Vernehmlassung des SEV zur Bahnfinanzierung (FABI)
Bund und Wirtschaft müssen auch an öV zahlen
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV begrüsst die Stossrichtung des vorgeschlagenen Bahninfrastrukturfonds, der unbefristet und objektmässig unbegrenzt handlungsfähig sein soll. Begrüssenswert ist zudem, dass die Finanzierungsquellen, die bisher für Neat und Bahn 2000 zur Verfügung standen, auch den neuen Fonds speisen sollen. Skeptisch beurteilt der SEV die Idee, den Fonds auch über Trassenpreiserhöhungen und Kantonsbeiträge zu finanzieren. Er fordert stattdessen eine Umverteilung der Mineralölsteuer zugunsten des öV, Beiträge der Wirtschaft und eine Entschuldung des bisherigen FinöV-Fonds.
Die Botschaft FABI sieht der Bundesrat als direkten Gegenvorschlag zur öV-Initiative, an der der SEV wesentlich beteiligt ist. Der Bundesrat geht mit den Initianten einig, dass der öV in den nächsten Jahren dringend ausgebaut werden muss und dass dafür die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden müssen. FABI sieht im Gegensatz zur öV-Initiative jedoch keine Umverteilung der Mineralölsteuer zugunsten des öV vor. «Darum halten wir an der öV-Initiative fest», erklärt Daniela Lehmann, Koordinatorin Verkehrspolitik des SEV. Die heutige einseitige Zweckbindung der Mineralölsteuer für den Strassenbau verhindere eine umwelt- und klimafreundliche Verkehrspolitik.
Von den neuen Finanzierungsquellen, die der Bundesrat vorschlägt, lehnt der SEV den Beitrag der Kantone ab, da zu befürchten ist, dass dieses Geld lediglich umgelagert und damit dem kantonal finanzierten Regionalverkehr entzogen würde. Ebenso erachtet der SEV die geplante Erhöhung der Trassenpreise als kontraproduktiv, da damit eine Verkehrsverlagerung auf die Strasse bewirkt würde. Für den SEV käme eine Trassenpreiserhöhung dann in Frage, wenn die Benutzung der Strassen im gleichen Ausmass verteuert würde.
Der SEV begrüsst hingegen grundsätzlich die Reduktion des Pendlerabzugs bei den Bundessteuern. Er schlägt jedoch vor, diesen auf die Höhe eines Generalabonnements 2. Klasse anzusetzen, zudem sollen für Leute, die aufgrund von Schichtarbeit auf die Benutzung des Autos für den Arbeitsweg angewiesen sind, der doppelte Abzug zulässig sein.
Als zusätzliche Finanzierungsquellen empfiehlt der SEV eine Beteiligung der Wirtschaft, sei es in einer Form des «Versement transport» oder durch eine Erhöhung der
Gewinnsteuer. Die Wirtschaft profitiert in hohem Mass vom ausgezeichneten Schweizer öV-Netz; ein Beitrag an dessen Unterhalt und Ausbau ist deshalb mehr als gerechtfertigt.
Weiter erwartet der SEV, dass sich der Bund selbst an der Finanzierung beteiligt, idealerweise dadurch, dass er den FinöV-Fonds entschuldet, statt den neuen Fonds mit einer Altlast starten zu lassen.
Der SEV vertritt die Meinung, dass der vorgesehene Betrag von 3,5 Milliarden Franken für eine erste Tranche nicht ausreichen wird. «Wir erwarten, dass der Bund die wichtigen, dringenden Projekte festlegt und entsprechend finanziert und nicht, dass eine finanzielle Limite dringende Ausbauschritte verhindert», erläutert SEV-Präsident Giorgio Tuti.
In seiner Vernehmlassungsantwort betont der SEV schliesslich, dass weitere Effizienzsteigerungen beim Personal nicht realistisch sind, haben doch die Bahnen die gefahrenen Personenkilometer zwischen 2004 und 2009 um über 30% gesteigert, während der Personalbestand in der gleichen Zeit um rund 1,5% reduziert wurde. Der SEV weist weiter daraufhin, dass die Bahnen Gefahr laufen, durch weiteren Personalabbau Fachwissen zu verlieren, das unersetzlich ist. Auch diesen Aspekten ist bei der Planung und Finanzierung Rechnung zu tragen.