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Manuel Avallone erläutert die Übereinkunft mit der SBB

«Ein ausgeglichenes Päckli dank dem SEV»

Die Verhandlungen mit der SBB führten zu einer Übereinkunft über die Berufsinvaliden-rente und über die Aufteilung der Prämien der Risikoprämie der Pensionskasse. Der GAV-Ausschuss hat am 15. Dezember zugestimmt. Wir sprachen mit SEV-Vizepräsident Manuel Avallone.

Manuel Avallone erklärt den SEV-Kolleg/innen am 8. Dezember vor dem SBB-Sitz die Verhandlungspunkte.

Manuel Avallone, es brauchte vier Verhandlungsrunden, um einen Kompromiss mit der SBB zu finden. Wie beurteilst du die Lösung?

Für eine Gesamtbeurteilung der Verhandlungen muss man ihr Umfeld einbeziehen. Anfänglich wollte die SBB nur mit dem Stiftungsrat der Pensionskasse über die Berufsinvalidität und die Risikoprämie verhandeln. Sie fand, diese zwei Dossiers seien die Sache des Stiftungsrates. Wie wir erfahren haben, wollte die SBB, dass sich eine Arbeitsgruppe mit den Änderungen bei der Berufsinvalidität befasst. Dies zeigt, dass die SBB vor allem den Zugang zur Berufsinvalidität verschlechtern, sie aber nicht ganz abschaffen wollte… Nach den ersten Versammlungen, die wir organisierten und an denen wir forderten, mit der SBB verhandeln zu können, wurden wir an den Verhandlungstisch eingeladen.

Manche sagen, dies sei normal, Verhandlungen der SBB mit den Sozialpartnern seien üblich. Schlussendlich müsse das Personal trotzdem mit einer Lohnsenkung von 0,4% leben. Ist das Glas nun halb voll oder halb leer?

Ich finde, dass diese Einigung trotz dem Lohnabzug annehmbar ist. Dank dem SEV hat man nun ein ausgeglichenes «Päckli». Anfänglich wollte die SBB die Löhne um 0,8% senken und sie hatte die Vereinbarung zur Berufsinvalidität gekündigt. Letztere ist nun gerettet und steht felsenfest bis Ende 2022. Und bevor die SBB diese angreifen oder kündigen kann, muss sie nun mit den Sozialpartnern sprechen. Das ist eine wichtige Neuerung. Das Gleiche gilt für die Risikoprämie. An den ersten drei Sitzungen war die Erhaltung der Berufsinvalidität nur bis zum 1.Januar 2020 ins Auge gefasst worden, und von Gesprächen mit den Sozialpartnern war keine Rede. Der SEV war der einzige Sozialpartner, der das Gesamtpaket nach drei Runden zurückweisen wollte, weil das Gleichgewicht nicht stimmte. Für uns kam nicht infrage, eine schlechte Übereinkunft zu unterzeichnen. Wir wollten den Contrat social verlängern, um das Paket auszugleichen, aber das wollte die SBB nicht. Daraufhin hat der SEV die Verhandlungen unterbrochen, und der Unterbruch hat es erlaubt, eine Lösung zu finden.

Wenn das Resultat jetzt auch annehmbar ist, so ist es doch nur eine Etappe aller Sparmassnahmen im Rahmen von Railfit20/30 …

Dieser Angriff ist nur der Anfang. Bei den GAV-Verhandlungen wird die SBB die Leistungen kürzen wollen, weil sie der Meinung ist, sie sei zu grosszügig und müsse sich dem Markt annähern. Aber die SBB ist die Messlatte in der Branche Bahn! Der GAV ist wirklich sehr gut. Das ist so, weil der SEV bei der SBB mit einem guten Organisationsgrad gut verankert ist, wie auch im übrigen öV. Das ist nicht einfach Grosszügigkeit der Arbeitgeber.

Denkst du, dass die Basis des SEV bereit ist, den GAV und die Arbeitsplätze zu verteidigen?

Dass sich 300 Kolleg/innen vor den Verhandlungen am 22. November vor dem Sitz der SBB versammelt haben, gibt unseren Forderungen Gewicht. Ich danke allen, die dabei gewesen sind. Sie haben ein deutliches Signal an die SBB-Leitung gesandt, das diese auch wahrgenommen hat. Bei unseren Railfit-Versammlungen hat man gemerkt, dass die Mitglieder beunruhigt und äusserst kritisch gegenüber ihrer Leitung sind; das Vertrauen schwindet. Das hat die Personalzufriedenheitsumfrage der SBB bestätigt. Deshalb denke ich, dass wir auf den Widerstand der Basis bauen können. Auf der andern Seite wird auch der politische und finanzielle Druck, der auf der SBB lastet, die kommenden Verhandlungen beeinflussen. Auch die Antworten, die von anderen Gewerkschaften in ähnlichen Auseinandersetzungen kommen, haben einen Einfluss auf die SBB.

Du scheinst vorsichtig. Haben wir schon verloren?

Nein, aber in der Schweiz sind die Arbeitsbedingungen und die GAV gegenwärtig unter Druck. In diesem Umfeld ist schon die Abwehr von Verschlechterungen nicht selbstverständlich. Um besser vorbereitet zu sein, werden wir weitere Versammlungen unserer Mitglieder organisieren, um die nötigen Massnahmen zu bestimmen.

Vivian Bologna/pan.

Die Einigung in Kürze

Die Berufsinvalidität bleibt bis Ende 2022 unverändert. Änderungen bedürfen der vorgängigen Besprechung mit den Personalvertreter/innen.

Das Personal muss in Zu- kunft 0,4% Risikoprämie für die Pensionskasse bezahlen. Der Arbeitgeber wird demnach ¾ der Prämie übernehmen und das Personal ¼. Ge- genwärtig bezahlt die SBB die gesamte Prämie, die Direktion wollte sie hälftig teilen.

Die Pensionskasse der SBB übernimmt die Verwaltungskosten ab dem 1. Januar 2017. Bisher hat diese die SBB bezahlt.

Eine noch zu gründende Ex- pertengruppe soll den Reinte- grationsprozess bei der SBB analysieren mit dem Ziel, die Reintegration zu vereinfachen und zu verbessern.