| Aktuell / SEV Zeitung

Sektionskonferenzen 2015

«Wir sind keine Einzelkämpfer»

Wie immer zum Jahresanfang fanden in den letzten Tagen die regionalen Konferenzen zwischen SEV-Profis und Sektionsverantwortlichen statt – in der deutschen Schweiz in Bern, St. Gallen und Zürich.

Immer interessant: das Traktandum «Berichte aus den Sektionen». Ursula Graf vom VPT Appenzellerland hat aufmerksame Zuhörer.

Zum zweiten Mal dauerten die Konferenzen in Deutschschweiz und Tessin einen halben Tag, statt nur einen Abend wie vorher. So bleibt mehr Zeit zum Diskutieren und für ein gemeinsames Nachtessen. Diese Formel scheint sich zu bewähren, jedenfalls war das die Meinung der Teilnehmer/innen in St. Gallen (siehe Box rechts). Die Westschweizer Konferenz dauert gar einen ganzen Tag.

Von den drei Deutschschweizer Konferenzen hat kontakt.sev jene in der Ostschweiz besucht. Dabei waren 18 Sektionsvertreter/innen: Mitarbeitende von SBB, Appenzeller Bahnen (AB), Bodensee-Schifffahrt (SBS), Frauenfeld–Wil-Bahn (FW), Rhätischer Bahn (RhB), Südostbahn (SOB) und Thurbo sowie SBB-Pensionierte. Vom SEV-Zentralsekretariat war neben dem kompletten Präsidium – Giorgio Tuti, Manuel Avallone und Barbara Spalinger – auch Sektionscoach Elena Obreschkow anwesend. Hinzu kamen vier Vertreter/innen der Regionalsekretariate Chur, St. Gallen und Zürich, der Zentralpräsident des Unterverbands AS, Peter Käppler, und Damian Vogel von der Jugendkommission.
Unter den Jahreszielen, die in den beiden kontakt.sev-Ausgaben 24/2014 und 1/2015 (Tuti-Interview) bereits vorgestellt wurden, gab die Mitgliederwerbung besonders zu reden. «Wir machen viel, doch es reicht immer noch nicht», sagte Giorgio Tuti. Zwar habe der SEV heute nur 17 Aktive weniger als vor einem Jahr, aber wegen den wegsterbenden Pensionierten eben doch 300 ganzzahlende Mitglieder verloren. Vor allem gilt es bei Unternehmen, die wieder Arbeitsplätze aufbauen wie die SBB, den Organisationsgrad mindestens zu halten.

«Wir gehen jedem Austritt nach und besuchen die SBB-Betriebszentrale Ost regelmässig», berichtete Martin Künzler vom AS Ost. «Aber heute rechnen viele junge Fahrdienstleiter/innen damit, irgendwann den Arbeitgeber zu wechseln.» Das mache das Werben nicht einfacher.

Die Jungen werben – und die Älteren erst recht

«Die Jungen treten bei, wenn sie merken, dass sie dank dem SEV nicht allein sind», sagte Roger Marty (SBS). «Man muss die Werte der Gewerkschaft rüberbringen.»

«Die Fluktuation gibt es», bestätigte Damian Vogel, «und doch lohnt es sich, die Jungen zu werben. Denn wenn man als Junger schon Mitglied ist, fällt später der Einstieg in die Sektion leichter. Die Jugend von heute ist der SEV von morgen!» Elena Obreschkow findet es auch wichtig, die Jugendlichen zu werben, doch weil diese beruflich oft noch andere Richtungen einschlagen, müsse die Aufbauarbeit des SEV vor allem bei den 30- bis 50-Jährigen erfolgen.

SEV bietet viel Mehrwert für 20 Franken im Monat

Ein Sektionspräsident fand, dass die nichtorganisierten «Trittbrettfahrer» von den Leistungen des SEV allzu sehr mitprofitieren, vor allem vom GAV. «Wir können keinen GAV nur für unsere Mitglieder machen», antwortete Giorgio Tuti. «Doch vielleicht muss man den Nichtorganisierten noch mehr zu spüren geben, was sie für nur 20 Franken im Monat alles nicht haben: keinen Rechtsschutz, keine Beratung und Information, keine Zeitung, keine Dienstleistungen wie Reka-Schecks usw.» Für nur 20 Franken im Monat wären sie im SEV dabei, da die Mitglieder ja keinen Vollzugs- kostenbeitrag zahlen müssen.

Pensionierte und Kader profitieren vom SEV auch

«Bei der Pensionierung treten manche aus, weil sie glauben, der SEV bringe ihnen nichts mehr, was natürlich falsch ist», berichtete ein PV-Vertreter. Auch bezahlt man im PV ja nur noch den halben Beitrag. Der Bündner Regionalsekretär Peter Peyer erinnerte daran, dass viele Pensionierte Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen nötig und auch zugute hätten, dies aber nicht wissen oder den Papierkrieg scheuen. «Sagt den Kolleg/innen, dass sie in die Regionalsekretariate kommen können, wir helfen gerne!»

«Kader profitieren vom SEV ebenfalls», hielt Peter Käppler fest, «etwa bei Problemen mit der Zeitaufschreibung oder dem OR-Vertrag.» Oder wenn sie «auf die Seite gestellt» werden. Der Druck auf sie habe zugenommen. Giorgio Tuti erinnerte daran, dass viele Kader dem GAV unterstehen, «da können wir anknüpfen!»

«Viele Mitglieder zu haben ist wichtig, doch brauchen wir auch aktive Mitglieder, um etwas zu erreichen», gab ein weiterer Sektionspräsident zu bedenken. «Manche haben gegenüber der Gewerkschaft eine reine Konsumhaltung.»

Als Anregung zum Mitmachen empfiehlt Elena Obreschkow neben solider gewerkschaftlicher Arbeit Aktivitäten wie Unterschriftensammlungen oder die gemeinsame Teilnahme an Kundgebungen wie jener am 7. März oder am 1. Mai, oder auch gesellige Anlässe.

Herausforderung Nachwuchs

Bei der Suche von Nachfolgerinnen und Nachfolgern für Vorstandsämter gilt es geeignete Leute unbedingt anzufragen, «denn sie melden sich kaum von selber. Motivation entsteht durch Begehrtwerden!», so Elena Obreschkow weiter. Vakanzen seien nicht gleich eine Katastrophe. Meist sei eine Stellvertretungslösung möglich, bis eine geeignete und motivierte Nachfolge gefunden ist. Vorübergehend könne vielleicht auch der Unterverband helfen. «Es ist besser, eine Vakanz zuzulassen, als gleich eine Fusion ins Auge zu fassen.» Denn ein grösseres Sektionsgebiet vereinfacht die Gewerkschaftsarbeit nicht. «Und einem Jungen muss man ja nicht gleich ein Vorstandsamt aufdrängen, sondern kann ihn einfach mal fragen, ob er einen Anlass mitorganisiert», empfahl Manuel Avallone.

Markus Fischer