "caprices" de nos dirigeants !
Je suis certain, que si, certaines propositions de la direction sont acceptées, il y aura une vague de démissions au CFF et au SEV ! Enlever, indemnités de residence, garanties de salaire, indemnité travail de nuit, vacances, à ce taux là, n'importe quel emploi ailleurs, permettra d'avoir plus de week-ends libres, plus de présence avec nos familles, une qualité de vie meilleure en bref, donc notre cher employeur devrait réflechir, et notre cher syndicat avoir plus de cou..... , car lorsque ce seront des personnes sans connaissances spécifiques qui entretiendront tout le matériel ferroviaire, il faudra en assurer les conséquences !!