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Interne Untersuchung: Was sind meine Rechte?

Es herrscht Aufregung: Etwa zehn Mitarbeitende sind vorgeladen worden. Zwei Teammitglieder haben die Personalabteilung alarmiert, weil sie der Meinung sind, dass ihr Vorgesetzter aufgrund ihrer Herkunft diskriminierende Äusserungen gemacht hat. Der Arbeitgeber hat daher beschlossen, eine Untersuchung durchzuführen, um festzustellen, ob Sanktionen verhängt werden müssen. Welche Grundsätze gelten dabei?

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Arbeitnehmende gegenüber ihrem Arbeitgeber eine Treuepflicht haben, die sie verpflichtet, wahrheitsgemässe und vollständige Angaben zu allen wesentlichen Aspekten ihrer beruflichen Tätigkeit zu machen. So sind Arbeitnehmende, die durch einen Arbeitsvertrag an ihre Arbeitgeber gebunden sind, verpflichtet, sich einer internen Untersuchung zu unterziehen und insbesondere einer Befragung zuzustimmen.

Eine solche Befragung kann durch ein betriebsinternes Team durchgeführt werden (allerdings nur, wenn die Unabhängigkeit gegenüber den betroffenen Personen gewährleistet ist) oder durch beigezogene externe Personen. In jedem Fall zeigt Art. 328 des Obligationenrechts, das den Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer:innen regelt, die Richtung an, wie im spezifischen Fall vorzugehen ist.

Das gesamte Personal wird von Art. 328 geschützt, was den Arbeitgeber verpflichtet, sowohl die betroffenen Personen als auch die anderen Angestellten gleichermassen zu berücksichtigen. Seien dies angeschuldigte Personen oder Zeug:innen, deren Identität prinzipiell vertraulich bleiben muss.

Wird nun ein Protokoll oder eine Tonaufnahme der Diskussion angefertigt, muss die angehörte Person darüber vorgängig informiert werden. Sie hat das Recht, davon eine Kopie zu erhalten. Weitere Dokumentationen der Untersuchung muss sie nicht zwingend erhalten, da die Artikel 20 und 26 des Bundesgesetzes über den Datenschutz es erlauben, das Recht des oder der Betroffenen auf Auskunft bzw. sein/ihr Recht auf Zugang zu den ihn/sie betreffenden Daten bei Bedarf einzuschränken, aber nicht aufzuheben.

Es ist zwar allgemein anerkannt, dass die Vorladung dem oder der betroffenen Arbeitnehmer:in genügend Zeit zur Vorbereitung lassen muss, doch wurde die analoge Anwendung der strafrechtlichen Verfahrensgarantien auf Untersuchungen privatrechtlicher Arbeitgeber vom Bundesgericht ausdrücklich abgelehnt (Urteil 4A_368/2023 vom 19. Januar 2024). Allerdings können Gesamtarbeitsverträge den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Verfahrensrechte einräumen, wie beispielsweise das Recht auf Begleitung, das in Artikel 41 Absatz 5 des Rahmen-Gesamtarbeitsvertrags für die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs des Kantons Waadt festgehalten ist.

Öffentlichrechtliche Arbeitgeber wie die SBB müssen sich an die Regeln des Verwaltungsverfahrens halten, was unter anderem der angeschuldigten Person das rechtliche Gehör gewährleistet und das Recht auf Verbeiständigung durch eine Vertrauensperson beinhaltet.

Wirst du aufgefordert, an einer internen Untersuchung mitzuwirken, und hast Zweifel über die Art und Weise, wie diese durch deinen Arbeitgeber vorgesehen ist, oder möchtest begleitet werden, zögere nicht, den SEV einzuschalten.

Rechtsschutzteam SEV