SBB Cargo International erhält eigenes Lokpersonal
SEV erreicht langfristige Garantien
Per 1. April wechseln über 100 Lokführer von SBB Cargo zu SBB Cargo International. Der SEV forderte Garantien zur Rückübernahme der Betroffenen durch SBB Cargo bei allfälligen Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen sowie zum grenzüberschreitenden Einsatz des Lokpersonals.
SBB Cargo International (SCI) ist als gemeinsame Tochter der SBB Cargo AG (75 %) und des Kombiverkehr-Operateurs Hupac (25 %) seit Anfang 2011 operativ. Dennoch verfügte SCI bisher in der Schweiz – anders als ihre ausländischen Töchter SBB Cargo Italia und SBB Cargo Deutschland – nicht über eigene Lokführer, sondern mietete diese beim Mutterhaus an. «Dies hatten wir damals so abgemacht», erklärt Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn, der beim SEV für Cargo zuständig ist. «Dass SCI später eigene Lokführer anstellen würde, haben wir damals im Prinzip schon akzeptiert, unter bestimmten Bedingungen. Dazu gehörte vor allem ein GAV – wie bei jeder Auslagerung. » Nach langen, zähen Verhandlungen kam per 1. Mai 2012 der SCI-GAV zustande, und zwar nicht nur für die bereits vorhandenen Berufe in Verwaltung und Einsatzzentrale, sondern auch für das noch fehlende Lokpersonal.
Die GAV von SBB Cargo und SCI sind insgesamt gleichwertig, doch ist letzterer bei der Arbeitszeit etwas flexibler und sieht bei Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen keinen Zugang zum SBB-Arbeitsmarktcenter mit zeitlich unlimitierter Lohnfortzahlung vor; immerhin garantiert er aber ansehnliche, individuell auszuhandelnde Leistungen.
Rückkehr bei Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen
Im Herbst 2013 legte SBB Cargo den Sozialpartnern ein neues Depotkonzept zur Konsultation vor, das den Übertritt aller knapp 80 Lokführer in Bellinzona und von 30 der rund 100 Lokführer in Basel zu SCI per 1. April 2014 vorsah.
Der SEV stellte zwei Bedingungen. Erstens müsse SBB Cargo die Betroffenen von SCI zurücknehmen, falls diesen aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt würde. Anfang 2014 vereinbarte SBB Cargo mit den Gewerkschaften SEV, VSLF, Transfair und KVöV eine solche Rücknahmegarantie, befristet bis Ende 2018. Die Vereinbarung sieht auch vor, dass die Unterzeichner etwa Mitte 2018 die Auswirkungen des Gotthard- Basistunnels auf das Lokpersonal bei SCI gemeinsam prüfen sollen, um, wenn nötig, Massnahmen zu vereinbaren.
Sicherung der schweizerischen Anstellungsbedingungen
Zweitens verlangte der SEV von der SCI die Zusicherung, dass beim grenzüberschreitenden Einsatz die Lokführer aus italienischen und deutschen Depots insgesamt nicht mehr Zugkilometer auf dem Schweizer Netz fahren dürfen als die Lokführer der Schweizer Depots auf dem deutschen oder italienischen Netz. Dies sicherte SCI den vier Gewerkschaften Ende letzten Jahres in einer zweiten Vereinbarung zu, die frühestens auf Ende 2023 gekündigt werden kann. «Die Langfristigkeit und Rechtsverbindlichkeit dieses Vertrags setzt den Massstab für künftige solche Abmachungen», sagt Philipp Hadorn.
Basis einbezogen
Philipp Hadorn und der Tessiner SEV-Gewerkschaftssekretär Angelo Stroppini betonen, dass die Betroffenen beider Standorte wie auch der Unterverband LPV in die Verhandlungen eng einbezogen wurden. «Wir haben in Bellinzona mehrere Versammlungen organisiert, um mit den Kollegen unsere Forderungen, und nach den Verhandlungen das erreichte Resultat, zu diskutieren. Dieses wurde dann einstimmig genehmigt», berichtet Angelo Stroppini. «Dieses Vorgehen hat unseren Rückhalt bei den Betroffenen gestärkt und mehrere Mitglieder gebracht.»
Der SEV verlangt von der SCIFührung auch, dass sie bei künftigen Streiks der italienischen oder deutschen Lokführer deren Schweizer Kollegen nicht als Streikbrecher einsetzt. Zurzeit laufen noch Verhandlungen über eine entsprechende Vereinbarung.
Dieser Tage wurden/werden an beiden Standorten die SCI-Arbeitsverträge unterzeichnet. In Basel läuft die Rekrutierungsaktion weiter, da sich das Interesse am (freiwilligen) Übertritt in Grenzen hält.
Markus Fischer